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Der rote Planet

Titel: Der rote Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander A. Bogdanow
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elektrischen
Lampen empfand ich das Sonnenlicht als sehr angenehm. An Bord waren
zwanzig Marsmenschen, und alle hatten das gleiche Gesicht, wie mir
damals schien. Der fehlende Bartwuchs und die faltenlose Haut
ließen
beinahe keinen Altersunterschied erkennen. Unwillkürlich
verfolgte ich
Menni, um ihn inmitten dieser fremdartigen Wesen nicht aus den Augen zu
verlieren. Bald konnte ich jedoch meinen nächtlichen Besucher
Netti
entdecken, der durch seine Jugend und Lebhaftigkeit auffiel, und von
den anderen unterschied sich der breitschultrige Sterni, der mich durch
seinen seltsam kalten, fast bösartigen Gesichtsausdruck
befremdete.
Außer Menni unterhielt sich nur Netti russisch mit mir,
weitere vier
Männer sprachen französisch, die anderen englisch und
deutsch,
untereinander redeten sie in ihrer Muttersprache. Diese Sprache war
klangvoll und schön, und die Aussprache bereitete keine
Schwierigkeiten, wie ich mit Befriedigung feststellte.

5. Der Abflug
    Wie interessant die Wundertiere auch waren, ich fieberte dem
feierlichen Moment des Abflugs entgegen. Vor uns lag die verschneite
Ebene, aus der in einiger Entfernung eine Granitwand emporragte. Ich
erwartete einen scharfen Ruck, und all das würde schnell den
Blicken
entgleiten. Es war jedoch ganz anders.
    Lautlos und ganz allmählich erhoben wir uns
über den verschneiten See. Anfangs war der Aufstieg kaum
merklich.
    »Beschleunigung zwei Zentimeter«, sagte
Menni.
    Ich verstand, was das bedeutete. In der ersten Sekunde stiegen
wir
einen Zentimeter, in der zweiten drei, der dritten fünf, der
vierten
sieben Zentimeter, die Geschwindigkeit würde ständig
nach dem Gesetz
der arithmetischen Progression wachsen. In einer Minute würden
wir das
Tempo eines Fußgängers erreichen, nach einer
Viertelstunde die
Schnelligkeit eines D-Zugs usw.
    Wir bewegten uns nach dem Fallgesetz, aber von unten nach oben
und
fünfhundertmal langsamer als ein gewöhnlicher
schwerer Körper, der auf
die Erdoberfläche fällt.
    Das gläserne Fenster begann am Fußboden und
bildete mit ihm einen
stumpfen Winkel, es war ein Teil der kugelförmigen
Außenfläche. Wenn
wir uns vorbeugten, konnten wir daher auch sehen, was unter uns geschah.
    Wir stiegen immer schneller, der Horizont erweiterte sich. Die
dunklen Flecken der Felsen und Dörfer wurden kleiner, die
Umrisse der
Seen zeichneten sich wie auf einer Landkarte ab. Und der Himmel wurde
immer dunkler; zur gleichen Zeit, als der blaue Streifen eisfreien
Meeres den gesamten westlichen Gesichtskreis umfasste, konnten meine
Augen bei mittäglichem Sonnenlicht schon die hellsten Sterne
erkennen.
    Die langsame Achsenumdrehung des Sternschiffs erlaubte uns,
den gesamten Raum ringsumher zu überblicken.
    Der Horizont schien sich mit uns zu erheben, und die
Erdoberfläche
sah aus wie eine gewölbte Untertasse mit reliefartigen
Verzierungen.
Die Konturen wurden feiner, das Relief flacher, die ganze Landschaft
wirkte immer mehr wie eine Landkarte, deren Zeichnung in der Mitte
deutlich zu sehen war und an den Rändern verschwamm. Dort war
alles in
bläulichen Nebel gehüllt. Der Himmel wurde
völlig schwarz, und die
zahllosen Sterne, bis zu den kleinsten, glänzten mit ruhigem,
flimmerfreiem Licht, ohne die helle Sonne zu fürchten, deren
Strahlen
schmerzhaft blendeten.
    »Sagen Sie, Menni, wird diese Beschleunigung von zwei
Zentimetern,
mit der wir uns jetzt bewegen, während der ganze Reise
beibehalten?«
    »Ja«, antwortete er, »nur die
Richtung wird in der Mitte unseres
Weges verändert, die Geschwindigkeit wird dann nicht
größer, sondern
jede Sekunde um dieselbe Größe geringer. Obwohl die
höchste
Geschwindigkeit ungefähr fünfzig Kilometer in der
Sekunde beträgt und
die mittlere ungefähr fünfundzwanzig Kilometer, wird
sie bei der
Ankunft ebenso gering sein wie zu Beginn unserer Reise, und wir werden
sanft auf dem Mars aufsetzen. Ohne diese riesigen
veränderlichen
Geschwindigkeiten hätten wir weder die Erde noch die Venus
erreichen
können, weil selbst deren nächste Entfernung zum Mars
— sechzig und
hundert Millionen Kilometer — beispielsweise mit einem
Schnellzug nur
im Verlaufe von Jahrhunderten bewältigt werden
könnten und nicht
innerhalb von Monaten wie mit unserem Sternschiff. Und was den
›Kanonenschuss‹ betrifft, von dem ich in Ihren
utopischen Romanen
gelesen habe, so ist das einfach ein Scherz, weil es nach den Gesetzen

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