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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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gab er Alvin die Frage zurück. »Du sagst, es sei wie Träumen. Was hast du letzte Nacht geträumt?«
    »Ich habe wieder viel von den Visionen geträumt, die ich hatte, als ich im Kristallturm war mit dem leuchtenden – mit dem Propheten.«
    »Mit dem leuchtenden Mann. Ich weiß, daß du ihn so nennst – er hat mir auch gesagt, warum.«
    »Diese Dinge habe ich wieder geträumt. Nur daß es anders war. Diesmal konnte ich einige Dinge klarer erkennen, während ich andere vergessen habe.«
    »Hast du irgend etwas geträumt, was du vorher nicht geschaut hast?«
    »Ja, von diesem Ort hier. Von den Statuen in der Kathedrale. Und von dem General, den wir aufgesucht haben. Und etwas noch viel Seltsameres. Ein großer Berg, fast rund – nein, mit acht Seiten. Daran erinnere ich mich noch. Ein Hügel mit acht glatten Hängen, und darin war eine ganze Stadt, voller kleiner Zimmer, wie in einem Ameisenhügel, aber groß genug für Menschen. Oder jedenfalls für Wesen, die größer waren als Ameisen. Und ich stand ganz oben, ging zwischen all diesen seltsamen Bäumen umher – sie hatten silberne Blätter, keine grünen –, und ich suchte nach meinem Bruder. Nach Measure.«
    Lange Zeit sagte Ta-Kumsaw nichts. Doch er dachte über vieles nach. Kein weißer Mann hatte diesen Ort jemals gesehen – das Land war noch immer stark genug, um die Weißen daran zu hindern. Und doch hatte dieser Junge davon geträumt. Und ein Traum vom Achtgesichtigen Hügel kam nie zufällig. Immer bedeutete er etwas, und immer dasselbe.
    »Wir müssen dorthin«, entschied Ta-Kumsaw.
    »Wohin?«
    »Zu dem Hügel, von dem du geträumt hast«, sagte Ta-Kumsaw.
    »Es gibt tatsächlich so einen Ort?«
    »Kein weißer Mann hat ihn jemals zu sehen bekommen. Wenn ein Weißer dort stünde, dann wäre das ... schmutzig.«
    Alvin antwortete nichts. Was hätte er auch sagen sollen? Ta-Kumsaw schluckte schwer. »Aber wenn du davon geträumt hast, mußt du auch dorthin gehen.«
    »Was ist das?«
    Ta-Kumsaw schüttelte den Kopf. »Der Ort, von dem du geträumt hast, das ist alles. Wenn du mehr darüber wissen willst, mußt du wieder davon träumen.«
    Es war fast Nacht, als sie das Lager erreichten; inzwischen hatte man Wigwams aufgebaut, weil es so aussah, als würde es heute nacht noch mehr regnen. Die anderen bestanden darauf, daß Ta-Kumsaw sich mit Alvin eine Behausung teilte, damit er in Sicherheit war. Ta-Kumsaw aber wollte das nicht. Der Junge machte ihm angst. Das Land tat Dinge mit diesem Jungen, ohne Ta-Kumsaw zu zeigen, was dabei geschah.
    Doch wenn man im Traum den Achtgesichtigen Hügel schaute, blieb einem keine andere Wahl, als ihn aufzusuchen. Und da Alvin den Ort allein niemals würde finden können, mußte Ta-Kumsaw ihn hinbringen.
    Er würde es den anderen niemals erklären können, und selbst wenn er es könnte, würde er es nicht tun. Wenn sich herumsprechen sollte, daß Ta-Kumsaw einen Weißen an diesen uralten heiligen Ort gebracht hatte, würden viele Rote sich weigern, noch länger auf Ta-Kumsaw zu hören.
    Also teilte er den anderen am nächsten Morgen mit, daß er den Jungen mitnehmen würde, um ihn zu unterrichten, wie er es den Anweisungen dem Propheten zufolge tun mußte. »Trefft mich in fünf Tagen an der Stelle, wo der Pickawee in den Hio strömt«, trug er ihnen auf. »Von dort aus werden wir nach Süden gehen, um mit den Chok-Taw und den Chicky-Saw zu verhandeln.«
    Sie wollten mitkommen, doch er duldete es nicht. Er setzte sich in Bewegung, und wieder hielt Alvin mit ihm Schritt. Die Reise war fast so lang wie von Mizogan nach Detroit. Bei Nachteinbruch würden sie am Rande des Feuersteinlandes eintreffen. Ta-Kumsaw hatte vor, dort zu schlafen und nach eigenen Träumen zu suchen, bevor er es wagte, einen weißen Jungen zum Achtgesichtigen Hügel zu führen.

12. Kanonen
    Measure hörte sie erst wenige Sekunden vorher kommen, kurz bevor die Tür aufschwang und Licht den Keller durchflutete. Zeit genug, um den letzten Rest Erde beiseite zu werfen, den Lendenschurz in den Hirschledergürtel zu schieben und auf die Kartoffeln zu kriechen.
    Sie vergeudeten keine Zeit auf eine Inspektion des Gefängnisses, erspähten folglich auch nicht das Loch, das inzwischen gute zwei Fuß unter der Hinterwand hindurchführte. Statt dessen zerrten sie ihn hinaus und schlugen hinter ihm die Kellertür zu.
    »Wie ein Schwein«, meinte Harrison. »Widerlich. Ihr seht aus wie ein Roter.«
    »Ihr habt mich doch in dieses Erdloch werfen lassen«,

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