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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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»Hickory!« rief der einäugige Rote.
    »Ihr seid mein Feind«, sagte Ta-Kumsaw, ohne seinen Bruder zu beachten.
    »Da irrt Ihr Euch«, antwortete Harrison. »Ich bin Euer Freund. Euer Feind befindet sich nördlich von hier, in der Stadt Vigor Church. Euer Feind ist dieser Renegat Brustwehr-Gottes Weaver.«
    »Brustwehr Weaver verkauft keinen Whisky an Rote.«
    »Ich auch nicht«, konterte Harrison. »Aber er ist es, der Landkarten des ganzen Gebiets westlich des Wobbish anlegt. Damit er alles parzellieren und verkaufen kann, nachdem er die Roten getötet hat.«
    Ta-Kumsaw ging auf Harrisons Versuch, ihn gegen seinen Rivalen im Norden aufzuwiegeln, nicht weiter ein. »Ich bin gekommen, um Euch zu warnen«, sagte Ta-Kumsaw.
    »Um mich zu warnen?« fragte Harrison. »Ihr, ein Shaw-Nee, der in niemandes Namen spricht, Ihr wollt mich warnen, hier in meinen eigenen Fort, wo hundert Soldaten bereitstehen, Euch niederzuschießen, sobald ich auch nur ein Wort sage?«
    »Haltet den Vertrag ein«, sagte Ta-Kumsaw.
    »Wir halten doch den Vertrag ein! Ihr seid es, die ständig die Verträge brecht!«
    »Haltet den Vertrag ein«, wiederholte Ta-Kumsaw.
    »Oder was?« fragte Jackson.
    »Oder jeder Rote westlich der Berge wird sich mit den anderen zusammentun und Euch in Stücke schneiden.«
    Harrison legte den Kopf zurück und lachte. Ta-Kumsaws Miene blieb ausdruckslos.
    »Jeder Rote, Ta-Kumsaw?« fragte Harrison. »Ich meine, sogar Lolly hier? Sogar mein Haus-Shaw-Nee, mein zahmer Roter, selbst der?«
    Zum ersten Mal blickte Ta-Kumsaw auf seinen Bruder, der schnarchend auf dem Boden lag. »Weißer Mann, die Sonne geht jeden Tag wieder auf. Aber ist sie gezähmt? Regen fällt jedesmal wieder auf die Erde. Aber ist er gezähmt?«
    »Entschuldigt mich, Ta-Kumsaw, aber dieser einäugige Trunkenbold ist so zahm wie mein Pferd.«
    »O ja«, meinte Ta-Kumsaw. »Legt den Sattel auf. Legt Geschirr an. Sitzt auf und reitet. Seht, wohin dieser zahme Rote dann geht. Nicht dorthin, wohin Ihr wollt.«
    »Aber doch! Ganz genau dorthin, wo ich hinwill«, widersprach Harrison. »Vergeßt das nicht. Euer Bruder ist immer in meiner Reichweite. Und wenn Ihr jemals aus der Reihe scheren solltet, Junge, dann werde ich ihn als Euren Mitverschwörer verhaften und aufknüpfen lassen.«
    Ta-Kumsaw lächelte dünn. »Das meint Ihr. Und Lolla-Wossiky meint es. Aber er wird lernen, mit seinem anderen Auge zu sehen, bevor Ihr jemals Hand an ihn gelegt habt.«
    Dann machte Ta-Kumsaw kehrt und verließ den Raum. Ruhig, geschmeidig, ohne zu zögern, ohne wütend zu sein; nicht einmal die Tür schloß er hinter sich. Er bewegte sich mit der Anmut eines gefährlichen Tieres. Hooch hatte einmal vor Jahren einen Cougar gesehen, als er allein in den Bergen gewesen war. Genau das war Ta-Kumsaw: eine Raubkatze.
    Harrisons Adjutant schloß die Tür.
    Harrison wandte sich an Jackson und lächelte. »Seht Ihr?« fragte er.
    »Was soll ich sehen, Mr. Harrison?«
    »Muß ich Ihnen die Sache erst buchstabieren, Mr. Jackson?«
    »Ich bin Rechtsanwalt. Ich mag es, wenn die Dinge buchstabiert werden. Sofern man überhaupt buchstabieren kann.«
    »Ich kann nicht einmal lesen«, meinte Hooch fröhlich.
    »Den Mund könnt Ihr auch nicht halten«, warf Harrison ein. »Ich werde es Euch buchstabieren, Jackson. Ihr und Eure Jungs am Tennizy, ihr sprecht davon, die Roten westlich des Mizzipy zu verfrachten. Angenommen, wir tun das. Was wollt Ihr danach tun? Etwa den ganzen Fluß entlang Soldaten aufbauen, die Tag und Nacht Wache schieben? Die kommen doch wieder über diesen Fluß zurück, wann immer sie wollen, und plündern, foltern, töten.«
    »Ich bin kein Narr«, erwiderte Jackson. »Wir werden einen großen, blutigen Krieg brauchen, aber wenn wir sie erst einmal über den Fluß getrieben haben, wird ihr Widerstand gebrochen sein. Und Männer wie dieser Ta-Kumsaw – die sind dann entweder tot oder entehrt.«
    »Meint Ihr? Nun, während dieses großen, blutigen Kriegs, von dem Ihr sprecht, werden sehr viele Weiße sterben, auch weiße Frauen und Kinder. Aber ich habe eine bessere Idee. Diese Roten schlürfen den Branntwein wie ein Kalb die Milch aus der Zitze seiner Mutter. Vor zwei Jahren lebten östlich des My-Ammy River eintausend Pee-Ankashaw. Dann gerieten sie an den Branntwein. Sie hörten auf zu arbeiten, sie wurden so schwach, daß schon die erste kleine Seuche sie ausradierte. Wenn hier noch ein einziger Pee-Ankashaw am Leben sein sollte, so habe ich jedenfalls noch

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