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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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seine Lederkleidung konnte solchen dolchspitzen Dornen und peitschenden Zweigen längere Zeit trotzen. Er spürte, wie ihm das Blut die Arme, den Rücken und die Beine hinunterströmte. »Ich kann nicht mehr weitergehen, Alvin«, sagte Geschichtentauscher.
    »Ich sehe ihn«, erwiderte Alvin.
    »Wen?«
    »Ta-Kumsaw. Wartet hier.«
    Er ließ Geschichtentauschers Hand los. Einen kurzen Augenblick verschwand er, dann war er auch schon wieder zurück. »Folgt ganz dicht hinter mir. Es ist nur noch ein Schritt.«
    Geschichtentauscher nahm seinen ganzen Mut zusammen und machte einen Schritt.
    Dann führte Alvin seine Hand ein Stück nach vorn, bis sie eine andere Hand berührte, und plötzlich teilten sich die Dornensträucher ein wenig, und Geschichtentauscher konnte Ta-Kumsaw erblicken, der dort auf dem Boden lag, während ihm das Blut aus hundert Wunden seines fast nackten Körpers strömte. »Er ist allein bis hierher gekommen«, bemerkte Alvin.
    Ta-Kumsaw öffnete die Augen, sie flackerten vor Zorn. »Laßt mich hier liegen«, flüsterte er.
    Zur Antwort legte Geschichtentauscher Ta-Kumsaws Kopf in die Beuge seines freien Arms. Je mehr ihre Körper sich berührten, um so mehr schienen die Dornensträucher zurückzuweichen; nun konnte Geschichtentauscher eine Art Pfad ausmachen, wo zuvor keiner zu sehen gewesen war.
    »Nein«, erwiderte Ta-Kumsaw.
    »Wir kommen nur von hier runter, wenn wir einander helfen«, erläuterte Geschichtentauscher. »Ob es Euch gefällt oder nicht, wenn Ihr am weißen Mann Rache üben wollt, so braucht Ihr dazu anscheinend die Hilfe eines Weißen.«
    »Dann laßt mich hier«, flüsterte Ta-Kumsaw. »Rettet Euer Volk, indem Ihr mich sterben laßt.«
    »Ohne Euch komme ich auch nicht hinunter«, antwortete Geschichtentauscher.
    »Um so besser«, antwortete Ta-Kumsaw.
    Geschichtentauscher bemerkte, daß Ta-Kumsaws Wunden mittlerweile weniger geworden zu sein schienen. Und jene, die übriggeblieben waren, waren bereits verkrustet und fast geheilt. Dann fiel ihm auf, daß seine eigenen Wunden ebenfalls nicht mehr weh taten. Er blickte sich um. Alvin saß in der Nähe, an einen Baumstamm gelehnt, er hatte die Augen geschlossen und sah aus, als hätte ihn jemand gerade durchgeprügelt, so matt und erschöpft wirkte er.
    »Schaut Euch an, was es ihn kostet, uns zu heilen«, sagte Geschichtentauscher.
    Zur Abwechslung verriet Ta-Kumsaws Miene einmal richtige Überraschung; und dann wallte Zorn in ihm auf. »Ich habe dich nicht gebeten, mich zu heilen!« schrie er. Er riß sich aus Geschichtentauschers Umarmung und versuchte Alvin zu erreichen. Doch plötzlich schlang sich Dornengestrüpp um seinen Arm, und er schrie auf, doch nicht im Schmerz, sondern vor Wut. »Ich lasse mich nicht zwingen!« rief er.
    »Warum solltet Ihr der einzige Mensch sein, der nicht gezwungen wird?« versetzte Geschichtentauscher.
    »Ich werde tun, was ich mir vorgenommen habe, und nichts anderes, was immer das Land auch sagen mag!«
    »Das sind die Worte des Schmieds in seiner Esse«, meinte Geschichtentauscher. »So etwas sagt der Farmer, wenn er die Bäume fällt.«
    »Wagt es nicht, mich mit einem weißen Mann zu vergleichen!«
    Doch das Gestrüpp hielt ihn fest, bis Geschichtentauscher sich seinen schmerzhaften Weg zu Ta-Kumsaw gebahnt und ihn wieder umarmt hatte. Wieder spürte Geschichtentauscher seine eigenen Wunden heilen, sah er, wie Ta-Kumsaws Verletzungen ebenso schnell verschwanden, wie die Schlingpflanzen von beiden abließen und abfielen. Alvin sah sie mit flehender Miene an, als wollte er sagen: Wieviel wollt ihr mir noch von meiner Kraft rauben, bevor ihr endlich tut, was ihr tun müßt?
    Mit einem letzten, gequälten Schrei drehte sich Ta-Kumsaw um und umarmte Geschichtentauscher so kräftig wie zuvor. Gemeinsam folgten sie einem breiten Pfad hinunter zum Fuß des Hügels. Alvin stolperte ihnen nach.
    Die Nacht verbrachten sie an derselben Stelle wie zuvor, doch es war ein unruhiger Schlaf. Am Morgen sammelte Geschichtentauscher seine wenigen Habseligkeiten ein, einschließlich des Buchs, dessen Buchstaben an diesem Ort keinen Sinn ergaben. Dann küßte er Alvin auf die Stirn und ging davon. Zu Ta-Kumsaw sagte er nichts, und auch Ta-Kumsaw sprach kein Wort mit ihm. Beide wußten, was das Land gesagt hatte, und beide wußten auch, daß Ta-Kumsaw zum ersten Mal in seinem Leben gegen das handelte, was gut für das Land war, um ein anderes Bedürfnis zu befriedigen. Geschichtentauscher versuchte nicht einmal mehr,

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