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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Flußrattentypen zu sehen, die noch häßlicher aussahen als Mike Fink, unrasiert und mit Whiskyfahnen, die noch schlimmer waren, als die eines betrunkenen Roten. Außerdem hatte man vier alte Gebäude in Saloons verwandelt, die mitten am Nachmittag schon gute Geschäfte zu machen schienen.
    Deshalb also, dachte Hooch. Das ist das Problem. Carthage City ist zu einer Flußstadt geworden, zu einer Saloonstadt. Niemand will hier wohnen, bei diesen ganzen Flußratten. Es ist eine Whiskystadt.
    Aber wenn es eine Whiskystadt ist, müßte Gouverneur Bill eigentlich Whisky von mir kaufen, anstatt nur diese vier Fässer zu ordern.
    »Ihr könnt gerne warten, wenn Ihr wollt, Mr. Palmer, aber der Gouverneur wird Euch heute nicht empfangen.«
    Hooch setzte sich draußen vor Harrisons Büro auf die Bank. Ihm war aufgefallen, daß Harrison das Büro mit seinem Adjutanten getauscht hatte. Weshalb? Jetzt hatte er weniger Raum, aber – ausschließlich Innenwände. Das hatte nun gewiß etwas zu bedeuten. Es bedeutete, daß Harrison nicht wollte, daß die Leute zu ihm hereinsahen. Vielleicht fürchtete er sich sogar davor, umgebracht zu werden.
    Zwei Stunden saß Hooch da und sah zu, wie Soldaten eintraten und wieder herauskamen. Er versuchte, nicht wütend zu werden. Harrison tat so etwas öfter, er ließ die Leute herumsitzen und warten, damit sie bis zum Eintreten so wütend geworden waren, daß sie nicht mehr klar denken konnten. Und manchmal tat er es auch, damit man sich aufregte und wieder verschwand. Oder damit man sich klein und unwichtig vorkam, damit Harrison einen herumschubsen konnte. Hooch wußte das alles, deshalb versuchte er auch, ruhig zu bleiben. Als aber der Abend einbrach und die Soldaten abgelöst wurden, ertrug er es nicht mehr.
    »Was tut Ihr da?« fragte er den Korporal, der am Empfang saß.
    »Der Dienst ist zu Ende«, erwiderte der Korporal.
    »Aber ich bin immer noch hier«, wandte Hooch ein.
    »Ihr könnt Euren Dienst auch beenden, wenn Ihr wollt«, antwortete der Korporal.
    Diese Worten waren wie ein Schlag ins Gesicht. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hatten diese Jungen alle vor Hooch Palmer gekatzbuckelt. Die Zeiten änderten sich viel zu schnell. Das gefiel Hooch überhaupt nicht.
    Der Korporal stand auf und sagte: »Mr. Palmer, Ihr könnt von mir aus die ganze Nacht hier warten und morgen noch mal den ganzen Tag lang, trotzdem werdet Ihr nicht mit Seiner Exzellenz dem Gouverneur sprechen. Und daß Ihr hier den ganzen Tag gewartet habt, ist ein Beweis dafür, daß Ihr anscheinend zu dumm seid, um zu begreifen, wie die Dinge jetzt stehen.«
    Daraufhin verlor Hooch die Beherrschung und schlug zu. Eigentlich war es mehr ein Tritt, denn Hooch hatte nie gelernt, als Gentleman zu kämpfen. Der Korporal schrie wie am Spieß, was ja auch sein gutes Recht war, denn nach einem solchen Tritt würde sein Bein nie wieder heil werden. Hooch wußte, daß er ihn wohl besser nicht ausgerechnet hier an diesem Ort getreten hätte, aber der Junge war ihm einfach zu rotzig gekommen.
    Das Problem war nur, daß der Korporal nicht ganz allein war. Kaum hatte er aufgeschrien, als plötzlich ein Sergeant und vier Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten aus dem Büro des Gouverneurs hervorstürzten. Sie sahen gereizt aus wie Hornissen. Der Sergeant befahl zweien seiner Leute, den Korporal zum Sanitäter zu tragen. Die anderen nahmen Hooch unter Arrest. Doch diesmal geschah es nicht auf jene Gentlemanart wie vor vier Jahren. Statt dessen stießen die Kolben ihrer Musketen an einigen Stellen in Hoochs Leib, beinahe zufällig, und plötzlich hatte Hooch an verschiedenen Stellen seiner Kleidung Stiefelabdrücke, ohne genau sagen zu können, wie die dort hingekommen waren. Er endete in einer Gefängniszelle – diesmal war es kein Lagerraum.
    Gar kein Zweifel. Die Dinge hier hatten sich gründlich geändert.
    In dieser Nacht wurden noch sechs weitere Männer in die Zelle gesperrt, drei davon wegen Trunkenheit, drei wegen Störung der öffentlichen Ordnung. Kein einziger Roter war darunter. Aus ihren Gesprächen entnahm Hooch, daß es wohl tatsächlich so gut wie keine Roten mehr hier gab. Doch weshalb gedieh Carthage City dann nicht, warum zogen die weißen Siedler nicht hierher?
    Am nächsten Morgen holten die Soldaten ihn ab. Andere Kerle, die auch nicht ganz so achtlos mit Füßen und Gewehrkolben umgingen. Sie führten Hooch einfach aus dem Gefängnis, und nun bekam er endlich Bill Harrison zu sehen.
    Doch nicht in seinem

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