Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
aufstampfen oder altes Laubwerk beiseite fegen. Dann und wann war ein Vogel oder eine summende Fliege zu hören. Nichts Bemerkenswertes, nur daß Al sich genau daran erinnerte, daß er nun, seitdem er Measures Körper geheilt hatte, etwas anderes nicht mehr hören konnte, was vorher dagewesen war, eine Art Musik, eine Art ... grüner Musik. Ach, das war doch Unsinn! Musik konnte doch keine Farbe haben. Al schob den Gedanken beiseite, dachte einfach nicht mehr daran. Dennoch sehnte er sich danach, die Musik wieder zu vernehmen. Er wollte sie hören oder sehen oder riechen. Wie immer sie auch zu ihm kommen mochte, er wollte sie wiederhaben.
    Und da war noch etwas. Bis er aus sich selbst herausgetreten war, um Measure zu helfen, war es seinem eigenen Körper auch nicht besonders gut gegangen; tatsächlich war er fast völlig erschöpft gewesen. Jetzt aber war alles in Ordnung, seinem Körper ging es gut, er atmete tief, Beine und Arme fühlten sich an, als könnte er in alle Ewigkeit so weitergehen, sie waren in ihrer Bewegung so beharrlich wie Bäume in ihrer Reglosigkeit. Vielleicht lag es daran, daß er zusammen mit Measure auch sich selbst irgendwie geheilt hatte. Doch das glaubte er nicht so recht, denn er wußte immer, was er tat und was nicht. Nein, Al Junior glaubte, daß es seinem Körper aus einem anderen Grund besser ging. Und dieser andere Grund gehörte entweder zur grünen Musik oder verursachte sie. Genauer bekam Al es nicht heraus.
    Wie sie so weiterliefen, hatten Al und Measure keine Gelegenheit, sich miteinander zu unterhalten, bis die Nacht einbrach und sie ein Dorf der Roten an einer Biegung eines dunklen, tiefen Flusses erreichten. Ta-Kumsaw führte sie mitten ins Dorf, dann ging er davon und ließ sie stehen. Der Fluß war vielleicht hundert Ellen von ihnen entfernt, zwischen ihnen und dem Wasser lag der grasbewachsene Abhang.
    »Meinst du, wir schaffen es bis zum Fluß, ohne daß sie uns erwischen?« flüsterte Measure.
    »Nein«, erwiderte Al. »Und außerdem kann ich nicht schwimmen. Pa hat mich ja nie ans Wasser gelassen.«
    Dann kamen all die Roten Frauen und Kinder aus ihren Lehmhütten und zeigten mit den Fingern auf die beiden nackten Weißen, auf den Mann und den Jungen, und lachten und bewarfen sie mit Grasbüscheln. Zuerst versuchten Al und Measure dem auszuweichen, doch da lachten die Roten um so mehr und rannten immer und immer wieder um sie herum, bewarfen sie aus verschiedenen Winkeln mit Schlamm, versuchten, sie im Gesicht zu treffen. Schließlich setzte Measure sich einfach aufs Gras, legte das Gesicht auf die Knie und ließ sie werfen, soviel sie wollten. Al tat es ihm gleich. Plötzlich brüllte jemand einige wenige Worte, und die Roten hörten auf zu werfen. Als er den Blick hob, sah Al, wie Ta-Kumsaw davonging, während zwei seiner Krieger dablieben und dafür sorgten, daß nichts geschah.
    »Soweit bin ich in meinem ganzen Leben noch nicht gelaufen«, sagte Measure.
    »Ich auch nicht«, erwiderte Al.
    »Am Anfang glaubte ich, ich würde sterben, so müde war ich«, fuhr Measure fort. »Und dann war ich über den toten Punkt hinweg. Ich hätte nicht gedacht, daß ich das schaffen würde.«
    Al sagte nichts.
    »Oder hast du etwas damit zu tun gehabt?«
    »Etwas vielleicht«, meinte Al.
    »Ich weiß nie, was du eigentlich kannst, Alvin.«
    »Ich auch nicht«, entgegnete Al, was auch der Wahrheit entsprach.
    »Als dieses Beil auf meine Finger herabsauste, da glaubte ich, ich würde nie wieder arbeiten können.«
    »Sei bloß froh, daß sie nicht versucht haben, uns zu ertränken.«
    »Du und das Wasser schon wieder«, versetzte Measure. »Nun, ich bin jedenfalls froh, daß du es getan hast, Al. Obwohl die Dinge vielleicht ein wenig besser stehen würden, wenn du den Häuptling beim Ringen nicht hättest ausgleiten lassen.«
    »Warum nicht?« fragte Al. »Ich wollte nicht, daß er dir weh tut ...«
    »Du konntest es nicht wissen, Al, deshalb brauchst du dir auch keine Vorwürfe zu machen. Aber diese Art von Ringen dient nicht dazu, dem anderen weh zu tun, es ist eine Art Prüfung. Der Männlichkeit und der Schnelligkeit und was weiß ich. Wenn er mich besiegt, ich aber fair mit ihm gekämpft hätte, dann hätte mir dies seinen Respekt errungen; und wenn ich ihn im fairen Kampf besiegt hätte, dann hätten wir einander ebenfalls respektiert. Brustwehr hat mir davon erzählt.«
    Alvin dachte darüber nach. »War das also sehr schlimm, daß ich ihn habe stürzen lassen?«
    »Ich weiß

Weitere Kostenlose Bücher