Der rote Prophet
Männer, mit grimmigen Gesichtern und zornig und müde vom Marsch durch die Wälder. Die Spur hatten sie zwar leicht verfolgen können, aber die Äste hatten sie immer wieder gepackt, und sie waren über das Wurzelwerk gestolpert – der Wald war nie freundlich zu einem weißen Mann. Dann hatten sie eine Stunde verloren, als die Spur in einem Bach geendet war und sie stromauf- und stromabwärts hatten suchen müssen, bis sie die Stelle gefunden hatten, wo die Roten die Jungen aus dem Wasser wieder an Land geführt hatten. Der alte Alvin Miller wurde fast wahnsinnig, als er sah, daß sie die Jungen durch das Wasser gezerrt hatten – sein Sohn Calm hatte fast zehn Minuten gebraucht, um ihn wieder zu beruhigen.
»Nie hätte ich ihn wegschicken sollen, nie hätte ich ihn ziehen lassen sollen«, sagte er immer wieder.
Und Calm wiederholte ständig: »Das hätte überall geschehen können, mach dir keine Vorwürfe, wir werden sie schon noch finden, schließlich können sie ja noch gehen, nicht wahr?« Alles mögliche sagte er, doch vor allem war es seine Stimme, die Al Miller beruhigte, das war seine Art – manche Leute meinten, es sei seine magische Fähigkeit, die Menschen zu beruhigen.
Nun standen sie auf der Lichtung, und die Spuren führten in ungefähr fünf verschiedene Richtungen davon, und alle endeten plötzlich nach wenigen Schritten. Ein paar Schritte in Richtung Nordwesten fanden sie die zerrissene Unterwäsche der Jungen im Wald. Niemand war der Meinung, daß man Al Miller so etwas zeigen sollte, und als er an die Stelle kam – mit Calm an seiner Seite – waren die Unterhosen bereits verschwunden.
»Jetzt finden wir ihre Spur nie wieder«, meinte Brustwehr-Gottes. »Die Jungen hinterlassen keine Fußabdrücke mehr – was überhaupt nichts zu bedeuten hat, Mr. Miller, also macht Euch deswegen keine Sorgen.« Brustwehr nannte seinen Schwiegervater Mr. Miller, seit Al ihn damals aus seinem Haus geworfen hatte, als er gekommen war, um ihnen mitzuteilen, daß Al Junior im Sterben liege, weil die Familie die Sünde begangen hätte, Zauber und Hexerei zu verwenden. »Vielleicht tragen sie die Jungen, vielleicht gehen sie aber auch hinter ihnen her und verwischen ihre Spuren. Wir wissen doch alle, daß ein Roter keine Spur hinterläßt, wenn er es nicht will.«
»Wir wissen alles über Rote«, meinte Al Miller. »Und auch, was sie mit weißen Jungen tun, wenn sie ...«
»Bisher wissen wir nur, daß sie versuchen, uns Angst einzujagen«, versetzte Brustwehr.
»Bisher gelingt ihnen das auch gut«, meinte einer der Schweden. »Wir sind jedenfalls zu Tode erschrocken, meine Familie und ich.«
»Außerdem weiß hier auch jeder, daß Brustwehr-Gottes ein Freund der Roten ist.«
Brustwehr blickte sich um und versuchte auszumachen, wer das gesagt hatte. »Wenn Ihr unter einem Freund der Roten versteht, daß ich glaube, daß die Roten ebensolche menschlichen Wesen sind wie die Weißen, dann stimmt es. Aber wenn Ihr meinen solltet, daß ich die Roten lieber habe als die Weißen, dann solltet Ihr besser Euren Mut zusammennehmen und vortreten und es mir ins Gesicht sagen, damit ich Euch dieses Gesicht in einen Baum rammen kann.«
»Kein Grund zum Streiten«, sagte Reverend Thrower keuchend. Er war nicht sonderlich gut trainiert, so daß er sie erst jetzt erreichte. »Der Herr liebt alle seine Kinder, selbst die Heiden. Brustwehr-Gottes ist ein guter Christ. Aber wir wissen auch alle, daß Brustwehr-Gottes auf der Seite der Rechtschaffenen stehen wird, sollte es jemals zu einem Kampf zwischen Christen und Heiden kommen.«
Die Menge murmelte Zustimmung. Schließlich mochten sie Brustwehr ja alle. Er hatte den meisten von ihnen Geld geliehen oder ihnen in seinem Laden Kredit eingeräumt, und er drängte nie auf Zahlung – viele von ihnen hätten die ersten Jahre im Wobbish-Land gar nicht überlebt, wäre Brustwehr nicht gewesen. Doch Dankbarkeit hin, Dankbarkeit her, alle wußten sie auch, daß er die Roten fast so behandelte wie Weiße, was in einer solchen Zeit wie der jetzigen etwas verdächtig war.
»Es wird sofort zum Kampf kommen«, meinte ein Mann. »Wir brauchen diese Roten gar nicht erst aufzuspüren. Schließlich haben wir ihre Namen auf den Sätteln, und zwar deutlich eingraviert!«
»Einen Augenblick mal!« sagte Brustwehr-Gottes. »Denkt doch mal eine Minute nach! Seit Prophetstown auf der anderen Seite des Wobbish wächst, gegenüber von Vigor Church, hat da jemals irgendein Roter Euch auch nur
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