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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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ihn nie gefunden, wenn er sie nicht selbst sogar angerufen hätte. Gehörte all dies zum Plan den Propheten?
    Und wenn dem so sein sollte? Vielleicht verhieß der Plan des Propheten etwas Gutes, vielleicht aber auch nicht – Measure aber hielt nicht allzu viel davon. Jedenfalls würde er nicht in einem Kartoffelkeller herumsitzen und abwarten, wie gut sich der Plan bewährte.
    Im hinteren Teil des Kellers grub er sich einen Weg durch die Kartoffeln. Schon bald hatte er sich hineingegraben und seine Bahn hinter sich mit Kartoffeln bedeckt. Sollte jetzt jemand die Tür öffnen, würde er nur einen Haufen Kartoffeln zu sehen bekommen.
    Es war ein normaler Keller, ausgehoben, mit Holz ausgeschlagen, überdacht, das Dach mit dem ausgehobenen Erdreich bedeckt. Er würde sich durch die Hinterwand graben und hinter dem Keller herauskommen, ohne daß man vom Haus aus etwas davon sah. Es bedeutete zwar, mit bloßen Händen zu schaufeln, aber die Erde war hier recht locker. Am Ende würde er zwar mehr einem Schwarzen als einem Roten gleichen, wenn er herauskam, doch das machte ihm nicht viel aus.
    Leider bestand die hintere Wand aber nicht aus Erdreich, sondern aus Holz. Sie hatten den Keller bis zum Boden mit Holzwänden ausgeschlagen. Ordentliche Leute. Der Boden allerdings war aus Erdreich. Das bedeutete jedoch, daß er erst ein Loch unter der Wand hindurch graben mußte, bevor er wieder in die Höhe stieß. Das war nichts, was er in einer Nacht hätte schaffen können, wie er gehofft hatte, es würde Tage dauern. Und dabei konnten sie ihn jederzeit erwischen. Oder sie zerrten ihn einfach heraus und erschossen ihn. Vielleicht übergaben sie ihn aber auch den Chok-Taw, damit die zu Ende führen konnten, was sie begonnen hatten – so würde es zum Schluß doch noch so aussehen, als hätten Ta-Kumsaw und der Prophet ihn gemartert.
    Sein Heim lag keine zehn Meilen entfernt. Das war es, was ihn schier in den Wahnsinn trieb. Er war so dicht am Ziel, und niemand wußte davon, niemand ahnte, daß er hierher kommen mußte, um ihm zu helfen. Er erinnerte sich an das Fackelmädchen vom Hatrack River vor vielen Jahren, das gesehen hatte, wie sie im Fluß festsaßen, und das ihnen Hilfe geschickt hatte. Die könnte ich jetzt gebrauchen, ich brauche eine Fackel, jemanden, der mich aufspürt und mir Hilfe schickt.
    Doch das war nicht allzu wahrscheinlich. Nicht für Measure. Ja, wenn es um Alvin gegangen wäre, dann hätte es wahrscheinlich zahllose Wunder gegeben, alles, was ihn in Sicherheit gebracht hätte. Doch für Measure gab es immer nur das, was er sich selbst erarbeitete.
    Schon in den ersten zehn Minuten des Grabens brach er sich einen halben Fingernagel ab. Der Schmerz war ziemlich schlimm, und er wußte, daß er blutete. Würden sie ihn jetzt hinauszerren, würden sie sofort erkennen, daß er einen Tunnel graben wollte. Doch es war seine einzige Chance. Also grub er weiter, trotzte dem Schmerz, und hielt dann und wann inne, um eine Kartoffel hinauszuwerfen, die in sein Loch hinabgerollt war.
    Schon bald nahm er seinen Lendenschurz ab und benutzte ihn für die Arbeit. Er lockerte das Erdreich mit den Händen, häufte es auf das Tuch und hob es damit aus dem Loch. Das war zwar nicht so gut wie ein Spaten, aber immer noch um einiges besser, als das Erdreich mit den Händen herauszuheben. Wieviel Zeit hatte er noch? Waren es Tage? Waren es Stunden?

11. Der Rotenjunge
    Es war keine Stunde später, nachdem Measure gegangen war. Ta-Kumsaw stand auf einer Düne, der weiße Junge Alvin neben ihm. Und vor ihm Tenskwa-Tawa. Lolla-Wossiky. Sein Bruder. Der Junge, der einst geweint hatte, weil die Bienen starben. Ein Prophet. Angeblich. Der den Willen des Landes verkündete. Angeblich. Der von Feigheit sprach, von Aufgabe, Niederlage, Vernichtung.
    »Dies ist der Eid des friedlichen Landes«, sagte der Prophet. »Keine der Waffen des weißen Mannes anzunehmen, keines der Werkzeuge des weißen Mannes, keine der Kleidungen des weißen Mannes, keine Nahrung des weißen Mannes, und auch keines der Versprechen des weißen Mannes. Vor allem aber, niemals ein Leben zu nehmen, das sich nicht selbst dem Tod entbietet.«
    Die Roten, die bei ihm standen, hatten all dies schon gehört, genau wie Ta-Kumsaw. Die meisten, die mit ihnen zum Mizogan gekommen waren, hatten den Eid der Schwäche, den ihnen der Prophet abforderte, bereits abgelehnt. Sie leisteten einen anderen Eid, den Eid des Zorns des Landes, den Eid, den Ta-Kumsaw ihnen anbot. Jeder

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