Der Rote Sarg
Visier geblinzelt hatte. »Zu viele Bäume im Weg.«
»Wir gehen dort rüber, wo die Lichtung sich zur Straße öffnet«, sagte Pekkala.
Kirow nahm die Waffe auf, und die drei Männer machten sich im Schutz der Bäume auf den Weg. An der Stelle, wo der Pfad auf die Straße traf, stellten sie allerdings fest, dass sie von hier aus keine direkte Sicht auf den nun etwas links versetzten und hinter den Bäumen verborgenen Panzer hatten. Kirow würde ihn erst wieder direkt vor sich haben, wenn er zur Straße herausgerollt kam.
Sie hatten nicht mehr viel Zeit. Die drei Männer überquerten die Straße und warfen sich auf der anderen Seite in den Graben. Mit zitternden Händen brachte Kirow das PTR in Stellung, so dass es auf die Lichtung zeigte. Wenn Kropotkin mit dem Panzer auf die Straße wollte, hätte er ein perfektes Schussfeld.
»Sie sind nach wie vor der Meinung, Sie können ihn zum Aufgeben bewegen?«, fragte Pekkala Maximow.
»Ich bezweifle es, aber immerhin können wir damit eventuell etwas Zeit gewinnen.«
»Gut«, sagte Pekkala. »Ich komme mit. Vielleicht steigen unsere Chancen ja, wenn wir es gemeinsam versuchen. Sollte es nicht klappen, werden wir uns so schnell wie möglich verziehen. Er muss zur Straße, wenn er auf der Lichtung nicht in der Falle sitzen will. Sonst kann er nirgendwohin.«
»Sie können sich doch nicht nur mit Worten bewaffnet einem Panzer in den Weg stellen«, sagte Kirow.
Pekkala hielt ihm die Titanpatrone hin. »Wenn Worte ihn nicht überzeugen können, dann vielleicht das hier. Egal was geschieht, wenn sich Ihnen die Gelegenheit zu einem Schuss bietet, schießen Sie. Verstanden?«
»Es ist höllisch gefährlich, Inspektor.« Kirow nahm die Patrone entgegen. »Wenn dieses Ding Sie trifft, reißt es Sie in Stücke.«
»Darum bin ich ja auch so froh, dass Sie ein so guter Schütze sind.«
»Wenigstens geben Sie es endlich zu«, sagte Kirow und ging hinter dem Gewehr in Stellung.
Maximow und Pekkala traten hinaus auf das offene Gelände.
Pekkala sah den Panzer, der wie ein Tier am Rand der Lichtung lauerte. Mit jedem Schritt zum stählernen Ungetüm spürte er, wie seine Beine wackliger wurden. Seine Atmung wurde flach. Selten war ihm die Zerbrechlichkeit des eigenen Körpers so bewusst geworden wie jetzt.
Am Waldrand erkannte Pekkala die schmalen Pfade der Holzarbeiter, die sich in der Dunkelheit des Waldes verliefen. Auf einem von ihnen fiel ihm ein silbernes Glitzern auf. Am Rand des Pfads, zum Teil durch Zweige getarnt, war ein Motorrad gegen einen Baum gelehnt. Am Lenker hing eine ledergepolsterte Brille. Die Maschine sah sehr neu aus, und sie war so nah, dass er sogar den in lateinischen Buchstaben angebrachten Namen entziffern konnte, der auf dem tropfenförmigen Tank glänzte: Zündapp. In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass es dieselbe Maschine war, die er beim geplanten Mordanschlag vor dem Café Tilsit gesehen hatte. Kropotkin hatte also vor, das Inferno, das er hier auslösen wollte, zu überleben.
Bis auf das Knistern der immer noch aus dem Lastwagenwrack schlagenden Flammen war nichts zu hören. Rauchschwaden wirbelten durch die tiefstehenden Strahlen der aufgehenden Sonne.
Zu ihren Füßen lag die abgeschälte Rinde der gefällten Bäume, die hier von den Holzarbeitern aufgeschichtet worden waren. Zwischen ihnen und dem Panzer lag, mit dem Gesicht nach unten, der alte Mann. Auf seinem ausgebleichtem blauen Hemd breitete sich ein roter Kreis aus.
Die beiden Männer blieben stehen.
Jetzt, da sie nur noch wenige Schritte vom T-34 entfernt waren, kam es Pekkala vor, als müsste er nicht gegen Kropotkin antreten, sondern gegen den Panzer selbst. Er versuchte, das Gefühl abzuschütteln, dass das Ungeheuer zum Leben erwacht war und sie durch das zusammengekniffene Auge des MG-Schlitzes beobachtete.
»Kropotkin!«, schrie Maximow.
Keine Antwort. Stattdessen ertönte ein tiefes Dröhnen; der Panzermotor wurde angelassen. Der Lärm war ohrenbetäubend. Zwei Rauchsäulen stiegen aus den Auspuffrohren. Der T-34 machte einen Satz nach vorn.
Unwillkürlich traten die beiden Männer einen Schritt zurück.
Plötzlich kam das Fahrzeug ruckartig zum Halt, wie ein Hund, der von einer Kette aufgehalten wurde.
»Kropotkin!«, rief Pekkala. »Wir wissen, dass Sie nicht viel Treibstoff haben. Hören Sie uns zu!«
Selbst wenn seine Worte die Stahlwände durchdrungen hatten, gab Kropotkin durch nichts zu verstehen, dass er sie gehört hatte.
Erneut setzte sich der T-34
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