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Der Rote Sarg

Der Rote Sarg

Titel: Der Rote Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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Kopf. »Er ist vielleicht ein unangenehmer Zeitgenosse, aber nicht schuldig, soweit ich es sagen kann. Ich habe ihn freigelassen. Er ist jetzt wieder in der Anlage, wo sein Panzer entwickelt wird.« In diesem Moment fiel sein Blick auf eine große Schachtel gleich neben der Tür. »Was ist das denn?«
    »Ach«, setzte Kirow an.
    »Immer wenn Sie ›ach‹ sagen, weiß ich, dass es mir nicht gefallen wird.«
    »Ganz und gar nicht!« Kirow lachte nervös. »Ein Geschenk für Sie.«
    »Ich habe nicht Geburtstag.«
    »Na ja, eine Art Geschenk. Eigentlich mehr ein …«
    »Also kein richtiges Geschenk?«
    »Nein«, gab Kirow zu. »Mehr ein Vorschlag.«
    »Ein Vorschlag«, wiederholte Pekkala.
    »Machen Sie es auf!«, sagte Kirow und schwang seinen Löffel.
    Pekkala erhob sich und holte die Schachtel, stellte sie auf den Schreibtisch und öffnete sie. Drinnen lag ein ordentlich zusammengelegtes Jackett. Darunter mehrere weitere Kleidungsstücke.
    »Ich dachte mir, es wäre an der Zeit für eine neue Garderobe«, sagte Kirow.
    »Neu?« Pekkala sah an sich hinab. »Aber was ich anhabe, ist neu. So gut wie, jedenfalls. Ich habe es erst letztes Jahr gekauft.«
    Kirow räusperte sich. »Na ja, wenn ich ›neu‹ sage, dann meine ich ›modern‹.«
    »Ich bin modern!«, protestierte Pekkala. »Ich habe alle Sachen hier in Moskau gekauft. Sie waren sehr teuer.« Er wollte schon auf die Preise eingehen, die er hatte zahlen müssen, als Kirow ihm das Wort abschnitt.
    »Schon gut. Wo haben Sie sie gekauft?«
    »Bei Linsky, gleich beim Bolschoi-Theater. Linsky macht Sachen, die halten!«, sagte Pekkala und klopfte sich auf die Brust. »Er hat es mir selbst gesagt. Wenn man von ihm einen Anzug kauft, wird es der letzte sein, den man jemals braucht. Das ist sein persönlicher Leitspruch, verstehen Sie!«
    »Ja.« Kirow legte ganz sacht beide Handflächen zusammen. »Wissen Sie, wie die Leute ihn und seinen Laden nennen? Einen Totenausstatter.«
    »Na, das scheint mir doch etwas übertrieben.«
    »Herrgott, Inspektor, Linsky verkauft Kleidung für Bestattungsunternehmen!«
    »Und wenn schon!«, protestierte Pekkala. »Auch Bestatter müssen was anziehen. Sie können nicht nackt herumlaufen. Mein Vater war auch Bestatter …«
    Kirow verlor allmählich die Geduld. »Linsky kleidet nicht die Bestatter ein, sondern die Toten, die aufgebahrt werden. Deswegen ist es der letzte Anzug, den man jemals braucht. Weil man darin beerdigt wird!«
    Pekkala runzelte die Stirn. Er betrachtete sein Revers. »Aber ich habe immer einen solchen Anzug getragen.«
    »Das genau ist das Problem, Inspektor. Es gibt so etwas wie Mode, selbst für Leute wie Sie. Hier, sehen Sie.« Kirow kam zu ihm und zog das Jackett aus der Schachtel. Sorgfältig faltete er es auseinander, fasste es an den Schultern und hielt es Pekkala hin. »Schauen Sie sich das an. Der neueste Schnitt. Probieren Sie es. Um mehr bitte ich Sie nicht.«
    Zögernd schlüpfte Pekkala hinein.
    Kirow half ihm dabei. »Na!«, verkündete er. »Wie fühlt es sich an?«
    Pekkala hob die Arme und ließ sie wieder sinken. »Ganz gut, glaube ich.«
    »Sehen Sie! Ich habe es Ihnen gesagt. Und hier dazu ein Hemd und ein neues Paar Hosen. Dann wird Sie keiner mehr als Fossil bezeichnen können.«
    Wieder runzelte Pekkala die Stirn. »Ich wusste gar nicht, dass man mich ein Fossil nennt.«
    Kirow klopfte ihm auf die Schulter. »Nur so ein Ausdruck. Ich habe noch etwas für Sie. Diesmal ein richtiges Geschenk.« Mit ausgestrecktem Arm deutete er zur Fensterbank, wo sich eine kleine Pflanze unter dem Gewicht satt-gelber Früchte bog.
    »Mandarinen?«, fragte Pekkala.
    »Kumquats«, berichtigte Kirow. »Ich habe Monate gebraucht, bis ich eine dieser Pflanzen überhaupt bekommen habe, und dann hat es mehr als ein Jahr gedauert, bis sie Früchte trägt. Bereit?«
    »Kumquats«, sagte Pekkala und ließ sich den Klang auf der Zunge zergehen.
    Kirow ging hinüber, nahm eine der Früchte zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger und drehte sie vorsichtig, bis sie sich vom Stiel löste. Dann kam er zurück und hielt sie Pekkala hin.
    Pekkala nahm sie entgegen und schnupperte daran.
    »Essen Sie sie!«, sagte Kirow mit geröteten Wangen. »Das ist ein Befehl!«
    Pekkala zog die Brauen hoch. »Ein Befehl, Kirow?«
    »Ich stehe im Dienstrang über Ihnen!«
    »Ich habe keinen Dienstrang.«
    »Eben.« Kirow vollführte eine Handbewegung, als wollte er eine Fliege verscheuchen. »Zwingen Sie mich nicht, Sie noch mal zu

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