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Der Rote Sarg

Der Rote Sarg

Titel: Der Rote Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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war. Keiner weiß, wie viele Fallen er gebaut hat. Dutzende, Hunderte vielleicht. Oder was für Fallen. Und keiner weiß, wo sie sich befinden, außer Oberst Nagorski.«
    »Warum hat er sich die ganze Mühe gemacht?«, fragte Kirow. »Das hätte doch auch jemand …«
    »Sie kannten Oberst Nagorski nicht«, unterbrach Samarin.
    »Und es gibt wirklich keine Karte, auf der diese Fallen verzeichnet sind?«, fragte Pekkala.
    »Keine, die ich kenne«, erwiderte Samarin. »Nagorski hat an manche Bäume kleine bunte Scheiben genagelt. Manche sind blau, andere rot oder gelb. Was sie bedeuten, falls sie überhaupt eine Bedeutung haben, weiß nur Nagorski.«
    Pekkala spähte in den Wald und konnte nach einiger Zeit einige der bunten Scheiben erkennen, die schimmerten wie im Schatten liegende Augen.
    Als sie ein Geräusch hörten, fuhren sie herum. Irgendwo zwischen den Bäumen erklangen gedämpfte Schritte.
    »Dort!«, schrie Samarin und zog seinen Revolver.
    Die Gestalt bewegte sich so schnell, dass Pekkala sie im ersten Augenblick für ein Tier hielt. Kein Mensch konnte so schnell laufen, dachte er. Und jedes Mal verschwand die Gestalt wieder so rasch, wie sie aufgetaucht war, bevor sie wie ein Reh durch die Dornendickichte zwischen den Bäumen hetzte. Dann, als sie eine Lichtung erreichte, erkannte Pekkala, dass es tatsächlich ein Mensch war.
    In diesem Moment rastete etwas in Pekkala ein. Wenn sie ihn jetzt nicht erwischten, würden sie ihn nie mehr finden. Er hatte Nagorskis Fallen nicht vergessen, aber irgendetwas in ihm war erwacht, eine Art Instinkt, der jeden Gedanken an die eigene Sicherheit ausschaltete. Ohne ein Wort zu den anderen spurtete er los.
    »Warten Sie!«, schrie Samarin.
    Pekkala lief in Richtung der Bäume und zog seine Waffe.
    »Sie sind völlig übergeschnappt!«, schrie Samarin.
    Auch Kirow hatte sich mittlerweile in Bewegung gesetzt und brach durch das dichte Unterholz.
    »Das ist doch völlig verrückt!«, brüllte Samarin und lief ihnen hinterher.
    Brombeersträucher hakten sich an die Beine der drei Männer, die durch das fahle Licht der einsetzenden Dämmerung hetzten.
    »Dort ist er!«, rief Samarin.
    Pekkalas Lungen schmerzten. Das Gewicht seines völlig durchtränkten Mantels lastete auf den Schultern und schlug ihm schwer gegen die Hüften.
    Samarin, der ihn mittlerweile überholt hatte, näherte sich immer mehr dem Flüchtenden, bis er abrupt anhielt und warnend eine Hand hob.
    Pekkala wäre fast in ihn hineingekracht. Er atmete schwer und stützte sich mit den Händen auf den Knien ab.
    Mit zitternden Fingerspitzen deutete Samarin auf einen über den Pfad gespannten Draht, der durch einen in einen Baumstumpf geschlagenen, umgebogenen Nagel lief. Von dort zog sich der Draht hinauf ins Laub eines Baums und endete am Griff einer Handgranate vom Typ RGD-33. Sie war mit trockenen Gräsern an einen Ast direkt über ihnen gebunden. Ein Zug am Draht, und die Handgranate – eine mit einem kurzen, schweren Stiel versehene eiserne Suppendose, um die zur Erhöhung der Splitterwirkung ein Verstärkungsmantel gewickelt war – würde nach unten fallen, gleichzeitig würde sie damit scharfgestellt, da der Zündmechanismus der RGD-33 erst durch eine heftige, abrupte Wurfbewegung ausgelöst wurde.
    »Wir nehmen die Verfolgung wieder auf«, sagte Samarin und beugte sich zum Draht hinunter, »wenn ich dieses Ding entschärft habe.«
    Pekkala machte einen Schritt nach vorn und sah erneut zur Handgranate hinauf. Und in diesem Augenblick bemerkte er, dass die obere Abdeckung, in der sich die zigarettenförmige Sprengkapsel befinden sollte, leer war. Ihm kam noch der Gedanke, dass dies irgendwie beabsichtigt sein könnte, als er über sich zwischen den Zweigen ein lautes Rauschen hörte.
    Ihm blieb gerade noch so viel Zeit, um den Kopf zu wenden und zu Samarin zu sehen.
    Ihre Blicke trafen sich.
    In der nächsten Sekunde zischte etwas an Pekkala vorbei, ein kalter Luftzug an der Wange ließ ihn herumfahren, und hinter ihm ertönte ein dumpfer, schwerer Schlag. Laub rieselte um ihn herum nieder.
    Pekkala war zunächst völlig reglos und wie gelähmt, bis er sich schließlich umdrehte und wieder zu Samarin sah.
    Auf den ersten Blick schien Samarin vor dem Baumstumpf zu kauern. Er hatte die Arme ausgestreckt, als wollte er sich abstützen, zum Teil wurde sein Körper von einem Erd- und Holzknäuel verdeckt, aus dem verwitterter Stahl ragte.
    Pekkala brauchte eine Weile, bis er den Gegenstand als ein Eisenrohr mit

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