Der Rote Sarg
nicht?«
»Nagorski hat gesagt …«
»Nagorski ist nicht mehr!«, bellte Uschinskij. »Und alles, was wir gemacht haben, war vollkommen umsonst!«
»Ich dachte, das Konstantin-Projekt wäre kurz vor seiner Fertigstellung«, sagte Pekkala.
»Fast!«, erwiderte Uschinskij. »Aber fast ist nicht gut genug.« Mit einer weit ausholenden Geste zeigte er durch den Raum. »Genauso gut könnten wir diese Dinger auf den Schrottplatz stellen.«
»Wenn Sie so weitermachen«, warnte Gorenko, »werden Sie noch etwas sagen, was Sie bereuen.«
Uschinskij ging darauf nicht ein, sondern wandte sich an die Ermittler. »Reden Sie mit einem Mann namens Lew Zalka.«
Kopfschüttelnd sah Gorenko zu Boden. »Wenn der Oberst gehört hätte, dass Sie auch nur den Namen aussprechen …«
»Zalka hat zur ursprünglichen Mannschaft gehört«, fuhr Uschinskij fort. »Er hat den W-2-Dieselmotor entworfen. Den, den wir in allen Fahrzeugen haben. Aber er ist seit Monaten nicht mehr hier. Nagorski hat ihn gefeuert. Sie hatten eine Meinungsverschiedenheit.«
»Meinungsverschiedenheit?«, murmelte Gorenko. »So nennen Sie das? Nagorski ist mit einem 40er-Schraubenschlüssel auf ihn losgegangen! Der Oberst hätte Zalka umgebracht, wenn der sich nicht sofort aus dem Staub gemacht hätte. Und danach hat Nagorski gesagt, wer Zalkas Namen auch nur erwähnt, könnte sofort seine Sachen packen und verschwinden.«
»Worum ging es bei dem Streit?«, fragte Pekkala.
Beide Wissenschaftler zuckten nervös mit den Schultern.
»Zalka wollte größere Turm- und größere Notausstiegsluken an der Unterseite der Wanne.«
»Warum?«, fragte Kirow. »Ist der Panzer damit nicht verwundbarer?«
»Ja, schon …«, erwiderte Gorenko.
»Aber mit größeren Luken«, unterbrach ihn Uschinskij, »hat die Besatzung bessere Chancen, rauszukommen, wenn der Motor Feuer fängt oder der Rumpf durchschossen wird.«
»Oberst Nagorski hat sich darauf nicht eingelassen. Für ihn hatte die Maschine immer Vorrang.«
»Und deshalb nennen Ihre Testfahrer den Panzer den Roten Sarg«, sagte Pekkala.
Gorenko warf Uschinskij einen wütenden Blick zu. »Da scheint jemand geplaudert zu haben.«
»Spielt das jetzt noch eine Rolle?«, grummelte Uschinskij.
»Sie wissen mit Sicherheit, dass sich Nagorski und Zalka darüber gestritten haben?«, fragte Pekkala, der vermeiden wollte, dass die beiden Streihähne schon wieder aufeinander losgingen.
»Ich kann Ihnen nur sagen«, erwiderte Gorenko, »dass Zalka noch an dem Tag die Anlage verlassen hat und seitdem nicht mehr aufgetaucht ist.«
»Haben Sie irgendeine Ahnung, wo man ihn finden kann?«, fragte Kirow.
»Er hatte mal eine Wohnung in der Pretschistenka-Straße«, sagte Uschinskij, »aber das war noch vor seiner Arbeit hier. Gut möglich, dass er mittlerweile umgezogen ist. Aber wenn jemand weiß, was diese chemischen Formeln zu bedeuten haben, dann er.«
Gorenko folgte Pekkala und Kirow auf ihrem Weg nach draußen. »Tut mir leid, Inspektor«, sagte er. »Sie müssen meinem Kollegen verzeihen. Er wird schnell wütend und sagt dann Dinge, die er nicht so meint.«
»Klang für mich aber, als würde er es durchaus so meinen«, bemerkte Kirow.
»Stimmt es denn, was er sagt?«, fragte Pekkala. »War alles umsonst? Ist das gesamte Projekt am Ende?«
»Nein!«, erwiderte Gorenko. »Wenn wir weiterhin daran arbeiten, sollte der T-34 in wenigen Monaten fertig sein. Auch ohne Nagorski wird der T-34 eine ausgezeichnete Waffe. Aber zwischen ausgezeichnet und perfekt gibt es einen Unterschied. Uschinskijs Problem ist, dass er immer alles perfekt haben will. Nach dem Tod des Obersts fürchtet er, dass wir die erhoffte Perfektion nicht mehr erreichen. Ich sage Ihnen, was ich Uschinskij von Anfang an gesagt habe: Das Fahrzeug wird nie perfekt sein. Es wird immer etwas geben, was einfach nur gut genug ist, so wie jetzt die Feuerrate der Maschinengewehre.«
»Verstehe«, sagte Pekkala. »Sagen Sie ihm, dass wir es ihm nicht übelnehmen.«
»Wenn Sie es ihm lieber selbst sagen wollen«, bat Gorenko. »Vielleicht könnten Sie mit ihm reden und ihm sagen, er soll seine Worte mit mehr Bedacht wählen, das würde schon viel helfen.«
»Wir haben jetzt keine Zeit dafür«, entgegnete Kirow.
»Rufen Sie uns später im Büro an«, schlug Pekkala vor. »Jetzt müssen wir Zalka finden.«
»Vielleicht hatte Uschinskij ja doch recht«, sagte Gorenko. »Nach Nagorskis Tod können wir jede Unterstützung gebrauchen.«
Eine Stunde später setzte
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