Der Rote Sarg
abgeschlossen.«
»Major«, sagte Pekkala. »Wir hatten uns darauf verständigt, dass Sie keinerlei Schritte unternehmen, ohne mich vorher zu informieren.«
»Schauen Sie nicht so verblüfft, Inspektor«, erwiderte sie. »Ich habe Ihnen gesagt, dass ich weiß, was nötig ist, wenn man überleben will. Ich habe meine Chance gesehen, um aus dieser unschönen Sache wieder rauszukommen, und ich habe sie ergriffen. Jede Vereinbarung zwischen uns ist damit hinfällig. Genosse Stalin kümmert es nicht, wer den Fall gelöst hat, nur, dass er gelöst wurde. Der Einzige, dem es wichtig ist, sind Sie.« Sie sah zu Kirow. »Und Ihrem Assistenten.«
Kirow stand nur da und starrte fassungslos zu Lysenkowa.
»Nachdem der Fall offiziell abgeschlossen ist«, sagte Pekkala, »dürften Sie nichts dagegen haben, wenn ich ein paar Worte mit dem Gefangenen rede.«
Lysenkowa sah zum Mann in der Ecke. »Ich denke nicht.«
Schließlich fand Kirow seine Sprache wieder. »Ich kann nicht glauben, dass du das getan hast«, sagte er.
Lysenkowa starrte ihn nur an. »Ich weiß, dass du das nicht kannst«, sagte sie, ging an ihm vorbei und hinaus in den Gang. »Sie haben alle Zeit der Welt, Inspektor«, sagte sie noch, bevor sie die Tür schloss.
Niemand in der Zelle rührte sich oder sprach ein Wort.
Uschinskij brach schließlich das Schweigen. »Es war Gorenko«, flüsterte er heiser. »Er hat sie angerufen. Er hat ihr gesagt, ich hätte vor, die T-34-Pläne den Deutschen zu geben.«
Pekkala ging vor dem Verletzten in die Hocke. »Und hatten Sie das vor?«
»Natürlich nicht! Ich bin zur Arbeit und musste erfahren, dass unser Prototyp abgeholt wurde, da bin ich hochgegangen. Ich habe Gorenko angeschrien, dass der T-34 noch nicht fertig ist. Diese Panzer mögen ja ganz gut aussehen. Sie werden fahren, die Kanonen werden feuern. Unter kontrollierten Bedingungen, wie wir sie in der Anlage haben, werden sie sich als leidlich funktionsfähig erweisen. Aber sobald sie sich in der wirklichen Welt bewähren müssen, wird es nicht lange dauern, bis es zu gravierenden Defekten mit dem Motor und der Aufhängung kommt. Sie müssen mit der Fabrik Kontakt aufnehmen, Inspektor. Sagen Sie ihnen, sie können keinesfalls die Produktion aufnehmen. Zu viele Teile fehlen noch.«
»Was hat Gorenko geantwortet, als Sie ihm das gesagt haben?«, fragte Pekkala.
»Er hat gesagt, er sei gut genug. Das sagt er immer! Darauf habe ich gesagt, dann könnten wir ja gleich die Pläne den Deutschen geben, die würden nämlich nicht eher ruhen, bis die Sache richtig gemacht ist. Und dann wurde ich vom NKWD verhaftet.«
»Und was war mit Nagorski?«, fragte Kirow. »Haben Sie irgendwas mit seinem Tod zu tun?«
Der Gefangene schüttelte den Kopf. »Ich hätte ihm nie etwas angetan.«
»In Ihrem Geständnis steht, dass Sie ihn getötet haben«, erinnerte Kirow ihn.
»Ja«, antwortete Uschinskij. »Ich habe es unterschrieben, als sie mir den Arm ausgerenkt haben.«
»Gehören Sie der Weißen Gilde an?«, fragte Pekkala.
»Nein! Ich habe von denen noch nie gehört. Was passiert jetzt mit mir, Inspektor? Die Majorin sagt, ich werde nach Sibirien geschickt, in ein Sonderlager namens Mamlin Drei.«
Pekkala stockte kurz der Atem, als er den Namen hörte. Abrupt drehte er sich zu Kirow um. »Verlassen Sie die Zelle! Gehen Sie raus zum Wagen und warten Sie nicht auf mich. Wir sehen uns später im Büro.«
Kirow sah ihn verwirrt an. »Warum?«, fragte er.
»Bitte«, drängte Pekkala.
»Sie wollen ihn hier rausschaffen?« Langsam hob Kirow die Arme und streckte Pekkala die offenen Handflächen entgegen, als wollte er das, was kommen sollte, abwehren. »O nein, Inspektor. Das können Sie nicht.«
»Sie müssen jetzt gehen, Kirow.«
»Aber das dürfen Sie nicht! Das verstößt gegen das Gesetz.«
Uschinskij schien sie gar nicht mehr wahrzunehmen. Mit seiner unverletzten Hand strich er sich über den Körper, als könnte er ihn so auf wundersame Weise wieder heilen.
»Dieser Mann ist unschuldig«, sagte Pekkala. »Das wissen Sie so gut wie ich.«
»Aber es ist zu spät«, protestierte Kirow und hob das Geständnis vom Tisch auf. »Er hat unterschrieben!«
»Das hätten Sie auch getan, wenn man das hier mit Ihnen angestellt hätte.«
»Inspektor, bitte. Das ist nicht mehr unser Problem.«
»Ich kenne den Ort, wohin man ihn schicken will«, erwiderte Pekkala. »Ich weiß, was da geschieht.«
»Sie können ihn nicht rausschaffen«, flehte Kirow. »Noch nicht einmal Ihr
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