Der rote Tod
Selbst...
denn die einzige Alternative ist ganz gewiss der Irrsinn.
Es akzeptieren, ohne Furcht, ohne Erwartungen, und mit Hoffnung auf das Beste. Mit Gottes Gnade und Führung würde ich mit allem fertig werden, was auf mich zukam.
Es akzeptieren.
Akzeptieren ...
EPILOG Das Geräusch des Meeres dröhnte in meinen Ohren, sein Anblick schien meinem still gewordenen Herzen eine Art Bewegung zu verleihen. Es war so wunderschön, ein lebendes, glitzerndes Ding, rastlos und wild unter dem kalten Leuchten Tausender winziger Sonnen. Es stahl ihnen ihr silbernes Licht, warf es den Wellen zu und spielerisch wieder zurück. Ich hätte stundenlang an der Klippe stehen bleiben und dem Schauspiel zusehen können, aber die Nacht begann sich dem Ende zuzuneigen, und ich hatte noch einen langen Weg vor mir.
Unter mir, im Schütze einer kleinen Bucht, stand Belle, ihre Zügel schleiften auf dem Boden. Ich war froh, sie zu sehen, sie endlich zu finden. Ich war eine sehr lange Zeit am Meeresufer entlanggelaufen und hatte nach ihr gesucht.
Sie wirkte nicht sehr erschöpft und senkte gelegentlich den Kopf zum Grasen.
Weit und breit war nichts von Roddy Finch oder Ezra Andrews zu sehen. Wenn ihr Boot hier aufbewahrt worden war, so war es schon vor einer Weile verschwunden. Ich wünschte ihnen eine gute Reise.
Ich ging hinunter zu Belle, nahm die Zügel und stieg auf ihren Rücken.
Vielleicht spürte sie, dass wir nach Hause unterwegs waren; ich musste sie nicht lenken, sie lief von selbst in diese Richtung und schlug ein scharfes Tempo an. Als wir auf eine befestigte und gut markierte Straße kamen, gab ich ihr ein Zeichen, noch schneller zu laufen, dem sie willig gehorchte. Trab, Kanter und schließlich Galopp. Sie würde niemals Rollys Geschwindigkeit erreichen, aber sie bewegte sich flüssiger und anmutiger. Ich beugte mich über sie, eine Hand an den Zügeln, die andere vor mir ausgestreckt, als ob ich den wehenden Wind erleben wolle.
Akzeptieren ...
Den Wind akzeptieren und den Himmel und die Erde und die Freude und die Sorge.
Diese neue Chance zu leben akzeptieren.
Wieder leben und lachen. Und ich lachte.
Mein Lachen verklang hohl in der Ferne, als meine Hand mit dem Rest der Welt zu verblassen und verschwinden begann.
Ich hatte während meines langen Spazierganges, als ich nach Belle gesucht hatte, viel Zeit zum Üben gehabt.
Ich hielt die Auflösung an einem Punkt an, an dem ich gerade eben durch mein Fleisch auf den ruckenden Kopf des Pferdes unter mir blicken konnte. Der Wind zerrte an mir, aber nicht so stark wie zuvor, und ich wusste, ich konnte mich gegen ihn oder mit ihm bewegen, ganz wie es mir beliebte.
Nun war meine Hand nur noch ganz knapp sichtbar. Die Welt war fast im grauen Nebel verschwunden, aber ich war in der Lage, sie in diesem Zustand zu halten, wenn ich mich konzentrierte. Ich konnte die starke Bewegung des Pferdes unter mir gerade eben noch spüren.
Und dann hatte ich mich von ihr losgelöst. Meine in Stiefeln steckenden Füße lösten sich aus den Steigbügeln. Nun schwebte ich über ihr, meine Arme weit ausgebreitet wie Flügel, aber fortgetragen allein von meinem Willen. Ich drängte mich gegen den Wind, zuerst noch für einen Moment Beiles Willen angepasst, bis ich mich mit einem stimmlosen Schrei von ihr freimachte.
Zehn Meter, zwanzig, dreißig. Immer höher.
Ich stieg auf und drehte mich und zog dahin wie eine Nachteule, flog Belle voraus oder fiel zurück, hielt mich aber immer in guter Sichtweite von ihr.
Ich erhob mich weit über die sich rasend schnell drehende Erde, vertieft in mein eigenes geräuschloses Lachen, als ich den tanzenden Himmel umarmte.
Wir waren auf dem Weg nach Hause.
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