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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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erlaubten, den Hof trockenen Fußes zu überqueren. In den Quartieren der Soldaten brannte durchgängig Licht, und von Zeit zu Zeit konnte man Leute in den langen Gängen zwischen den Unterkünften umherlaufen sehen. Das schwere, schmiedeeiserne Fallgitter am Haupttor war heruntergelassen. Auch hier fehlte jede Spur von den Wachen.
    »Ich verlange, angehört zu werden«, forderte Barrasch lautstark.
    Mogda sprang auf und riss an den Gitterstäben. »Der Einzige, der auf dich achtet, bin ich; und ich verspreche dir, dass meine Stimme auch das Letzte sein wird, was du hörst, wenn du nicht endlich Ruhe gibst.«
    Er packte die Stäbe und begann daran zu rütteln. Stück für Stück bogen sich die Stangen auseinander. Mit letzter Kraft schaffte Mogda es, die Stäbe so weit auseinander zu drücken, dass ein Mann seinen Kopf hätte hindurchstecken können.
    »Das hast du hervorragend gemacht, mein dicker Freund«, spottete Barrasch. »Jetzt verzichtest du einfach ein Jahr lang auf jegliches Essen, dann kannst du bequem hinausspazieren.«
    Mogda wandte sich ab und widmete sich der vergitterten Wagentür. Er griff mit den Händen in die oberen Gitter und trat mit Wucht gegen den unteren Teil. Scheppernd brach die Tür aus den Angeln und landete auf dem Pflaster. Seelenruhig kletterte der Oger aus dem Wagen und betrachtete die herausgerissene Tür.
    »Schlechtes Schmiedewerk«, sagte er gelassen. »Man sieht, dass es bis jetzt nur wenig Oger nach Turmstein geschafft haben. In Osberg sind die Türen dicker.«
    Mit grimmiger Miene stapfte er auf Barraschs und Finnegans Gefängnis zu.
    Noch bevor er den Wagen erreicht hatte, sprangen die Türen der Garnisonsunterkünfte auf, und ein Dutzend Männer stürmte heraus. Als hätten sie nur darauf gewartet, eingreifen zu können, rannten sie auf Mogda zu. Auch oben auf den Wachtürmen gingen Soldaten mit Armbrüsten in Stellung. Auf einem der Türme blies jemand in ein Signalhorn, und aus dem Inneren der Unterkünfte hörte man den dumpfen Klang eines Gongs. Mogda hatte nicht vor, zu fliehen – wohin auch? Das Garnisonstor sah aus, als ob fünf Oger zusammen es nicht hätten heben können. Ihm blieb nichts anderes übrig, als mit der herausgerissenen Gittertür nach den Wachen zu werfen – und genau das tat er. Funken sprühend schlitterte die Tür den Wachen entgegen. Leider reichte die Wucht des Wurfs nicht aus, die Soldaten wirklich in Gefahr zu bringen; kurz vor ihnen blieb die Tür liegen. Die heranstürmenden Männer waren bis auf vier mit Armbrüsten bewaffnet. Dennoch waren die Wachen früher mutiger gewesen, oder jemand hatte ihnen inzwischen beigebracht, dass es nicht sonderlich klug war, sich auf einen Nahkampf mit einem Oger einzulassen. Mogda war stolz. Allein die Tatsache, dass sie ein Dutzend Männer schickten, um ihn unter Kontrolle zu bringen, obgleich er nicht einmal mehr ein Schwert besaß, freute ihn.
    Mit erhobenen Armen trat er ihnen entgegen.
    »Keine Angst! Wenn ihr euch ergebt, verschone ich euer Leben«, brüllte er lachend.
    Die Wachen waren anscheinend nicht in der richtigen Stimmung für Scherze. Ein Bolzen bohrte sich in Mogdas Wade und hinterließ eine klaffende Wunde. Mogda sank brüllend auf die Knie.
    Vier Soldaten in verstärkten Lederrüstungen näherten sich Mogda aus verschiedenen Richtungen. Bewaffnet waren sie mit langen Eisenstangen, an deren Ende Haken eingelassen waren. An einer von ihnen war eine breite, kräftige Lederschlaufe angebracht. Bereitwillig ließ sich Mogda diese über den Kopf stülpen und um den Hals legen. Fast gleichzeitig griffen die anderen drei Soldaten mit ihren Stangen in die Ösen des Lederriemens. Die Stangen hielten den Oger in gebührendem Abstand zu seinen Häschern. Mit Hilfe einer feingliedrigen Kette zogen sie den Riemen eng um seinen Hals.
    Dann öffneten sie den Käfig, in dem Barrasch und Finnegan saßen.
    »Wo bringt ihr uns hin?«, wollte Barrasch wissen und erntete einen Schlag mit dem Schaft einer Armbrust in den Rücken.
    »Ihr haltet das Maul, bis man Euch etwas fragt. Habt Ihr das verstanden?«, brüllte einer der Soldaten.
    Barrasch, der nach dem Schlag in die Knie gegangen war, nickte gequält.
    Die Soldaten führten ihre Gefangenen zum Haupttor. Die Parole »Königsmacher« ließ die Wachen im Inneren des Tores das eiserne Gitter mit Hilfe von Kurbeln, Ketten und Umlenkrollen öffnen.
    Barrasch, Finnegan und Mogda wurden durch einen großzügig angelegten Park zur Residenz von Lord Sigurt gebracht.

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