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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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Tribert von Sigurt, der sich auf dem Thron räkelte wie ein Kind im Bett seines Vaters. Tribert besaß die Figur eines Elfen, die Grazie eines Zwergs, und in seinem Gesicht zeigten sich deutlich die familiären Charakteristika der Sigurts, die nicht gerade für ein Übermaß an Schönheit standen.
    »Na, wen haben wir denn da?« Sigurt setzte sich auf und schaffte es dennoch nicht, mit den Beinen den Boden zu berühren. »Wenn das nicht der altersschwache Hauptmann aus Osberg ist.«
    Sigurts Stimme klang krächzend, was seine Nase noch mehr wie einen Vogelschnabel erscheinen ließ.
    Zu beiden Seiten des Throns waren zwei persönliche Leibwachen von Lord Sigurt postiert. Rechter Hand, etwas hinter dem Thron, stand ein alter Mann mit kurzen grauen Haaren und einem lang gezwirbelten Bart. Seine schwere, dunkelblaue Robe wies ihn als Magier im Dienste der königlichen Familie aus.
    »Warum hat Lord Felton Euch geschickt?«
    Barrasch hatte keine sonderlich überzeugende Antwort auf die Frage parat.
    »Offiziell bin ich nicht mehr Hauptmann von Osberg. Meine Reise nach Turmstein war rein zufällig.«
    »Rein zufällig?«, keifte Lord Sigurt. »Dass ich nicht lache. Jeder weiß, dass Ihr immer noch die rechte Hand von Lord Felton seid. Außerdem habt Ihr versucht, eine Kreatur Tabals in die Mauern Turmsteins zu schmuggeln.«
    »Mein Name ist Mogda, und ich war schon oft ...«
    »Das Ungeheuer soll den Mund halten!«, schrie Sigurt und schlug mehrfach mit einer kurzen Lederknute auf die Armlehne seines Throns.
    Lord Sigurts Wachen wurden nervös. Sie schienen schon häufiger die Auswirkungen seines Unmutes gespürt zu haben.
    »Wir wissen doch alle, wie Ihr zu mir steht«, wandte sich der Lord wieder an Barrasch. »Letztes Mal ist es Euch noch geglückt, meine Ernennung zum Oberbefehlshaber zu boykottieren. Diesmal werdet Ihr mir keinen Knüppel zwischen die Beine werfen.«
    Barrasch hob den Kopf und sah Sigurt fest in die Augen. Er widerstand dem arroganten Blick seines Gegenübers.
    »Ich habe nicht gegen Euch gestimmt, weil ich einen persönlichen Groll gegen Euch hege. Ich habe dagegen gestimmt, weil ich der Meinung war, dass Ihr unfähig seid.«
    Lord Sigurt bebte vor Zorn. Die Knute in seiner Hand klopfte einen hämmernden Rhythmus auf die Seitenlehne des Throns.
    »Diesmal, Barrasch, brauche ich Eure Stimme nicht. Mein neues Ziel entspricht meiner wahren Befähigung. Innerhalb der nächsten Wochen werde ich zum König gekrönt werden. Ich werde über Nelbor herrschen, und Ihr könnt als Märchenonkel umherziehen und kleine Kinder erschrecken, dessen seid gewiss. Auch das ist nichts Persönliches.«
    So lächerlich dieser Gedanke auch sein mochte, so ernsthaft war Sigurts unbändiges Verlangen nach der Königskrone.
    »Ihr seid der Erste, der sich über die Situation im Lande zu freuen scheint«, bemerkte Barrasch sarkastisch.
    Die Unterstellung schien Lord Sigurt nicht sonderlich zu schocken. Ruhig erwiderte er: »Natürlich freue ich mich nicht über den Tod von König Wigold, und auch nicht darüber, dass das Land bedroht wird. Dennoch ist es so, dass die Umstände mir erlauben, mein Können unter Beweis zu stellen. Ich werde derjenige sein, der das Land zu Frieden und Reichtum führt. Mein Name wird auf immer und ewig in aller Munde sein. Ich werde unsterblich sein.«
    Barrasch war entsetzt über den Größenwahn des Lords und zugleich verblüfft von dessen Zuversicht.
    »Und wie im Namen Prios’ wollt Ihr das machen?«
    Sigurt legte die Knute an die Stirn, als wolle er die Zuhörer auf seine Genialität aufmerksam machen.
    »Ich werde dieses Land von der Last, die auf ihm liegt, befreien.«
    Er machte eine Pause, um den anderen die Möglichkeit zu geben, nach Einzelheiten seines klugen Plans zu fragen. Da die Gefangenen jedoch keine Anstalten dazu machten, schlug er mit dem Lederriemen nach hinten und erwischte den Hofmagier am Handrücken.
    »Und was gedenkt Ihr zu tun, Hoheit?«, fragte der Alte artig.
    »Ah, eine gute Frage. Da Euer geistiger Horizont nicht in der Lage sein dürfte, meine Gedanken zu erfassen, werde ich mein weiteres Vorgehen nur grob umreißen. Zuerst gebe ich den Elfen das, was sie verlangen.«
    »Und was wäre das, Eure Hoheit?«, fragte der Magier stellvertretend.
    »Die Zwerge natürlich. Die Elfen wollen am Volk der Zwerge Rache nehmen, weil sie von ihnen aus Nelbor vertrieben wurden.«
    »Das Volk von König Braktobil ist bereits so gut wie ausgelöscht«, gab Barrasch zu bedenken.

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