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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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ließen feinen Marmorstaub auf den Kopf des Barbaren rieseln.
    »Du musst dein Gewicht besser verteilen«, mahnte Wulbart.
    Mogda drehte vorsichtig den Kopf und schenkte dem Barbaren aus den Augenwinkeln einen vernichtenden Blick.
    »Ich versuche, mich zu konzentrieren, damit sich unser Gewicht nicht gleichmäßig über die Fliesen verteilt. Wäre es zu viel verlangt, einfach die Schnauze zu halten?«
    Mogda spürte, wie ihm der Schweiß über den Rücken rann. In all seinen Kämpfen hatte er nicht so geschwitzt, nicht einmal in der prallen Sonne der Roten Wüste. Ein raschelndes Geräusch ließ ihn seinen Kopf vorsichtig über den Rand der ersten Plattform strecken. Vor ihm hockte, je nach Betrachtungsweise, Libriandus oder Lord Sigurt. Das Schwert zitternd erhoben saß er auf dem Boden und zielte auf den Oger. Als er die Ankömmlinge erkannte, ließ er die Klinge erschöpft sinken.
    »Gib mir das Fläschchen. Ich brauche meinen Körper zurück, um meine Magie einsetzen zu können«, flehte er außer Atem.
    Mogda erklomm die restlichen Stufen, blieb jedoch voller Misstrauen gegenüber der Konstruktion am Rand der Plattform stehen. Libriandus saß gegen einen großen ovalen Holztisch gelehnt und schüttelte verzweifelt den Kopf. Unmengen von Papieren und Büchern waren vom Tisch gefegt worden und lagen verstreut auf dem Boden. Neben sich hatte der Zauberer eine Karaffe Wein stehen, aus der er hastig einen Schluck nahm. Auf den Tisch hinter ihm hatten die Soldaten seinen reglosen Körper gebettet. Das Ganze wirkte auf Mogda wie eine skurrile Totenzeremonie, nur waren weder der König noch der Magier tot; jedenfalls nicht wirklich – noch nicht.
    »Jammer nicht!«, blaffte Mogda den Magier an. »Andere wären froh, König zu sein. Sag uns lieber, ob hier einer der Elfen vorbeigekommen ist.«
    Libriandus hatte nicht mehr die Kraft, sich mit dem Oger auseinander zu setzen. Wortlos deutete er nach oben.
    »Ist er allein?«, wollte Mogda wissen.
    Der Magier zuckte mit den Achseln.
    »Nimm ihn mit«, sagte Mogda zu Wulbart. »Vielleicht können wir seine königliche Hoheit noch gebrauchen.«
    »Warum ich?«, fragte Wulbart unschlüssig.
    »Weil ich dir zwei Mal das Leben gerettet habe und es nicht bereuen möchte; deshalb.«
    Noch während sich Wulbart widerwillig an Mogda vorbeidrängte, hatte sich Libriandus erhoben und kam zu ihnen.
    »Wenn ich euch helfe, den Stein zu finden, gebt ihr mir dann die Flasche?«
    »Wie oft muss ich es noch wiederholen, Magier? Wenn ich den Stein habe und wir aus der Stadt heraus sind, dann kannst du das Ding haben und damit machen, was du willst – vorher nicht.«
    Libriandus blieb keine Wahl. Er war nicht in der Lage, Forderungen zu stellen. Er musste sich entscheiden. Entweder blieb er weiter bei seinem Körper sitzen, den er ohnehin nicht schützen konnte, wenn es ernst wurde, oder er begleitete den Oger, um zumindest in der Nähe der Phiole zu sein.
    Mogda schickte den Magier voraus. Er traute ihm nicht. Nach außen hin verfolgte Libriandus zwar dieselben Ziele wie Lord Felton und dessen undurchsichtiger Handlanger Haran. Doch was bedeutete das schon in Bezug auf die Machtbesessenheit der Menschen?
    Je höher sie stiegen, desto stabiler schien die Treppe zu werden, gleichzeitig aber auch umso enger. Mogda beschäftigte sich vorrangig mit zwei Gedanken: Wenn die Treppe unter seinem Gewicht nachgab, würde er es dann schaffen, sich an einen Pfeiler zu klammern? Und wenn er stecken bleiben sollte, wo würde Wulbart drücken, um ihn frei zu bekommen?
    Die Befürchtungen des Ogers bewahrheiteten sich nicht. Stattdessen erreichten sie die Luke zum Dach. Libriandus stemmte sich zwei Mal erfolglos dagegen, zerrte an der Verriegelung und kam schließlich zu dem Schluss, dass von außen abgesperrt war. Mogda schob den schmächtigen Mann zur Seite und drückte mit der flachen Hand gegen die Bretter. Einen Moment später hörten sie, wie die Verriegelung aus dem Holz sprang und klirrend zu Boden fiel.
    »War nur verklemmt«, entschied Mogda, der sich nicht vorstellen konnte, dass man eine Tür mit einem so brüchigen Schloss versah.
    Einer nach dem anderen kletterten sie auf die Galerie des Magierturms. Das oberste Stockwerk maß immer noch zwanzig Schritt im Durchmesser und war umsäumt von einer zwei Fuß hohen Balustrade. Das kuppelförmige Dach darüber wurde von fünf massiven Marmorsäulen gestützt. Auf dem Boden waren die Säulen mit Obsidianplatten in Form eines Pentagramms verbunden.

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