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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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rudernden Armen versuchte, im Nichts Halt zu finden. Reflexartig griff Mogda in seine Tasche, zog die Phiole hervor und warf sie auf den Boden, wo er sie mit dem Fuß zerstampfte.
    »Wie schnell ist eine Seele?«, fragte Mogda Wulbart, der ihn entgeistert ansah, um dann mit den Schultern zu zucken.
    »Ich will hoffen, sie hat ihn eingeholt, bevor er unten aufschlägt.«
    Mogda fühlte etwas Zähflüssiges, Warmes auf seine Stirn tropfen. Es kroch seine Braue entlang und rann in sein Auge. Ein roter Schleier legte sich über alles. Erst jetzt begriff er. Blut tropfte vom Dach, und es konnte nur von dem Elfen stammen. Mogda stemmte sich gegen die Verstrebung über seinem Kopf. Mit aller Gewalt riss er an dem Querbalken und schlug mit den Fäusten auf die Schindeln ein. Er wütete so lange, bis er seinen Oberkörper durch die losen Ziegel zwängen konnte.
    In der Mitte des Dachs kniete der Elf. Hinter ihm stand einer seiner dunklen Brüder und griff mit einer Hand in den geöffneten Brustkorb seines Opfers. Es war Sabriel. Er zog die blutverschmierte Hand aus dem Körper des Elfen. Zwischen seinen Fingern glitzerte ein grün schimmernder Kristall von der Größe eines Dolches. Sabriel hatte den Funken der Götter gefunden, der in der Brust seines Bruders geruht hatte. Er stieß den sterbenden Elfen beiseite, bis dieser langsam vom Dach rutschte.
    »Du wirst das Meer nie wiedersehen, Sabriel!«, brüllte Mogda. »Ich werde dich töten, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
    Mogda schlug mit dem Runenschwert auf das Dach ein. Holz und Schindeln wurden umhergeschleudert und stürzten in die Tiefe. Immer weiter trieb der Oger die Kerbe vorwärts.
    Sabriel blieb ganz ruhig. Vorsichtig rückwärts gehend näherte er sich dem Rand des Daches. Mogda hatte gerade die mittlere Verstrebung erreicht, als Sabriel ihm zuzwinkerte, die Hand zum Gruß erhob und sich fallen ließ. Noch bevor sein Körper ganz nach hinten überkippte, verschwand er einfach, wie schon zuvor in den Zellen.
    Damit war der Stein verloren. Und mit ihm jegliche Hoffnung.

47
Niederlagen
    So schnell die Elfen ins Innere der Stadtmauern gelangt waren, so schnell verschwanden sie auch wieder. Nachdem sie in den Besitz des Steines gekommen waren, zogen sie sich zurück, sei es in die Erde, über die Stadtmauer oder einfach durch eines der Haupttore. Sie ließen jeden zurück, der es nicht wert war, sie in die neue Welt zu begleiten, darunter auch Verletzte und Tote ihrer eigenen Rasse.
    Mogda und Wulbart verließen den Turm auf demselben Wege, auf dem sie gekommen waren. In der Gewissheit, die Erfüllung der Prophezeiung nicht vereitelt zu haben, verlief ihr Abstieg weniger hastig als der Aufstieg.
    Auf der unteren Plattform angekommen stellten die beiden fest, dass der Körper von Libriandus verschwunden war. Mogda fühlte sich erleichtert. Ihm war der Magier vom ersten Moment an unsympathisch gewesen, doch an seinem ewig währenden seelenlosen Tod hätte er dennoch nicht schuld sein mögen. Die Erleichterung über die wundersame Rettung des Hofmagiers erfuhr jedoch einen gewaltigen Dämpfer, als Mogda in der Eingangshalle auf einen desorientiert wirkenden Libriandus traf. Wie in Trance schlurfte der Magier umher und bewegte sich so lange vorwärts, bis er mit etwas zusammenstieß. Dann blieb er einen Moment stehen, änderte die Richtung und schlurfte weiter.
    Nachdem er das Schauspiel eine Weile betrachtet hatte, schritt Mogda auf den Magier zu, hob ihn hoch und warf ihn sich über die Schulter.
    »Was machst du?«, fragte Wulbart verwundert.
    »Ich nehme ihn mit. Vielleicht können wir ihn noch gebrauchen«, erklärte Mogda.
    Auf dem Vorplatz herrschte wildes Durcheinander. Der Kampf gegen die Elfen war zwar beendet, doch nun galt es, brennende Gebäude zu löschen und zu retten, was noch zu retten war. Händler brachten ihre Waren in Sicherheit, Eltern suchten ihre Kinder und umgekehrt.
    Vor der umgestürzten Statue König Wigolds hatte sich ein ganzer Pulk aufgebrachter Bürger versammelt und schrie Verwünschungen der übelsten Art. Erst als Mogda und Wulbart näher kamen, erkannte der Oger den Grund für den Menschenauflauf. Dicht gedrängt standen die Leute um den übergroßen abgetrennten Marmorkopf ihres alten Herrschers. »Weg da!«, befahl Mogda der gaffenden Menge, die, durch das zornige Auftreten des Ogers erschreckt, sofort eine Gasse bildete. Aus dem linken Auge von König Wigold ragte zur Hälfte der Körper eines dunklen Elfen. Es war nicht

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