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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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irgendein Elf. Es war Sabriel-e-Chin, jener Elf, der zwei seiner Brüder und Schwestern getötet hatte, um in den Besitz des Steins zu gelangen. Sabriel war noch am Leben, aber gefangen im Stein. Sein Zauber hatte ihn zwar an dieselbe Stelle zurückgebracht, von der er gekommen war, jedoch war der Platz nicht mehr frei gewesen. Ein toter König hatte seine Flucht vereitelt. Mogda packte ihn an der Kehle und drückte mit dem Daumen gegen sein Kinn, sodass der Elf ihn anblicken musste.
    »Wo ist der Stein?«
    »Du kommst zu spät, Laune der Götter«, wisperte Sabriel. »So dicht wie oben auf dem Turm wirst du dem Funken der Götter nie wieder kommen. Illistantheè hält ihn bereits in Händen und wird das letzte bisschen Glut aus ihm herauspressen, genauso wie aus euren Göttern. Ihr seid die letzten Überlebenden einer sterbenden Welt. Wenn eure Gebeine längst im Boden verrottet sind, wird eine andere Rasse diese Welt bevölkern. Eine Rasse, die aus unserem Geschlecht hervorgehen wird.«
    »Du wagst es, mich Laune der Götter zu nennen?«, drohte Mogda. »Du warst einmal ein Elf, eines der erhabensten Wesen, die die Welt kennt. Schau dich jetzt an. Du bist nicht mehr als ein Sklave mit dem Geruch eines Fisches. Und was die Rasse betrifft, die nach uns kommt: Sei dir gewiss, du wirst ihr nicht mehr angehören.«
    Mogda legte den Magier Libriandus auf den Boden und zog sein Schwert.
    »Verzeiht mir, König Wigold«, flüsterte er. »Ihr habt da etwas im Auge.«
    Die Klinge schrammte über den Marmor und trennte Sabriels Oberkörper vom Steinkopf der Statue. Die Menge war begeistert. Jubelrufe, die den Oger hochleben ließen, wurden laut. Doch Mogda wusste, was diese Rufe wert waren. Noch vor wenigen Tagen hatten dieselben Menschen in der Arena seinen Tod gefordert. Er tröstet sich mit dem Gedanken, dass sie es nicht besser wussten und wahrscheinlich in der wenigen Zeit, die ihnen noch verblieb, auch nicht mehr lernen würden. Alles, was ihn interessierte, war, wie es seinen Gefolgsleuten am Nordtor ergangen war.
    Kurzerhand warf er sich Libriandus wieder über die Schulter und eilte zusammen mit Wulbart zum nördlichen Stadttor. Auf halbem Wege kamen sie an einem Tempel des Prios vorbei, der bis auf die Grundmauern niedergebrannt war. Der Priester kniete vor den schwelenden Überresten des Gotteshauses und hatte das Gesicht tief in den Hände vergraben. Um ihn herum standen Bürger Turmsteins, die sich vor Freude über den Rückzug der Elfen in die Arme fielen. Sie jubelten sich gegenseitig zu und priesen die Besonnenheit und Stärke ihrer Soldaten.
    Mogda hatte von beidem nichts gesehen. Die Wachen hatten genauso Reißaus genommen wie alle anderen. Dass sie sich jetzt als Helden feiern lassen konnten, hatten sie nur zweierlei Umständen zu verdanken: Ihre Verstecke waren gut gewählt, und die Elfen hatten gefunden, was sie suchten. Mogda war sich sicher, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die meisten Menschen dieselbe Hoffnungslosigkeit wie der Priester spüren würden.
    Auch wenn Turmstein dem Angriff der Elfen hilflos gegenüber gestanden hatte, am Nordtor herrschte bereits wieder militärische Ordnung. Sechs Wachen hatten sich an dem halb geöffneten Durchlass zur Stadt postiert und zeigten soldatisches Pflichtbewusstsein.
    »Wohin?«, fragte eine der Wachen und versperrte Mogda mit einem Speer den Weg. Ohne den Soldaten weiter zu beachten, griff Mogda nach der Waffe und zerbrach sie in zwei Teile.
    »Wir führen den Hofmagier etwas aus«, murmelte er und drängte sich durch das Nordtor nach draußen.
    Der eigentliche Kampf hatte von den Toren Turmsteins stattgefunden. Nur einen Steinwurf vom Stadttor entfernt bedeckten tote Krieger den Boden. Zuhauf lagen die Gefallenen im Schlamm, mit blutigen Wunden übersät und von den Überlebenden niedergetrampelt. Mogda konnte ihre Zahl nur schätzen, doch es mussten Hunderte sein. Neben toten Menschen und gefallenen Zwergenkriegern lagen auch die massigen Körper von Ogern.
    Mogda wusste, dass sich um sie keine ruhmreichen Legenden ranken würden. Diese Ehre wurde meist nur erfindungsreichen Feiglingen zuteil.
    Inmitten des Schlachtfelds erhob sich nur noch eine Hand voll Überlebender. Rator und Gnunt stützten Tastmar, dem der Schaft einer Lanze aus dem Oberschenkel ragte. Dranosil und drei weitere Zwerge suchten zwischen den Toten nach gefallenen Kameraden. Der Rest der tapferen Krieger hatte in dem aussichtslosen Kampf sein Leben verloren, unter ihnen auch

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