Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
Vom Netzwerk:
viele Bewohner Turmsteins, die sich den Ogern angeschlossen hatten. Es waren einfache Leute, bewaffnet mit Forken und allem, was sie hatten finden können. Für Mogda waren sie die eigentlichen Helden der Schlacht.
    Inzwischen hatten sich auch Cindiel, Barrasch und Finnegan sowie Kapitän Morrodak und ein Teil seiner Leute auf der Stadtmauer eingefunden. Stumm und regungslos standen sie auf den Zinnen und starrten auf das Schlachtfeld hinab.
    Mogda suchte sich einen Weg zwischen all den Leichen hindurch. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen. Der Schlamm, in dem er bei jedem Schritt knietief versank, hatte sich vom Blut rot verfärbt. Immer wieder stieß er im Morast gegen etwas, dass sich anfühlte wie die Gliedmaßen lebloser Körper. Mogda konnte sich nicht vorstellen, dass dies ein einzelner Mann getan haben sollte. Erwartungsvoll sah er Rator an, um zu erfahren, was hier passiert war. Der Kriegsoger zog jedoch mit gesenktem Haupt an ihm vorüber, um Tastmar den zersplitterten Lanzenrest aus dem Oberschenkel zu ziehen.
    »Was ist passiert?«, wollte Mogda von Dranosil wissen, der bis zu den Hüften im Schlamm stand und verzweifelt am Arm eines Zwergenkriegers zog. Mogda half ihm, seinen toten Kameraden zu bergen.
    »Wir waren etwa fünfzig, als wir bei strömenden Regen durch das Nordtor stürmten«, begann Dranosil. »Der Wanderer schien gar keine Notiz von uns zu nehmen. Er stand nur da und hatte die Arme zum Himmel erhoben. Ich wusste zuerst nicht, was mit ihm nicht stimmte, doch schon bald war es offensichtlich. Wir alle versanken im Schlamm, nur er allein stand trockenen Fußes darauf. Während unsere Kraft vom mühsamen Vorankommen im Morast aufgezehrt wurde, streckte er seine Arme einfach in den Himmel. Wir waren keine dreißig Schritt mehr von ihm entfernt, da zuckten die ersten Blitze vom Himmel. Es war nicht wie bei einem Gewitter, sondern die weißen Finger der Götter suchten nach uns. Einer nach dem anderen wurde vom Blitz gepackt und in die Erde gestampft. Alles, was von ihnen übrig blieb, war ein brodelnder Haufen Schlamm am Boden. Rator und die anderen Oger erreichten den Wanderer als Erste. Voller Wut schlugen sie auf ihn ein. Der Wanderer war flink und schnell wie ein Elf im Wald. Keine Klinge konnte ihn erreichen, kein Krieger ihn packen. Rator stieß sich vom Rücken eines gefallenen Ogers ab und führte seine Axt mit einem mächtigen Schlag gegen die Brust des Wanderers. Doch dessen Körper wurde nicht zerteilt wie der eines Sterblichen. Stattdessen rutschte der Wanderer nur einige Meter rückwärts – genau in die Reichweite meines Zwergenhammers. Ich drosch auf seine Beine ein, doch die Knochen wollten nicht brechen. Er entriss mir den Hammer ... Nie zuvor hat jemand Hand an meine Waffe gelegt.«
    Dranosil hatte Tränen in den Augen. Er musste schlucken, bevor er weitersprechen konnte.
    »Er brauchte nur einen Schlag. Mit meiner eigenen Waffe enthauptete er meinen besten Freund. Immer mehr Bürger Turmsteins kamen uns zu Hilfe. Mit und ohne Waffen, beritten oder zu Fuß. Einer nach dem anderen fiel durch seine eigene Waffe oder die eines Freundes. Als nur noch eine Hand voll Kämpfer übrig war, versank der Wanderer plötzlich im Boden und blieb verschwunden. Er hat hundert und mehr von uns getötet, und wir konnten ihn nicht einmal verletzen. Er ist kein Mensch, auch kein Zauberer oder Dämon. Wahrscheinlich ein Gott und unsterblich!«
    Rator hatte die Worte des Zwerges gehört. Wutentbrannt sprang er auf, stieß Mogda beiseite und zog den Zwerg aus dem Schlamm. Er hielt ihm die blutigen Splitter der Lanze hin.
    »Mann ohne Schuhe nicht sein Gott. Gott nicht kämpfen mit Waffen. Du einfach sterben, wenn Gott kommen. Er nicht gewagt, Rator zurücklassen. Er gewusst, Rator kommen wieder für Rache, für töten Mann ohne Schuhe.«
    Rator meinte es ernst. Und Mogda wusste, dass er sein eigenes Leben und das eines jeden anderen opfern würde, um den Wanderer wiederzufinden.

48
Die Vision
    Es schien, als sei mit den Elfen auch der Regen weitergezogen, und als der letzte Tote geborgen war, brach die Nacht herein. Oger und Zwerge hatten ihre gefallenen Kameraden vor der Stadtmauer aufgebahrt. Nach größeren Schlachten geschah es oft, dass man die Leichen von Freund und Feind zusammen in ausgehobene Gruben warf und ihre Körper sofort mit Erde bedeckte. Zu groß war die Gefahr von Seuchen und Krankheiten. Außerdem wollte man verhindern, dass sich Aasfresser oder Leichenfledderer an

Weitere Kostenlose Bücher