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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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Frauen und Kinder.«
    Der Unterton in Rators Stimme passte Mogda gar nicht. Die Worte enthielten den kaum verhohlenen Vorwurf der Feigheit. Der Kriegsoger sollte es eigentlich besser wissen. Sie waren lange genug zusammen unterwegs gewesen und hatten viel gemeinsam erlebt – zu viel für eine solche Beleidigung.
    »Auch ich will den Wanderer finden«, stellte Mogda klar. »Ich sehe aber nicht nur meinen Stolz, ich will auch den Stein zurückholen, um das zu verhindern, was die Elfen uns prophezeit haben.«
    »Er nicht geben freiwillig«, konterte Rator.
    »Es mag sein, dass wir kämpfen müssen, doch sollten wir uns vorbereiten. Wenn wir ihn töten, und er trägt den Stein nicht bei sich, ist alles verloren. Umgekehrt wird aber ein Schuh daraus: Haben wir erst den Stein, dann haben wir auch den Wanderer.«
    »Du haben Schuhe von Wanderer?«
    Mogda suchte noch nach einer passenden Antwort, als sich plötzlich Libriandus wie ein Schlafwandler zwischen sie drängte und versuchte, Hagmu beiseite zu drücken.
    »Wer sein das?«, fragte dieser, ohne auch nur die geringsten Anstalten zu machen, aus dem Weg zu gehen.
    »Jemand, der vielleicht weiß, wo wir die Schuhe finden«, erklärte Mogda und hoffte inständig, nicht vollkommen falsch zu liegen.
    Mogda packte Libriandus am Genick und führte ihn um den Kriegsoger herum. Es dauerte nicht lange, und der Hofmagier schlurfte weiter seines Weges. Unter den verständnislosen Blicken seiner Kameraden trottete Mogda hinter ihm her. Libriandus war vielleicht nicht bei Sinnen, doch die Zielstrebigkeit, mit der er pfeilgerade durch das Lager der Oger schlich, gab Mogda die Zuversicht, dass etwas tief in ihm wusste, was er tat. Mürrisch machten die erschöpften Oger Platz, als Mogda sie aus dem Weg scheuchte. Der tiefe Schlamm machte dem Magier zu schaffen, aber er hielt ihn nicht auf. Mogda hoffte, dass Libriandus ihn schnell an sein Ziel führen würde, wie auch immer dies aussehen mochte. Mogdas Hoffnung wurde jedoch enttäuscht. Das Heer der Oger lag bereits weit hinter ihnen, und das Feuer war nur noch als heller Punkt in der Dunkelheit auszumachen.
    »Tut mir leid«, nörgelte der Oger, »ich habe wohl einfach nicht zugehört, als du gesagt hast: ›Nimm Fackeln und Verpflegung mit, es ist ein weiter Weg!‹«
    Wie auf Befehl blieb der Magier stehen. Mogda musste aufpassen, ihn im Dunkeln nicht umzurennen.
    »Oh, sei nicht gleich eingeschnappt«, sagte Mogda. »Bis jetzt kommen wir beide doch ganz gut miteinander klar, oder?«
    Er schlich um Libriandus herum und kniete sich vor ihn auf den Boden, um ihm ins Gesicht schauen zu können. Das fahle Mondlicht ließ den Magier noch bleicher erscheinen, als er ohnehin schon war. Noch immer waren seine Augen glasig und sein Gesichtsausdruck starr.
    »Das ist jetzt nicht dein Ernst! Ich kann nur hoffen, dass du dich bloß einen Augenblick ausruhen musst«, fluchte Mogda. »Wenn das deine persönliche Rache dafür sein soll, dass du geistig etwas eingeschränkt bist, muss ich dich darauf hinweisen, dass es noch schlimmer kommen kann.«
    Libriandus verzog weiterhin keine Miene. Mogdas Worte liefen ins Leere, und er war sich nicht einmal sicher, ob der Magier ihn überhaupt hören konnte.
    »Nehmen wir einmal an, ich würde ohne dich zurückkommen; glaubst du wirklich, irgendjemand ...«
    Der Oger brach mitten im Satz ab. Jemand pustete ihm heißen Atem in den Nacken – und zwar von oben. Ganz vorsichtig drehte er den Kopf. Der nächste Atemzug stach beißend in seine Schleimhäute. Direkt vor ihm tropfte ätzender Speichel zu Boden und fraß sich zischend in die Kiesel. Dies und die Tatsache, dass er nichts außer einer Reihe von Zähnen sah, bestätigte ihm, dass der Drache den Kampf überlebt hatte.
    »So sieht deine Rache also aus, Magus«, grollte Mogda. »Was von dir übrig ist, könnte man in der Pfeife rauchen, und deshalb bedienst du dich eines Drachen. Ich schwöre dir, bevor er mich verschlingt, schaffe ich es noch, dich zu erwürgen.«
    Der Drache schnaufte verächtlich, worauf Mogda den Kopf zur Seite drehte, um nicht zu ersticken.
    »Du suchst nach Antworten, Oger?«, drang die kehlige Stimme aus dem Mund des Magiers. »Dann nutze das Geschenk unseres Gottes.«
    Geschenk unseres Gottes , wiederholte Mogda in Gedanken. Nicht Libriandus bediente sich des Drachen, sondern es war der Drache, der den Magier hierher geführt hatte und nun durch den menschlichen Körper zu ihm sprach. Dennoch konnte er nicht glauben, was die

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