Der Rubin der Oger
hatte auf sich wirken lassen, brach sie in schallendes Lachen aus. Im gleichen Moment löste sich auch Mogdas Anspannung, und er stimmte mit ein.
Sie alberten noch einige Zeit miteinander herum. Cindiel wollte gerade zurück ins Haus gehen, um für sie etwas zu trinken zu holen, als erneut gegen die Tür gehämmert wurde.
»Hast du noch jemanden mitgebracht?«, fragte Cindiel verwundert.
»Vielleicht ist es Hagrim«, vermutete Mogda, »oder ein Kunde?«
Cindiel schüttelte den Kopf.
»Meine Kunden sind meist etwas diskreter, und Hagrim klopft immer nur einmal, nämlich dann, wenn er sturzbesoffen mit dem Kopf gegen die Tür knallt und davor liegen bleibt.«
Cindiel ging leise zum Fenster an der Vorderseite und wagte einen vorsichtigen Blick durch die Fensterläden.
»Das glaubst du nicht«, murmelte sie.
Mogda streckte neugierig den Kopf zur Hintertür herein.
»Mach die Tür auf, Hexe, ich weiß, dass er da drin ist«, schrie eine rabiate Männerstimme von der Straße.
»Ein eifersüchtiger Liebhaber?«, fragte Mogda.
Cindiel schüttelte hastig den Kopf und zog sich langsam vom Fenster zurück.
»Da draußen steht eine ganze Horde«, flüsterte sie Mogda zu. »Sie sind bewaffnet, mit Heugabeln und Fackeln. Verhalte dich lieber ruhig, ich versuche, das zu regeln.«
Sie ging zum Eingang und zog den hölzernen Riegel zurück. Dann öffnete sie die Tür einen Spalt und steckte den Kopf hinaus.
»Was wollt ihr? Ich werde die Stadtwachen rufen, wenn ihr nicht gleich verschwindet.«
Mogda hörte, wie jemand die Veranda betrat, und der Schein einer Fackel fiel durch den Türspalt ins Innere der Hütte.
»Wir wissen, dass du dieses Vieh beherbergst. Übergib ihn uns, dann wir lassen dich in Frieden.«
Mogda erkannte die Stimme des Mannes wieder. Es war derselbe, der versucht hatte, ihn vor der Stadt mit seinen Schergen zu überfallen.
»Was soll Mogda denn getan haben?«, fragte Cindiel, die sich ihre Unsicherheit nicht anmerken ließ.
»Er hat einen der Händler am Pass getötet, und danach hat er dieses Pferd dort vorn gestohlen«, hörte er den Mann sagen.
»Das ist die Strafe des Prios dafür, dass wir uns mit den Kreaturen Tabals eingelassen haben. Er ist das Übel in dieser Stadt, deswegen straft er uns mit der Vernichtung unserer Ernten.«
Auch diese Stimme kannte Mogda, es war der Priester aus dem Tempel, der seine Warnung anscheinend doch nicht verstanden hatte.
»Bring ihn heraus, damit wir ihn lynchen können, oder wir brennen dein Haus nieder«, schrie der Mann am Eingang.
Cindiel knallte die Tür zu und schob den Riegel vor.
»Was heißt lynchen?« , fragte Mogda Cindiel, die ziemlich ratlos vor ihm stand.
»Sie wollen dich hängen«, erklärte sie fassungslos.
Mogda kroch langsam aus seiner Behausung hervor.
»Wo willst du hin?«
»Ich glaube, die Leute vor dem Haus sind aufgebracht und verwirrt. Ich werde sie auf altherkömmliche Ogerweise wieder beruhigen. Außerdem möchte ich mir das mit dem Hängen gern selber anhören. Überdies haben sie mein Pferd, und das will ich wiederhaben.«
Cindiel blieb keine Zeit Mogda daran zu hindern, diese Dummheit zu begehen. Aber sie hätte ohnehin nicht gewusst, wie man einen achthundert Pfund schweren Oger davon abhalten sollte, irgendwo hinzugehen. Stattdessen stürmte sie zur Vorderseite und riss die Tür auf. Doch noch bevor sie die Menschen vor ihrem Haus anbrüllen konnte, hörte sie die keifende Stimme von Frau Mergil, die aus ihrem Küchenfester brüllte.
»Hier ist das Vieh, holt ihn euch!«
Etwas zögerlich bewegten sich die Ersten zum Hinterhof des kleinen Hauses, als Mogda ihnen entgegenkam. Das riesige Runenschwert hing an seiner Seite. Er hatte es in den letzten Jahren nur selten gezogen, und wenn, dann nur, wenn er wusste, dass es um Leben und Tod ging. Ein Schwert gegen Hüttenbauer ohne Kampferfahrung zu ziehen, die mit landwirtschaftlichen Arbeitsgeräten bewaffnet waren, erschien ihm ehrlos und feige.
Nachdem die erste Verwirrung über ihren schnellen Fang und dessen körperlichen Ausmaße verflogen war, schrie einer aus dem Pulk: »Los, fesselt ihn!«, und warf ein Hanfseil über die Köpfe der anderen, genau vor Mogdas Füße.
Der Händler, dem die Kraft des Ogers noch allzu gut in Erinnerung war, tippelte unentschlossen von einem Bein aufs andere. Erst als Mogda sich bereitwillig umdrehte und seine Arme hinter dem Rücken verschränkte, fasste er sich ein Herz und zog das Seil um die Handgelenke seines
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