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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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den Söldnern der Meister zu rächen. Der Hass, der in dem kleinen Steinvolk schwelte, konnte nicht gestillt werden, egal wie viele Trolle sie töteten. Sie würden so lange weitermachen, bis es keine Trolle mehr gab ... oder keine Zwerge mehr.
    Dies war eine Hoffnung, eine neue Hoffnung, die erst seit wenigen Wochen in Nokrat schlummerte. Geboren worden war sie durch eine Stimme in der Nacht. Nokrat wusste nicht, ob es nur ein Traum war oder ob wirklich jemand zu ihm gesprochen hatte, doch im Grunde genommen war es egal, er musste diesen Funken Hoffnung lebendig halten.
    Die Stimme wies ihn an, alle Trolle, Orks und Goblins um sich zu scharen, die er finden konnte, dann sollte er sie in die Nähe des alten Durchbruchs zum Meer führen. Danach sollte er allein am Ende des Zwergenpasses warten, bis die Stimme wieder zu ihm sprach.
    Und hier saß er nun seit mehreren Tagen und starrte gebannt auf die rote Steppe vor sich. Alles, was er gesehen hatte, war ein einzelner Zwerg, der den Pass hinauf zur Esse genommen hatte. Nokrat hatte überlegt, ihn zu töten, doch wollte er sich der Stimme nicht widersetzen, die ihn angewiesen hatte, sich ruhig zu verhalten. Mit etwas Pech wäre der Zwerg entkommen und hätte eine ganze Patrouille Verstärkung geholt. Abgesehen davon hielt Nokrat es nicht für unmöglich, dass vielleicht ein abtrünniger Zwerg zu ihm gesprochen hatte.
    Tagein, tagaus hockte er nun zwischen den Felsen und versuchte, jemanden oder irgendetwas zu erspähen. Der Hunger nagte an ihm, und er war gezwungen sich von kleinem Getier und Insekten zu ernähren. Trolle kamen wochenlang ohne Nahrung aus, doch wenn es ihnen möglich war, aßen sie so oft und so viel es ging. Am geeignetsten, um ihren Kampfeswillen zu schüren, war Fleisch von ihren Feinden. Das – so dachten sie – machte sie unbesiegbar.
    Während er wartete, stiegen langsam die ersten Zweifel in Nokrat hoch. Vielleicht war alles doch nur eine Einbildung gewesen? Aber wie sollte er das den Kriegern seines Volkes erklären, ohne sein Gesicht zu verlieren? Er war ihr Anführer. Er stammte aus der direkten Blutlinie des Trollkönigs Grind, und das allein machte jedes Wort von ihm zum Gesetz. Sollte er nun zu ihnen gehen und sagen, dass er unsichtbare Stimmen hörte, die zu ihm redeten? Einige würden über ihn lachen, andere wären enttäuscht. Aber die Trolle, die ihn auslachen würden, waren es nicht, die ihm die größten Sorgen machten, sondern es waren die, die versuchen würden, ihn zu töten und seinen Platz einzunehmen.
    Nokrat beobachtete gerade eine rotschwarze Eidechse, die drei Schritt von ihm entfernt auf einem Felsen in der Sonne lag, als ihm etwas Flüssigkeit ins Gesicht spritzte. Er blieb regungslos liegen. Es roch nach Urin, nicht besonders stark, aber stark genug, um es zu erkennen. Kein Tier wäre so dumm und instinktlos gewesen. Eigentlich gab es nur ein Wesen, das dazu im Stande war, sich selbst in so eine Lage zu bringen, nämlich ein Mensch.
    Nokrat wartete ab, bis die letzten Tropfen zu Boden fielen. Es war würdelos und peinlich, jemanden bei der Erledigung seines Geschäftes zu töten.
    Nokrats Muskeln spannten sich unter der behaarten Haut. Sein ungebetener Gast hatte ihn vermutlich noch nicht entdeckt. Er hörte kein Schwert, dass sanft aus der Scheide gezogen wurde und keine eiligen Schritte, die sich entfernten. Er musste etwas tun.
    Nokrat rollte sich schwungvoll auf den Rücken und stemmte sich mit einem Arm hoch. Der andere Arm war bereit, seine Krallen tief in das Fleisch seiner Beute zu treiben. Doch der tödliche Schlag blieb aus. Er blickte in das Gesicht eines jungen Mannes mit langem, blondem Haar. Entweder war dieser Mann blind und taub oder seines Lebens überdrüssig. Keine Gemütsregung war in seinem Gesicht zu erkennen, keine Angst, kein Hass.
    Immer noch bereit, zuzuschlagen, erhob sich Nokrat zu voller Größe. Er beugte seinen Kopf nach unten und schnüffelte an dem Mann herum wie ein Raubtier, das sich vor dem Verzehr von dem Geschmack seiner Beute vergewissern möchte.
    »Du bist kein Mensch«, knurrte Nokrat den Fremden an.
    Der junge Mann starrte ihm furchtlos in die Augen und bohrte seinen Blick tief in den Schädel des Trolls.
    »Damit hast du Recht und ich Glück. Andernfalls würde es wohl bedeuten, dass ich bereits tot wäre. Stimmt’s?«
    Nokrat nickte und versuchte, dem Blick des Mannes standzuhalten. Er hatte Angst zu zwinkern, da es ihm als Schwäche hätte ausgelegt werden können. Nach

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