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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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weiter nach vorn zu bewegen. In ihren Gesichtern spiegelte sich ihre Erschöpfung, und das spärliche Waffenarsenal verurteilte jeden Versuch der Gegenwehr zum Scheitern.
    »Springt«, wies Mogda sie an. Fassungslos starrten sie den Oger an, der sich vor ihnen aufgebaut hatte – wie ein Rachedämon vor seinen Opfern.
    »Springt!«, brüllte er. »Oder das, was ich mit euch mache, wird die Götter dazu zwingen, wegzusehen.«
    Die beiden Orks warfen einen ängstlichen Blick über die Schulter. Einer beugte sich nach vorne und ging in die Knie, um das Tau zu fassen. Mogdas Fuß schnellte hoch und traf ihn am Kinn. Der wuchtige Tritt ließ den Ork nach hinten wegkippen und in den Abgrund stürzen. Kein Laut drang aus seiner Kehle, und nur wenig später hörte man seinen Körper auf den Felsen aufschlagen. Der andere Ork drehte sich beherzt um und sprang mit rudernden Armen und Beinen ins Nichts.
    Mogda trat dichter an den Abgrund heran und schaute hinunter. Die beiden Körper der toten Orks lagen zerschmettert rund hundert Schritt in der Tiefe. Mogda wollte gerade zurücktreten, als er eine weitere Bewegung unter sich bemerkte. Dreißig Fuß unter ihm presste sich ein weiterer Ork dicht an die Wand. Er stand auf einem kleinen Vorsprung, der nicht größer war als die Sitzfläche eines Stuhls, und versuchte Halt zu finden. Mit einer Hand bemühte er sich darum, das Seil zu erreichen, doch das Ende baumelte zwar direkt vor ihm, pendelte aber trotzdem in für ihn unerreichbarer Ferne hin und her. Mogda wartete einen Moment, um vielleicht Zeuge eines entschlossenen Sprungs zu werden, doch der Ork schien zu erschöpft oder zu ängstlich zu sein, um alles zu wagen.
    Hart schabte die blutverschmierte Klinge des Runenschwertes über den Fels und zerteilte das rettende Seil.
    Als Mogda sich umdrehte, sah er in die entsetzten Gesichter seiner Begleiter, die ihr Versteck gerade verlassen hatten.
    »Das war äußerst beeindruckend«, sagte Barrasch, der als Erster seine Fassung wiedererlangte. »Leider hat es dich den erhofften Antworten nicht näher gebracht. Aber wenn du so weitermachst, wird irgendwann der Schuldige dabei sein.«
    »Du hättest umkommen können«, fiel Cindiel dem Hauptmann ins Wort. »Es war töricht, dich so beweisen zu wollen. Was ist nur los mit dir?«
    Mogda wischte seine Klinge am toten Körper des Trolls ab und steckte sie zurück in die Scheide. Er nahm den abgetrennten Kopf des Unholds und schleuderte ihn so weit er konnte in die Tiefe.
    »Das ist der Weg, den die Oger einschlagen sollten«, sagte er. »Ich habe ihnen und mir etwas vorgemacht. Ich dachte, wir könnten leben wie die Menschen, aber das ist nicht möglich. Wir sind keine fahrenden Händler, Kaufleute oder Minenarbeiter. Das haben alle erkannt, nur wir selbst nicht. Meine Intelligenz ist ein Geschenk und ein Fluch zugleich, doch ihr verdanke ich die Erkenntnis, dass wir nichts anderes sein sollten als Oger. Von jeher haben wir unsere Probleme mit Kraft und der Angst der anderen vor uns gelöst. So wie jetzt und hier, und das werden wir auch in Zukunft tun.«

16
Audienz beim König
    Das Schlafgemach war äußerst prunkvoll eingerichtet. Die exakt geschliffenen Edelsteinscheiben warfen das Licht der dahinter stehenden Öllampen auf gezielt ausgewählte Einrichtungsgegenstände und Kostbarkeiten, die im Raum geschmackvoll angeordnet waren. Hier befanden sich Wertgegenstände, die kostbarer waren als die kompletten Habseligkeiten einer mittelgroßen Stadt. Allein die Tür zu diesem Zimmer, die momentan durch eine hauchdünn geschliffene Turmalinscheibe in grünliches Licht getaucht wurde, hätte ausgereicht, um sich von ihrem Gegenwert einen Palast bauen zu lassen. Sie bestand zwar nur aus Eichenholz, war aber mit Intarsienarbeiten aus reinem Gold und Platin verziert. Fein säuberlich hatte man die Metalle in die dafür vorgesehenen Vertiefungen gegossen und damit das Bild eines Berges erschaffen. Unzählige Edelsteine waren dazu benutzt worden, die Szene lebendig wirken zu lassen. Baumkronen waren aus winzigen Juwelen geformt worden und ließen den Betrachter denken, der Wind streife durch die Blätter. Einen Pfad hinauf zum Gipfel hatte man mit Granat- und Rubinsplittern dargestellt, doch die größte Pracht lag in der eisbedeckten Bergspitze, deren weiße Haube im Glanz von Hunderten Diamanten und Aquamarinen schimmerte.
    So prunkvoll und aufwändig diese Tür auch gearbeitet war, hatte sie doch nicht verhindern können, dass in dieser

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