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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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Nacht jemand das Schlafgemach des Zwergenkönigs betreten hatte, dem es nicht zustand, hier zu sein.
    König Braktobil konnte schon seit Tagen keinen richtigen Schlaf mehr finden. Die jüngsten Ereignisse hatten ihn dazu gezwungen, eine Ratssitzung nach der anderen einzuberufen, um herauszufinden, was geschehen war. Noch immer war ihm die Katastrophe ein Rätsel, und die Kundschafter, die er ausgesandt hatte, waren noch nicht zurückgekehrt. Ugomasch, sein Berater, hatte ihm geraten, einen Trupp zum Drachenhorst zu senden, um den Ogern ihre Hilfe anzubieten und sicherzustellen, dass sie nicht glaubten, die Zwerge hätten sie hintergangen. Braktobil hatte diesen Vorschlag abgelehnt, da er befürchtete, die Oger würden wenig Verständnis für ihre Bemühungen zeigen und seine Leute töten, bevor sie Gelegenheit hätten, den Einsturz der Höhlen und die damit zusammenhängende Überflutung der Ogerlande zu klären.
    Heute Nacht jedoch hatte Braktobils Körper sein Recht gefordert. Der Zwergenkönig wälzte sich in unruhigem Schlaf hin und her. Träume, Gedanken und Ängste vermischten sich miteinander und marterten seinen Geist. Etwas zwang ihn schließlich, die Augen zu öffnen. Sein Körper sträubte sich dagegen, in einen Zustand zu verfallen, der tiefer war als der Schlaf. Das Blinzeln seiner Lider und das Befeuchten seiner Lippen mit der Zunge gab ihm das Gefühl, noch Herr über seinen Leib zu sein. Verschwommen nahm er eine Gestalt wahr, die hinter dem halbdurchsichtigen Vorhang seines Bettes saß.
    »Wer seid Ihr?«, lallte Braktobil, ohne zu wissen, ob es Traum oder Realität war.
    Der unbekannte Besucher drehte sich auf dem kleinen, hölzernen Schemel zu ihm und beugte sich vor.
    »Oh, Ihr seid zurück, das ist gut. Ich dachte schon, ich hätte bei der Dosierung einen Fehler gemacht und müsste auf Eure Hilfe verzichten.«
    König Braktobil glaubte, an der Stimme und dem Umriss des ungebetenen Gastes einen Menschen zu erkennen.
    »Wer seid Ihr, und was wollt Ihr hier?«
    »So ein König gefällt mir, ohne große Umschweife gleich zur Sache zu kommen«, entgegnete der Mann erfreut. »Um mich im Vorfeld schon einmal zu entschuldigen, muss ich sagen, dass es mir leid tut, aber ich war gezwungen, Euren Geist von großen Teilen Eures Körpers zu trennen. Ich wusste nicht, wie Ihr reagiert, wenn Ihr mich nachts in Eurem Schlafgemach antreffen würdet. Zu Eurem eigenen Schutz habe ich mir erlaubt, Euch von den Schultern abwärts zu lähmen.«
    Erst jetzt wurde dem König bewusst, dass Arme und Beine nicht mehr auf sein Kommando reagierten. Zwar spürte er sie noch, doch war er nicht in der Lage, sie Befehle ausführen zu lassen.
    »Um Eure Fragen zu beantworten«, fuhr der Mann fort, »ich bin niemand, den Ihr in Eurer Reich eingeladen hättet. Was meine Absichten betrifft, kann ich Euch nur eines sagen: Ich suche etwas, von dem ich weiß, dass Ihr es mir nicht freiwillig geben würdet. Es hat die Größe einer Faust, die Farbe von Blut, ist von unermesslichem Wert und wurde – soweit ich weiß – von jemand namens Glimdibur in Euer Reich gebracht.«
    »Glimdibur ist tot«, flüsterte König Braktobil.
    »Auch das ist mir bereits bekannt. Deswegen wende ich mich an Euch. Ich gehe davon aus, dass es nicht bei den Habseligkeiten war, die der Familie nach dem Tod des kleinen Buddlers übergeben wurde. So etwas wie das, was ich suche, reißen sich meist andere unter den Nagel. Wo ist der Kristall?«
    Braktobil schwieg. Der Unbekannte wartete jedoch nicht lange, sondern ging zielstrebig auf die hölzerne Truhe zu, die am Fußende des Bettes stand. Mit einem Handgriff riss er das Schloss aus seiner Verankerung und warf es achtlos zu Boden. Gierig öffnete er die Truhe und wühlte darin herum, bis er fand, wonach er suchte. Der König hatte den Rubinsplitter in ein blaues Seidentuch gewickelt, um ihn vor neugierigen Blicken zu schützen. Jetzt lag der kostbare Stein in der Hand des Fremden.
    »Werdet Ihr mich töten?«, fragte Braktobil ängstlich. Angesichts seiner Lage war ihm gerade bewusst geworden, dass das Leben ein teureres Gut war als jeder Reichtum. Jedenfalls, wenn es um sein eigenes Leben ging.
    Der Fremde lachte leise auf.
    »Ich bin doch kein feiger Meuchelmörder. Ein König legt nicht Hand an einen anderen König, das verbietet die Etikette. Die Schmutzarbeit überlassen wir unserem Gefolge. Und in diesem speziellen Fall bin ich besonders stolz auf mich, da es mir gelungen ist, jemanden zu finden, der noch

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