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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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nicht zurückdrängen ließ.
    Der Oger hatte auf einem Felsen, gut zehn Schritt vom Rand entfernt, Platz genommen und erwartete mit unerschütterlicher Geduld die Ankunft der Kletterer.
    Es verging noch gut eine halbe Stunde, bis der Lärm der ersten losgetretenen und in die Tiefe polternden Gesteinsbrocken von unterhalb des Gipfels zu hören war. Kurz darauf zeigte sich eine behaarte Klaue mit stark abgewetzten Krallen, die auf dem Vorsprung Halt zu finden suchte. Mit der Anmut und der Kraft einer Raubkatze zog sich ein Troll das letzte Stück zum Gipfel empor. Seine Knochenkeule hatte er beim Klettern nicht aus der Hand gelegt und reckte sie nun drohend Mogda entgegen, als er den Oger erblickte.
    Diese Art von Waffe hatte Oger schon häufiger gesehen. Es handelte sich um den Knochen eines Drachen. Viele Trolle hatten sich damit ausgerüstet. Für sie war es eine Art Symbol, das ausdrückte: Auch ich war dabei und habe auf der Seite der Meister gegen die Menschen und die verräterischen Oger gekämpft. Habt Acht, denn ich habe die Schlacht überlebt und werde sie weiterführen.
    Mogda saß immer noch unbeteiligt auf dem Felsen und starrte auf den Horizont.
    »Sieh mal einer an«, grollte der Troll. »Ein fetter Oger sitzt auf einem Berg und trauert seiner zerstörten Bleibe nach. Oder hast du nur Angst, dir nasse Füße zu holen?«
    Mogda richtete seinen Blick auf ihn.
    »Was weißt du darüber?«
    Kraftvoll und mit vorgebeugtem Oberkörper umrundete der Troll Mogda.
    »Ich weiß gar nichts «, verhöhnte ihn der Troll. »Und selbst wenn es nicht so wäre, würde ich es dir nicht sagen.«
    Ein Enterhaken traf klirrend auf den Felsen auf. An ihm war ein grobes Hanfseil befestigt, das über den Vorsprung in die Tiefe führte. Mit einem kräftigen Ruck verankerte sich das Eisen in einer Spalte. Der Troll trat heran und drückte es mit seinem Fuß tiefer in den Zwischenraum. Zur Kontrolle zog jemand von unten zweimal kurz am Seil, dann spannte es sich straff.
    »Was weißt du über den Einsturz der Berge und über die Flut?«, wiederholte Mogda seine Frage.
    Mit letzter Kraft erklomm ein Ork den Gipfel. Keuchend blieb er auf den Steinen liegen und schaute über den Rand in die Tiefe.
    »Was nützt es dir, die Wahrheit zu kennen?«, schnaubte der Troll. »Du würdest dein Wissen nur mit ins Grab nehmen, ohne jemandem davon erzählen zu können.«
    Jetzt hatte auch der Ork Mogda bemerkt und kam flink auf die Beine. Seine Kleidung war bis zur Taille mit getrocknetem roten Schlamm bedeckt. Anscheinend hatte er sich vor dem Aufstieg von seiner Rüstung getrennt, und als einzige Waffe hielt er einen einfachen Dolch in der Hand. Zwei weitere Orks erklommen soeben die sicheren Felsen. Auch sie trugen nur wenig Ausrüstung bei sich.
    »Schaut ihn euch an«, rief der Troll seinen Begleitern zu. »Anstatt sein Schwert zu ziehen und endlich zu kämpfen wie ein Krieger hockt er nur traurig da und sucht nach Antworten.«
    »Töte ihn, Zischgrat«, brachte einer der Orks keuchend hervor.
    Der Troll bewegte sich von hinten auf Mogda zu.
    »Die Antworten bekommst du dort unten, und ich werde dir helfen, sie zu finden«, schnaubte der Troll.
    Cindiel verfolgte die Szene aus ihrem Versteck heraus. Sie konnte nicht sagen, ob der spitze Flintstein zu Mogdas Füßen vorher schon dort gelegen oder ob er ihn vorausschauend dort platziert hatte. Sie sah nur, wie Mogda danach griff, von seinem Platz aufsprang und die steinerne Waffe von unten durch den Kiefer tief in den Kopf des Trolls bohrte. Alles, was sein Opfer von sich gab, war ein gurgelndes Geräusch. Rote Bläschen aus Blut und Speichel formten sich an den Mundwinkeln des Trolls, und als Mogda ihn losließ, sackte er vor ihm auf die Knie. Mogda trat einen Schritt zurück und zog das Runenschwert blank. Mit einem weit ausholenden Schlag trennte er den Kopf des Trolls vom Hals, drehte sich weiter, zog die Klinge wieder hoch und schnitt damit quer über die Brust des ersten Orks, der seinem Anführer zu Hilfe eilen wollte.
    Cindiel beobachtete den Kampf und ihren alten Freund genau. Sie sah, wie die Wut in ihm kochte und der Hass gegen jeden, der seinem Volk nicht wohl gesonnen war. Dennoch hatte er sich unter Kontrolle; die Art und Weise, in der er kämpfte, war kühl und überlegt. Mit ausgebreiteten Armen trat er vor die zwei übrigen Orks. Die eine Hand triefte vor Trollblut, die andere reckte das Runenschwert in den Himmel. Trotz des drohenden Abhangs hatten sie es nicht gewagt, sich

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