Der Rubin der Oger
druckste Barrasch herum.
Mogda lächelte. »Tarbur, stimmt’s?«
Der Hauptmann nickte.
Mogda bereitete alles für den Abstieg vor und hangelte sich als Erster auf das Plateau hinunter. Zwei Seile waren nötig, um das Gewicht des Ogers zu halten. Cindiel beobachtete seinen Abstieg missmutig.
»Was hast du vor?«, fragte sie den Hauptmann, als Mogda sie nicht mehr hören konnte.
»Nichts als genau das, was ich gesagt habe. Wir werden sehen, ob uns die Zwerge weiterhelfen können.«
»Er hat sich verändert.«
Barrasch blickte Mogda hinterher und nickte.
»Ja, und das wurde auch Zeit. Endlich denkt er nicht mehr, dass er nur ein zu groß geratener Mensch ist. Wir haben zusammen mit den Ogern gefeiert, als die Schlacht gewonnen war, wir haben versucht, ihnen ein neues Leben zu ermöglichen, und heute sind sie nicht mehr als billige Arbeitskräfte der Händler. Wir haben ihnen keinen Gefallen getan ... lediglich uns. Es wird Zeit, dass sie sich wieder auf das besinnen, was sie sind, nämlich Oger. Ich weiß genau, wie er sich gefühlt hat. Wie ein Krieger, den man nicht mehr braucht und der ständig von vergangenen Tagen spricht, um die Erinnerung zurückzuholen.«
Cindiel verstand, was er meinte, und sie erkannte auch, dass seine Worte nicht nur für Mogda und die Oger galten.
»Dann wollen wir mal sehen, ob die Belüftungsschächte der Zwerge größer sind als die Kanalisation in Osberg«, sagte sie und kletterte Mogda hinterher.
»Dort drüben ist der Einstieg«, sagte Barrasch und deutete auf eine Felsformation. »Wir müssen nur das Gestein abtragen, dann können wir in den Tunnel steigen.«
Als sie die Felsen erreicht hatten, war Finnegan der Erste, der zeigen wollte, was in ihm steckte. Schnell räumte er kleinere Steine beiseite und stapelte sie sorgfältig auf. Nach kurzer Zeit musste er feststellen, dass seine Kraft nicht ausreichte, um weitere Felsen zu bewegen.
»Will mir keiner helfen?«, fragte er.
Mogda erklärte ihm, dass es besser sei, zu warten, bis die Dunkelheit hereingebrochen war. Er wollte vermeiden, dass Tageslicht in den Tunnel fiel und die Zwerge vorzeitig gewarnt wurden.
»Glaubst du wirklich, die Zwerge haben die Wüste überflutet?«, fragte Cindiel Mogda, der mit einer gewissen Schadenfreude Finnegans erfolglose Anstrengung beobachtete.
»Nein, aber ich glaube, dass die Zwerge damit rechnen, dass wir Oger ihnen die Schuld geben. Sie werden nicht höflich fragen, um den Grund unseres Besuchs zu erfahren. Sie sind eben auch nur kleine Oger und keine besonders guten Diplomaten.«
Nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwunden war, erhob sich Mogda und machte dort weiter, wo Finnegan aufgehört hatte. In der Dunkelheit hörte man nur, wie ein schwerer Fels nach dem anderen weggerollt wurde.
Ein schwacher Lichtschein drang zwischen den Felsen hindurch, gab außer einigen Umrissen des Gewölbes unter ihnen jedoch nicht viel preis. Vom nächtlichen Schatten verhüllt ließen sich die vier in die endlosen Tunnel der Zwerge hinunter.
Mogda war froh, dass der Größenwahn der Zwerge, was den Bau von unterirdischen Gewölben anging, Auswirkungen auch auf die Ausmaße der Belüftungsschächte gehabt hatte; er konnte trotz seiner Größe aufrecht stehen.
Nicht weit vor ihnen ragte eine Fackel aus der Wand. Jemand musste vergessen haben, sie zu löschen, denn sie war bereits bis auf die lederne Einfassung herabgebrannt. Die Flamme flackerte leicht im Luftzug. Der Abschnitt, den sie betreten hatten, wirkte wie eine kleine Insel im Nichts, vor und hinter ihnen endete der Tunnel in absoluter Dunkelheit. Die Lüftungstunnel hatten wenig vom Glanz der großen Empfangshallen und Thronsäle, und dennoch hatten die Erbauer es nicht unterlassen, auch hier kostbare Verzierungen anzubringen. Entlang der Wände führte ein zwei Fuß breiter Streifen aus Marmor, in den aus Malachit die Silhouetten von Zwergenkriegern eingelassen waren.
Gebannt hielten sie einen Moment inne und warteten ab.
»Keine Wachen«, brummte Mogda fast enttäuscht.
»Er hat Recht«, bestätigte Barrasch. »Sie hätten uns schon längst entdeckt und Alarm geschlagen.«
Mogda löste die Fackel aus der Halterung und folgte dem Gang in westlicher Richtung, zum Herz der Zwergenesse. Die Stille, die sie umgab, wirkte beängstigend und schien sogar ihre eigenen Geräusche zu schlucken – wie die Dunkelheit das Licht ihrer Fackel. Schritt für Schritt wagten sie sich tiefer in den Tunnel hinein, doch außer den
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