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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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Wandverzierungen wies nichts darauf hin, dass sie wirklich vorankamen. Jeder Stein war ordentlich bearbeitet und glich dem benachbarten wie ein Haar dem anderen. Anscheinend besaß kein einziger einen Makel oder unterschied sich in Form, Größe und Färbung.
    Plötzlich zögerte Mogda und schwenkte die Fackel am ausgestreckten Arm von Wand zu Wand.
    »Da vorne ist etwas«, sagte er und starrte auf den Boden, wo sich in einiger Entfernung Licht und Schatten abwechselten. Mit gezogener Waffe schritt er langsam näher.
    Vor ihnen lag ein Zwerg auf der Erde, zusammengekrümmt wie ein Neugeborener. Er trug die lederne Wachuniform seines Volkes. Ein schmales, dunkelrotes Rinnsal getrockneten Blutes füllte die Fugen der Steine vor seiner Brust. Mogda drehte ihn auf den Rücken und sah die kleine, kreisrunde Einstichstelle unter seinem Herzen. Barrasch zwängte sich an Mogda vorbei und bückte sich, um den Puls des Bärtigen zu fühlen. Mit einem Kopfschütteln ließ er wieder von ihm ab.
    Der Zwerg konnte noch nicht lange tot sein, das Blut war noch nicht vollständig geronnen.
    »Hier ist etwas«, flüsterte Finnegan und eilte einige Schritte voraus zur Wand.
    »Nicht anfassen!«, rief Barrasch ihm zu. Er riss Mogda das Licht aus der Hand und eilte zu seinem Untergebenen. In der Wand steckte eine weitere Fackel. Er entzündete sie und löschte den Stumpen in seiner Hand. Einen Fuß unterhalb der Halterung ragte ein bronzener Hebel aus der Mauer, der nach oben zeigte. Der Knauf war reich verziert und stellte den Kopf eines Bullen dar. Barrasch schlug Finnegan mit Wucht auf den Handrücken, als dieser eben im Begriff war, den Hebel genauer zu untersuchen.
    »Das dient der Verteidigung«, erklärte er. »Wenn du den Hebel betätigst, stürzt wahrscheinlich der gesamte Tunnel ein und begräbt uns unter sich. Also lass gefälligst die Finger davon.«
    »Da liegt noch einer«, rief Finnegan und hastete weiter.
    »Der Junge ist schlimmer als ein Wurf junger Kätzchen«, brummte Barrasch.
    Finnegan hockte bereits über einem zweiten Zwerg, der etwas weiter den Gang hinunter lag.
    »Dieser ist auch tot«, stellte er fest. »Gegen wen haben die Zwerge wohl gekämpft?«
    »Sie haben nicht gekämpft«, erklärte Barrasch. »Ihre Waffen stecken noch in den Scheiden, und Zwerge, die im Kampf gefallen sind, sehen anders aus. Sie sind ausdauernde Streiter und können eine Menge einstecken. Die hier hat man mit einem einzigen Stich getötet.«
    »Vielleicht waren es ausgebil ...«, Finnegans Stimme erstarb.
    Mogda sah, wie der junge Soldat auf den Knien hockend vornüberfiel und auf den toten Zwerg sackte.
    »Angriff!«, brüllte Mogda und stieß Cindiel weg, die den Zwerg näher untersuchen wollte. Er griff nach dem massiven Rundschild der toten Wache und schleuderte ihn den Gang hinunter.
    Barrasch riss die Fackel aus der Wand und warf sie so weit er konnte in den Tunnel hinein. Wie Schatten huschten zwei Gestalten vor der Lichtquelle davon und hielten sich eng an der Wand, während sie mit fließenden Bewegungen den Rückzug antraten. Sie besaßen fast die Größe von Menschen und wirkten schlank und grazil. Ihre Kleidung bestand, soweit Mogda das erkennen konnte, aus einem einzigen dunklen Tuch, das sie sich übergeworfen hatten und bis zu den Knöcheln reichte. Die langen schwarzen Haare verbargen ihre Gesichter.
    Eine der Gestalten hielt drohend ein Blasrohr in Mogdas Richtung. Bevor er Genaueres erkennen konnte, war das Wesen im Dunkeln verschwunden.
    »Was waren das für Kerle?«, flüsterte Cindiel.
    »Keine Ahnung«, gestand Mogda. »Offenbar fürchten sie sich aber vor Feuer.«
    »Rück vorsichtig vor, Mogda, wir müssen zu Finnegan. Ich will wissen, was mit ihm passiert ist.«
    »Langsam, Prinzessin, vielleicht warten sie genau darauf.«
    Cindiel huschte an Mogda vorbei und krabbelte auf allen vieren zu dem zusammengebrochenen Soldaten.
    »Helft mir, er lebt«, rief sie, nachdem sie Finnegan untersucht hatte.
    Mogda nahm dem toten Zwerg den Kriegshammer, ein Kurzschwert und die verstärkte Lederschürze ab, dann eilten er und Barrasch Cindiel zu Hilfe.
    »Was ist mit ihm?«, fragte der Hauptmann.
    Cindiel drehte Finnegans Kopf auf die Seite und zeigte auf einen hölzernen Dorn, der in seinem Hals steckte. Mit zwei Fingern zog sie ihn vorsichtig heraus und betrachtete das kleine Geschoss.
    »Gift«, stellte sie fest. »Es muss sich um ein Betäubungs- oder Lähmungsgift handeln. Die Atmung ist stabil, und das Herz schlägt

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