Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
Vom Netzwerk:
solange bleiben, bis du mir mein restliches Gold bezahlt hast.«
    Hagrim ließ seinen Blick durch den Schankraum schweifen, um festzustellen, ob es Zeugen dieser peinlichen Unterredung gab, die ihn als Schnorrer erscheinen ließ.
    »Kein Wunder, dass niemand dein Etablissement besucht, wenn das deine Art ist, mit Gästen umzuspringen«, stellte Hagrim danach beruhigt fest.
    »Na, du Schlaumeier, ich dachte schon, es liegt daran, dass es früher Morgen ist und wir noch nicht geöffnet haben. Aber danke für deinen Tipp.«
    Meister Ostmir wischte einen nicht vorhandenen Fleck vom Tisch und stapfte wieder hinter seinen Tresen.
    »Seit wann bin ich hier?«, fragte Hagrim verwirrt.
    »Was war vorgestern für ein Tag?«, antwortete Ostmir mit einer gleichmütigen Gegenfrage.
    Hagrim schaute aus dem Fenster, um den Sonnenstand zu prüfen. Der Wirt hatte Recht, es war noch früh am Morgen. Peinlich berührt wendete sich Hagrim wieder seinem undefinierbaren Getränk zu.
    »Darf ich davon ausgehen, dass es sich bei dieser Plörre nicht um den Urin eines Stalltieres handelt?«, fragte er und drehte das Glas im Licht hin und her.
    Ostmir stützte sich mit den Ellenbogen auf den Tresen.
    »Lass es auf einen Versuch ankommen.«
    Vorsichtig nippte Hagrim an dem Glas.
    »Bei den gequälten Seelen der Toten, was ist das für ein Zeug?«
    Meister Ostmir konnte sich ein schadenfrohes Lachen nicht verkneifen.
    »Das ist schales, lauwarmes Bier von gestern Abend. Es gab nur zwei Möglichkeiten – es in den Rinnstein zu gießen, oder in dich. Und da beides im Grunde genommen dasselbe ist, dachte ich mir, ich mache dir eine Freude«, lachte der Wirt.
    Hagrim lagen schon einige Spitzfindigkeiten auf der Zunge, als er von einem Tross Reiter abgelenkt wurde, der die Straße heruntergeritten kam. Langsam und mit stolz erhobenen Häuptern ritten sie in Richtung Palast, gefolgt von einer Traube Menschen.
    »Die Elfen! Sie sind zurück«, hörte er begeisterte Rufe von der Straße schallen.
    Er sprang auf, kramte eine Kupfermünze aus der Tasche und ließ sie in das Glas fallen.
    »Als Dank für deine Bewirtung und Fürsorge, Ostmir. Aber hol das gute Stück lieber schnell wieder raus, bevor es verätzt.«
    Hagrim stolperte zur Tür und hätte beinahe seinen Wollmantel vergessen.
    »Da vertrödle ich hier mit Prinz Langweilig meine Zeit, und auf den Straßen von Osberg wird Geschichte geschrieben«, murmelte er kopfschüttelnd und verließ die Taverne.
    Auf der Straße wimmelte es von Leuten. Wie bei einer Prozession liefen sie hinter den Reitern her. Hagrim versuchte hüpfend einen flüchtigen Blick auf den Anfang des Umzuges zu erhaschen, doch die jubelnde Menge versperrte ihm die Sicht. An den Hausmauern entlang bahnte er sich einen Weg weiter nach vorn. Seine Neugier und die Auswirkungen der letzten Nacht ließen einige zu Dekorationszwecken aufgestellte Blumentöpfe zu Bruch gehen. Immer dichter gelangte er an die Spitze des Zuges.
    Unterwegs schnappte er ein paar Gesprächsfetzen auf.
    »... Elfen werden für mehr Sicherheit in Nelbor sorgen ...«
    »... die Kreaturen Tabals endgültig vernichten ...«
    »... wird seinen Platz an der Tafel der Götter verlieren ...«
    Für Hagrim war es nicht neu, wie schnell die Bürger vergaßen, verdrängten und neue Hoffnungen schöpften. Zu viele fromme Wünsche dieser Art hatte er schon gehört. Es dauerte nie lange, bis aus Geschichten Legenden wurden; und aus Wahrheiten Lügen. Kaum noch jemand in Osberg erinnerte sich daran, dass es eigentlich nicht der Zorn Tabals gewesen war, der die Unholde in die Schlacht geführt hatte, sondern dass es die Meister gewesen waren.
    Er musste an Cindiel denken, und wie sie in diesem Moment wohl aufgeregt hin- und herhüpfen würde, um eines der von ihr bewunderten Wesen sehen zu können. Er machte sich Sorgen um die junge Frau, doch er wusste auch, dass Mogda sie beschützen würde. Wahrscheinlich standen sie in diesem Moment in den Bergen und betrachteten das Naturschauspiel, das ihnen die überschwemmte Wüste bot. Natürlich hatte jeder in Osberg davon gehört, doch was er wusste, reichte noch nicht aus, um eine lohnende Geschichte daraus zu spinnen. Er hoffte, dies bei Cindiels Rückkehr nachholen zu können.
    Hagrim war endlich auf Höhe der Reiter angekommen. Die Elfen aus der Nähe betrachten zu können machte die bösen Blicke und wüsten Verwünschungen wegen seines rüpelhaften Benehmens allemal wett. Diese Wesen strahlten eine Anmut und Grazie aus,

Weitere Kostenlose Bücher