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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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Geschichtenerzähler völlig disqualifizierte.
    Zu Hagrims Enttäuschung sprachen die Elfen nur wenig. Die Stimme ihres Wortführers klang merkwürdig kehlig und wurde in regelmäßigen Abständen von einem schmatzenden Geräusch begleitet. Offenbar erlaubte es Lord Feltons Anstand nicht, sich nach den Gründen des Sprachfehlers zu erkundigen, jedenfalls erwähnte er ihn mit keiner Silbe.
    »Ich danke Euch für die Einladung und nehme sie gerne an«, sagte Felton. »Es ist mir eine große Ehre, die Rückkehr der Elfen nach Nelbor miterleben zu dürfen. Ich glaube, unseren beiden Völkern steht eine große, gemeinsame Zukunft bevor.«
    Mit diesen Worten schloss die Unterhaltung. Hagrim hätte gern noch einen Blick in das Zimmer geworfen, doch die Furcht, dabei entdeckt zu werden, ließ ihn unter dem Fenstersims verharren.
    Zwei Anläufe brauchte er, um sein Versteck verlassen zu können. Immer wieder kreuzten Wachen, die angelockt von den Elfen ihren üblichen Rundgang veränderten, seinen Fluchtweg durch die Ställe. Endlich hatte er die Unterkunft der Vierbeiner erreicht und war gespannt darauf, was sein langjähriger Freund und Informant Tindel, der auf die Pferde aufpassen musste, zu berichten hatte. Hagrim hoffte, dass einige der Elfen bei ihren Tieren geblieben waren und dem Stallmeister etwas über sich erzählt hatten.
    Als Hagrim das Stalltor hinter sich zuzog und den Riegel vorschob, bemerkte er die Unruhe, die unter den Tieren herrschte. Vom Stallmeister und seinem Gehilfen war nichts zu sehen. Lord Feltons weißer Hengst befand sich in einer der ersten Boxen. Das Tier stand auf der Stelle und stampfte aufgeregt mit einem Huf.
    »Tindel, bist du hier?«, fragte Hagrim im Flüsterton.
    Nichts tat sich, nur das ängstliche Schnauben der Pferde war zu hören. Langsam schritt der Geschichtenerzähler das Stallgebäude der Länge nach ab. Am hinteren Ende lag eine Heugabel auf der Erde, davor ein Bündel Stroh. Hagrim schaute zurück und sah, wie der weiße Hengst ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Weißer Schaum hatte sich vor seinen Nüstern gebildet, und das Tier kaute nervös auf seinem Zaumzeug herum.
    »Wenn ich jetzt auch noch deine Arbeit machen muss, will ich jedenfalls ein paar Neuigkeiten von dir hören, Tindel«, brummte Hagrim.
    Er bückte sich und nahm das Stroh auf, um es dem Hengst zu geben, da fiel sein Blick auf die dunkelrote Flüssigkeit, die sich darunter verbarg. Es mochte Dutzende von Erklärungen geben, warum hier im Stall eine Blutlache zu finden war, doch es gab nur eine, die ihn unwillkürlich schlucken ließ.
    Mit dem Stroh in der Hand näherte er sich vorsichtig Feltons Ross. Er hatte den Pferch noch nicht ganz erreicht, als er die blutigen Beine zwischen den Hufen des Pferdes entdeckte. Er senkte den Blick, versuchte zwischen den Latten des Gatters hindurchzuschauen und starrte schließlich in die toten Augen des Stallmeisters.
    Eine plausible Erklärung abzugeben, warum er hier war, was er hier suchte, was der Blutfleck dort machte und warum Tindel tot war, überstieg die Glaubwürdigkeit selbst des besten Geschichtenerzählers.
    Hagrim blieb keine andere Möglichkeit als die Flucht.

20
Der Höhlentroll
    »Wir sind keine Kundschafter oder Krieger. Wir sind Seeleute«, entgegnete Kapitän Morrodak, als Rator zu den schroffen Felsen hinaufzeigte.
    »Wo dein Schiff?«, erkundigte sich der Oger.
    »Du hast es selbst gesehen, es ist zerstört.«
    Rator reichte ihm das Ende eines Seils, das von Kruzmak in sechzig Fuß Höhe über ihnen gehalten wurde.
    »Dort du Kapitän, hier du Späher. Und auf Gipfel du Krieger«, erklärte Rator trocken.
    Das Verhalten der Oger gegenüber ihren Schützlingen hatte sich verändert. Rators Anweisungen ließen keinen Zweifel daran, dass sie den weiteren Weg gemeinsam zurücklegen würden. Er behandelte die Menschen nicht wie Gefangene, eher wie unmündige Kinder, die darauf zu hören hatten, was die Eltern ihnen sagten. Morrodak hingegen versuchte sich einzureden, die Oger wollten sie nur schützen; vor wem oder was auch immer.
    Am frühen Morgen hatte es einer der Seeleute gewagt, sich bei seinen Kameraden Unterstützung zu suchen, weil er die Route ändern wollte. Auf ein Zeichen von Rator hin hatte sich Gnunt den Mann geschnappt und unter den Arm geklemmt. Es war bereits Mittag, als er ihn wieder auf seine eigenen Füße setzte. Danach hatte niemand mehr gewagt, auch nur in eine andere Richtung zu blicken als die, welche Rator

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