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Der Rubin im Rauch

Der Rubin im Rauch

Titel: Der Rubin im Rauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Ahnung, wie die Nacht vorüberging; und auch nicht,
warum ich so Glück gehabt hab, denn am nächsten Tag hat uns ein
malaiisches Fischerboot aufgenommen. Wir haben keine Nahrung und
kein Wasser gehabt
-- wir hätten keine vierundzwanzig Stunden
überleben können. Sie haben uns bei ihrem Dorf an Land gesetzt, und
dann haben wir uns bis Singapur durchgeschlagen. Und dort..."
Er brach ab und rieb sich müde die Augen. Aber er ließ sie
geschlossen und die Hand darüber.
Frederick sagte leise: „Opium?"
Bedwell nickte.
„Ich bin in 'ne Opiumhöhle geraten und bin dem Zeug verfallen.
Eine Woche, zwei Wochen -- wer weiß? Perak hab ich auch verloren.
Alles hab ich verloren. Als ich wieder bei mir war, hab ich 'n Platz als
Vollmatrose auf 'nem Dampfer gefunden, der nach London unterwegs
war, und -- na, den Rest kennt ihr. Aber ihr wißt jetzt, warum das
Schiff untergegangen ist. Nicht wegen eines Riffs oder eines Taifuns
und auch nicht wegen der Versicherung.
So seh ich's wenigstens. Das Wort hat die Runde gemacht, daß Mr.
Lockhart an Bord war und Erkundigungen anstellte. Jemand hat den
Befehl gegeben, die Ladungen in Singapur auszuwechseln, um das
Schiff eine Woche lang im Hafen zu halten, so daß Ah Ling und seine
Rotte uns einholen konnte. Man wollte nur den Mord an Ihrem Vater
vertuschen, deshalb hat man das Schiff untergehen lassen. Ein
Todesfall hätte verdächtig ausgesehen, aber einer unter vielen in
einem Wrack, vor allem, wenn's keine Leichen mehr gibt -- na, das
sieht eben eher nach Schicksal aus.
Was ich nicht verstehen kann, ist, daß wir von Singapur aus zwei
Tage unterwegs waren. Aber eines hab ich im Osten gelernt, nämlich,
daß nichts ohne Grund geschieht; irgendwas hat sie bis zur Nacht vom
13. warten lassen, wo sie uns doch jederzeit vorher hätten angreifen
können... obwohl, ich glaub, wir sollten weg von den
Schiffahrtsstraßen. Irgend jemand hat das alles organisiert. Einer, der
mächtig und skrupellos ist und der in Singapur sitzt. Ich vermute, daß
die Geheimgesellschaft, von der ich berichtet hab, ihre Hände da im
Spiel gehabt hat. Sie bestrafen ihre Feinde, oder die, die sie verraten,
schrecklich. Aber was sie wohl verbergen..."
Es entstand eine Stille.
Sally stand auf, ging zum Feuer hinüber, legte noch eine Schaufel
voll Kohle auf die Glut und stocherte darin herum, so daß das Feuer
hell aufloderte.
„Mr. Bedwell, ist es möglich -- wenn man Opium nimmt -- ist es
möglich, daß einem Dinge einfallen, die man vergessen hatte?"
„Das ist schon oft passiert. Als ob man's noch einmal durchlebt.
Aber ich brauch kein Opium, um mich an die Nacht zu erinnern, als
die Lavinia sank... Warum fragen Sie?"
„Ach... ich hab da so was gehört. Aber da ist noch was -- diese
Geheimgesellschaften. Sie heißen Triads, oder?"
„Ganz richtig."
„Und Sie haben gesagt, daß die Firmenmakler Mitglieder waren?"
„'s ging das Gerücht."
„Wissen Sie, welche es war?"
„Ja. In dem Zusammenhang hab ich den Namen des Piraten Ah
Ling gehört. Man sagt, daß er das Oberhaupt der gleichnamigen
Gesellschaft sei. Sie hieß Fan Lin Society, Miss Lockhart -- ,Die
sieben Wohltaten'."
SALLYS WAFFE
    Am nächsten Morgen machte Sally einen Spaziergang, um über das,
was Matthew Bedwell ihr berichtet hatte, nachzudenken. Es war
feucht und kalt, und der Nebel in der Luft schien den Verkehrslärm zu
dämpfen. Langsam ging sie in Richtung Britisches Museum.
    Ihr Vater war also ermordet worden...
Sie hatte das natürlich vermutet -- Bedwells Geschichte bestätigte
nur ihre Befürchtungen. Aber es war jetzt noch schwieriger, das
Ganze zu entwirren: auch wenn die Bedeutung der ,Sieben Wohltaten'
nun klar war, warum sollte diese Gesellschaft mit einer
Schiffahrtsgesellschaft in Verbindung stehen? Und was für ein
Geheimnis hatten sie, das so wertvoll war, daß der Tod mehrerer
Männer nötig war, um es zu hüten? Mr. Higgs hatte es gekannt, aber
wie stand es mit Mr. Selby? Und wer war dieser Fremde, der Mann
aus dem Warwick Hotel, dessen Brief ihm solche Angst eingejagt
hatte? Und dann war da die Botschaft ihres sterbenden Vaters, zu
deren Überbringung Bedwell die halbe Welt umrundet hatte.
„Schau unter der Uhr..."
Sie wußte, welche Uhr er meinte. Ihr Haus in Norwood (das jetzt
vermietet war und dessen Mieteinnahmen ein magerer Zuschuß zu
ihrem Einkommen waren) hatte über dem Stall einen hölzernen
Glockenturm -- ein winziges, überflüssiges Gebäudeteil, das lustig
angemalt und

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