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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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beworben?«
    »Stipendium?«
    »Die Universität hat einen gewissen Etat, um junge Studenten, die nicht das Glück haben, reiche Eltern zu haben, zu unterstützen. Man bewirbt sich um das Stipendium, muss sich einer Prüfung unterziehen, und wenn man für geeignet befunden wurde, bekommt man Geld und einen Studienplatz.«
    »Habe ich denn eine Chance?«
    »Geh hin und finde es raus!«

Einsamkeit

    Nakeshi saß allein auf dem runden Felsen und betrachtete den weiten Nachthimmel über ihr. Es war eine klare, kalte Nacht, und die Sterne blinkten am Himmel wie die Tränensteine, die der weiße Mann Diamanten nannte. Vieles war anders geworden, seit Nakeshi zur Frau geworden war. Sie war nun ein vollwertiges Mitglied ihrer Buschmanngruppe mit allen Pflichten und Aufgaben. Anfangs hatte Chuka noch darauf bestanden, dass Nakeshi mit den anderen Frauen zum Feldkostsammeln ging, aber seit Sheshe weggegangen war, hatte sie sich zunehmend als Heilerin hervorgetan. Diese Aufgabe erfüllte sie und machte sie glücklich. Ihre Tante hatte ihr so vieles beigebracht. Immer wieder kam sie jedoch an einen Punkt, an dem sie so dringend ihren Rat gebraucht hätte. Sheshe fehlte ihr so!
    Der Mond stand als feine Sichel am Himmel und begann sich gerade wieder zu füllen - wie damals, als sie Sheshe zum letzten Mal gesehen hatte. So viel Zeit war seither vergangen. Jedes Mal, wenn der Mond sich erneuerte, hatte sie eine Kerbe in ihren Grabstock geritzt. Jetzt waren es so viele, wie ihre Hand Finger hatte. Wo mochte ihre Tante jetzt sein? Hatte sie wirklich die lange Wanderung unternommen? Warum war sie so neugierig? Nakeshi verstand es nicht. Hätte Sheshe die Antworten auf ihre Fragen nicht auch hier in ihrer Heimat finden können? Sie hatte mehrmals versucht, eine Verbindung zu ihrer Tante aufzubauen. Schließlich waren sie Sternenschwestern, aber als ihr Geist sich zu ihr vortastete und dem Sheshes begegnete, spürte
sie nur hoffnungsloser Traurigkeit. Dann war der Kontakt abgebrochen. Aus irgendeinem Grund hatte Sheshe ihr den Zugang zu ihrem Geist versperrt. Nakeshi war sehr traurig darüber. Sie wusste, was es bedeutete. Sheshe war nicht glücklich geworden. Sie litt und wollte nicht, dass sie davon erfuhr. Nakeshis Augen füllten sich mit Tränen. Sie hätte es verhindern können, wenn sie nicht auch so neugierig gewesen wäre. Noch einmal wanderten ihre Gedanken zurück, und sie erinnerte sich an jenen denkwürdigen Tag.
     
    Sie und Sheshe hatten sich beim Ausgraben von Wurzeln weit von ihrer Gruppe entfernt, als mit einem Mal die Landschaft von lautem Krach erfüllt wurde. Vom Horizont her näherte sich eine große Staubwolke, die allmählich Konturen annahm.
    »Weiße Männer«, meinte Sheshe, während sie mit der Hand ihre Augen beschattete, um besser Ausschau halten zu können. »Sie kommen hierher.«
    Nakeshi sprang auf und war plötzlich von einer merkwürdigen Erregung erfüllt.
    »Ich bin noch nie einem der weißen Langnasen begegnet! Debe nimmt mich nie mit, wenn er zu Kantla dem Großen geht. Ich möchte wissen, ob sie alle so aussehen wie die weiße Frau mit dem brennenden Haar aus der Anderswelt. Wir werden sie beobachten.«
    Sheshe sah Nakeshi skeptisch an.
    »Es sind Fremde. Sie könnten gefährlich sein. Debe würde uns raten zu verschwinden.«
    »Sie werden uns nicht sehen. Nun komm schon!«
    Nakeshi spürte, wie Sheshes Widerstand ziemlich bereitwillig zu bröckeln begann. Ihre Tante war mindestens genauso neugierig wie sie, denn es war äußerst ungewöhnlich, dass sich Weiße so weit in die Wüste vorwagten. Außerdem sah der Tross, der sich
auf sie zubewegte, äußerst merkwürdig aus. Ein riesiges, rollendes Holzgefährt, das von zwei hellbraunen Büffeln gezogen wurde, bewegte sich auf sie zu. Es wurde von drei hochgewachsenen Hereros geführt. Auf dem Gefährt saß ein dicker, rotgesichtiger Weißer mit einer Kopfbedeckung, die an einen Schildkrötenpanzer erinnerte. Auf seiner Nase trug er ein Gestell, das im Sonnenlicht unheimlich funkelte. Nakeshi fragte sich, ob der Mann damit vielleicht böse Geisterblicke abwenden wollte. Noch Ungewöhnlicher war jedoch das riesige Tier, das mit wiegendem Schritt dem Zug folgte. Die beiden Buschmannfrauen stießen bei seinem Anblick einen leisen, überraschten Schrei aus. Das langbeinige Ungetüm hatte einen Höcker auf dem Rücken und einen langen, nach vorn gebogenen Hals, darauf einen kleinen Kopf mit mongononussgroßen Augen. Auf dem Höcker saß ein zweiter

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