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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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dem Boden kauerten und ihre Fragen beantworteten. Nakeshi hielt sich zurück. Sie beobachtete jede Reaktion um sich herum, um im Notfall schnell verschwinden zu können, während Sheshe interessiert Hagenstolz’ Fragen beantwortete,
um kurz darauf eine Gegenfrage zu stellen. So erfuhren sie, dass das Höckertier ein Dromedar war und aus dem Norden stammte, wo es ebenfalls in einer Wüste lebte. Es kam mit wenig Wasser aus und sank dank seiner breiten Pfoten nicht einmal im tiefen Sand ein. Das Zauberauge und viele andere Dinge, die die Fremden mit sich führten, kamen aus der fernen Heimat. Hagenstolz stellte seine Heimat als wahres Paradies dar. Für alle Menschen gab es dort ausreichend Wasser und genügend zu essen. Kein Mensch musste Hunger leiden oder nachts frieren. Nakeshi hörte es und machte sich ihre eigenen Gedanken. Wasrum war dieser fremde Mann dann hier, wenn es in seiner Heimat so schön war? Ihr gefiel das Blitzen in seinen Augen nicht. Sie spürte Ehrgeiz und falsche Absichten. Seine Zunge redete süß, aber sein Blick war kalt und berechnend. Der Drang fortzugehen wurde plötzlich übergroß. Sie war dankbar für das reichliche Essen und das köstliche Wasser, aber nachdem sie sich satt gegessen hatte, drängte sie ihre Tante zum Aufbruch. Doch Sheshe machte keinerlei Anstalten, ihr zu folgen. Sie wollte immer mehr von den Fremden erfahren, über die rätselhaften Gegenstände, die sie mitführten, wie ihre Heimat aussah und was für Menschen darin lebten.
    Schließlich rückte Hagenstolz mit seiner Absicht heraus.
    »Ich bereise dieses Land, um nach klugen Menschen Ausschau zu halten, die sich für mein Land interessieren. Ich möchte sie einladen, mit mir zu kommen und unser Gast zu sein. Meine Landsleute wollen ebenfalls etwas über euch erfahren. Deshalb biete ich euch an, mit mir zu kommmen.«
    Aufmerksam musterte er die beiden Frauen.
    »In meinem Land werdet ihr wie Anführer behandelt werden. Ihr werdet alles haben, was ihr euch wünscht. Selbst unser oberster Anführer, der Kaiser Wilhelm, wird euch empfangen und ehren.«
    »Wir müssen nicht wie Anführer behandelt werden«, antwortete
Nakeshi stolz. »Jeder, der in unserer Gruppe etwas zu sagen hat, ist ein Anführer.«
    In Hagenstolz’ Augen blitzte es erneut auf. »Das ist ja wirklich höchst bemerkenswert«, murmelte er. »Ein Stamm, der sich demokratisch regiert!«
    Sein Interesse an ihnen wurde merklich stärker. Er wandte sich aufgeregt an seinen Mitreisenden und gestikulierte wild herum. Der Rotgesichtige nickte und stimmte zu. Hagenstolz setzte nun alles daran, sie zu dieser großen Reise zu überreden. Nur wendete er jetzt eine andere Taktik an. Er versuchte ihnen das Gefühl zu geben, etwas höchst Ungewöhnliches zu sein. Dann schenkte er Sheshe sein Zauberauge, was sie mit Entzücken entgegennahm. Nakeshi wurde immer mulmiger zumute, weil ihre Tante nicht zu bemerken schien, wie der Fremde sie einzuwickeln vermochte. Er lockte sie mit unglaublichen Geschichten und versprach ihr, sie in die Geheimnisse des Lebens einzuführen. In seiner Welt war angeblich alles möglich. Wenn sie nur mitkämen, würden sie alles erfahren, was sie jemals zu wissen begehrten. Sheshes Augen wurden immer größer. Alles klang so vielversprechend und unglaublich. Doch Nakeshi störte etwas. Einiges kam ihr seltsam bekannt vor. Und dann erinnerte sie sich an die Vision, die sie bei ihrer Initiation gehabt hatte. Noch einmal erblickte sie vor ihrem geistigen Auge die stampfenden drohenden Ungetüme, das grüne, kalte Land und die schrecklichen Höhlen mit den riesigen Löchern vor sich. Kalte Angst umfing sie und umkrampfte ihr Herz. Nein, das war kein Ort, an den ein Mensch ihres Volkes gehörte. Voller Abscheu sprang sie auf.
    »Wir dürfen dort nicht hingehen, Sheshe!«, rief sie. »Glaub mir, das ist ein Ort voller Kälte und Tod!«
    Sheshe reagierte gereizt.
    »Du redest wie deine Mutter Chuka«, meinte sie abfällig. »Dabei dachte ich, du seiest anders. Ich möchte mehr über diese
fremde Welt erfahren. Dann werde ich auch unsere Welt besser verstehen.«
    »Aber wieso? Du hast selbst gesagt, wir haben die Kraft unserer Visionen. Wir können mit dem Geist reisen. Das ist viel mehr!«
    »Die Visionen kann ich nicht beeinflussen. Sie hören immer auf, wenn ich kurz vor der Lösung eines Rätsels stehe«, sagte Sheshe nicht ohne Bitterkeit. »Jetzt habe ich die Möglichkeit, sie in der Hierwelt zu erkunden. Ich werde mit dem Fremden gehen und

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