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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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weißer Mann, der genauso komisch aussah wie das Tier, auf dem er saß. Seine spinnenartigen Beine hingen hilflos an den Flanken und suchten bei jedem wiegenden Schritt des Tieres krampfhaft nach Halt. Dennoch mühte sich der hagere Mann um eine stolze Haltung. In seiner rechten Hand hielt er ein merkwürdiges Rohr, das er vor ein Auge hielt. Es zeigte direkt in ihre Richtung. Über seinem Mund und an den Backen wucherte ein kräftiger, blonder Bart, was sein spitzes, nach vorn ragendes Kinn seltsam verloren aussehen ließ. Er trug eine ähnliche Kopfbedeckung wie sein Landsmann. Nakeshi und Sheshe kauerten zwischen dem dichten Bewuchs eines Kameldornstrauches und beobachteten den seltsamen Zug. Nakeshi gelang es nur mühsam, ein Lachen zu unterdrücken, während Sheshe gebannt das seltsame Schauspiel in sich aufnahm. Ganz in ihrer Nähe hielt die Gruppe an. Der Mann auf dem Ungetüm schien ihr Anführer zu sein. Er gab einem der Hereros einen Befehl, woraufhin dieser sich suchend umsah und etwas in ihrer Buschmannsprache rief.
    »Kommt raus aus eurem Versteck«, rief der Herero plötzlich.
Nakeshi und Sheshe sahen sich erschrocken an. Es war unmöglich, dass man sie aus der großen Entfernung entdeckt hatte.
    »Mein Herr möchte euch begrüßen. Es wird euch nichts geschehen!«
    Nakeshi deutete auf die Rückzugsmöglichkeit. Es würde ein Leichtes sein, unbemerkt zu verschwinden. Doch Sheshe zögerte plötzlich.
    »Warte«, raunte sie ihrer Nichte zu. »Ich möchte mir das genauer ansehen. Ich möchte herausfinden, wie sie uns entdeckt haben.«
    »Du hast selbst gesagt, dass sie gefährlich sind«, meinte Nakeshi zweifelnd. »Debe wird böse sein, wenn er es erfährt.«
    »Debe«, lachte Sheshe harsch. »Wir können auf uns allein Acht geben. Du hast gehört, sie werden uns nichts tun.«
    »Der weiße Mann meint es nicht gut mit uns.«
    »Dann bleib hier!« Sheshe war wie verwandelt. Nakeshi verstand nicht, was ihre Tante so sehr an diesen Fremden faszinierte. Ihre Neugier war längst befriedigt. Diese weißen Männer wirkten lächerlich und umständlich. Dennoch hatten sie sie entdeckt. Buschmänner waren bekannt dafür, dass sie sich unsichtbar machen konnten...
    »Nun komm schon!«, drängte Sheshe, »wir sind ihnen überlegen und können immer noch verschwinden.«
    Nakeshi fügte sich schließlich. Ihre Tante hatte viel mehr Erfahrung als sie.
    Zögernd folgte sie Sheshe, die unbekümmert auf die Weißen zuschritt.
    »Wie habt ihr uns gesehen?«, fragte Sheshe unverblümt und zeigte auf das lange Rohr, durch das der weiße Mann auf dem Ungetüm geschaut hatte. »Ist das ein Zauberauge?«
    Der weiße Mann sah Sheshe und Nakeshi voller Interesse an. Nakeshi störte allerdings sein musternder Blick. Er betrachtete sie wie ein Stück Beute, das er demnächst würde erlegen wollen.
Sheshe schien das nicht zu kümmern. Noch einmal deutete sie auf das lange Rohr, dann auf das riesige Tier.
    »Was ist das? Hast du es aus deiner Heimat mitgebracht?«
    Der Herero übersetzte ihre Worten. Da lachte der weiße Mann und gab seinem Tier einen Befehl. Mit einem lauten Grunzen knickte das Tier erst die Vorderläufe ein, bevor es sich auch hinten ablegte. Dann stieg der Mann ab. Er war hochgewachsen und ziemlich dünn. Er überragte die beiden Buschmannfrauen um gut zwei Kopflängen. Kommentarlos reichte er Sheshe das lange Rohr und zeigte ihr, wie sie es sich vor das Auge halten sollte. Sheshe nahm das Rohr und sah hindurch. Kurz darauf ließ sie es mit einem erschrockenen Schrei fallen.
    »Beim großen Kauha, es ist ein Zauberauge«, rief sie. »Du kannst die Berge damit heranholen!«
    Der weiße Mann sagte wiederum etwas zu dem Herero.
    »Mein weißer Herr wird euch alles erklären. Er möchte euch einladen«, meinte dieser. »Er hat gutes Fleisch und frisches Wasser. Er kommt von weit her, um die Völker dieses Landes kennenzulernen. Sein Name ist Hagenstolz.«
    »Hagenstolz«, Sheshe hatte Mühe, den Namen auszusprechen. Sie war sichtlich von dem Fremden beeindruckt. Nakeshi blieb skeptisch. Sie spürte, dass die Männer etwas vor ihnen verbargen, auch wenn sie sich nicht erklären konnte, was es war. Doch eine Einladung zum Essen auszuschlagen war für einen Buschmann unmöglich. Dazu war Nahrung viel zu wertvoll.
    Wenig später saßen sie unter dem Schatten einer Akazie und stopften Trockenfleisch in ihre Münder. Die beiden weißen Männer hatten es sich auf Kisten bequem gemacht, während die beiden Buschmannfrauen auf

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