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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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paar Küsse und so ...« Harry klang zerknirscht. Linkisch streichelte er über Glorias besudelten Körper. »Tut mir leid, Kleine, aber das hättste mir sagen müssen. Und ich würd auch gern wissen, wovor du wegläufst. Hab gedacht, du hast ’nen miesen Zuhälter oder so. Aber du ...« Er strich ihr das Haar mit der gleichen, fast zärtlichen Geste aus dem Gesicht, die er zuvor Jenny geschenkt hatte.
    Gloria funkelte den Matrosen an.
    »Ich hab gezahlt, oder?«, fragte sie hart. »Du wolltest das hier ... Ich sollte nett sein. Jetzt stell keine Fragen!«
    Harry machte eine abwehrende Handbewegung. »Ist ja schon gut, Süße, ich will’s gar nicht wissen! Du kommst übermorgen auf die 
Mary Lou
, der Rest bleibt unter uns. Ich erzähl’s keinem, und am Anfang ... na ja, ich sorg dafür, dass du dich langsam einarbeitest. Nichts für ungut, Süße, ja?«
    Gloria nickte mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Wenn du jetzt vielleicht rausgehen würdest?«, fragte sie. »Ich möchte mich anziehen.«
    Harry nickte zerknirscht. »Natürlich, Prinzessin. Man sieht sich ...« Er warf ihr eine Kusshand zu, während er hinausging.
    Als Gloria schließlich fertig war, stand Harry geduldig wartend vor der Haustür.
    »Ich muss Jenny den Schlüssel zurückbringen«, sagte er entschuldigend.
    Gloria nickte. »Man sieht sich.«
     

8
    Gloria schlich sich zum Hotel zurück. Sie hoffte inständig, dass ihre Eltern noch nicht zurück waren. Innerlich wand sie sich vor Ekel, und ihr Körper schmerzte. Auf keinen Fall wollte sie jetzt Kura oder William Rede und Antwort stehen oder auch nur Tamatea eine gute Geschichte dazu erzählen, wo sie den halben Tag lang gewesen war. Tatsächlich hatte sie die Suite jedoch für sich; wahrscheinlich fanden Proben statt, die ihre Eltern beschäftigten. Aufatmend verstaute Gloria die Männerkleidung in der hintersten Ecke ihres Schrankes und ließ sich ein Bad ein. Sie überlegte, mit welcher Begründung sie ihr Kleid rasch selbst waschen konnte, entschied sich aber dann, es einfach wegzuwerfen. Sie würde es doch nicht mehr anziehen; es war viel zu gefährlich, Frauenkleider mit an Bord der 
Mary Lou
 zu nehmen. Zwar hoffte sie, die Kabine mit Harry zu teilen, der ohnehin Bescheid wusste, aber sie wollte kein Risiko eingehen. Besser wäre es, am nächsten Tag noch einmal zu Samuel zu gehen und Männerkleidung zum Wechseln zu kaufen.
    Gloria glitt in das heiße Wasser und schrubbte das grässliche Erlebnis, das sie in Jennys Bleibe gehabt hatte, von sich ab. Sie wollte nicht weiter darüber nachdenken, auch nicht über mögliche Wiederholungen auf dem Schiff. Wenn es sein musste, würde sie Harry weiterhin zu Willen sein. Es war ein verhältnismäßig geringer Preis für die Passage nach Hause. Natürlich war es widerlich und schmerzhaft, aber es war schnell vorbeigegangen. Gloria meinte, es aushalten zu können. Sie hielt sich an Harrys freundlichen Worten fest.
    »Schön bist du ...« Das hatte bislang niemand zu ihr gesagt.
     
    Gloria konnte ihre Ungeduld am nächsten Tag kaum zügeln. Sie wanderte tatsächlich noch mal zum Hafenviertel und erstand eine weitere Hose, zwei Hemden und eine warme Jacke bei Samuel, einem spitzbärtigen alten Mann, der sie neugierig anschaute. Auf dem Rückweg verlief sie sich und landete schließlich erneut bei der Krabbenküche, vor der Jenny ihrem Gewerbe nachging. Die blonde Hure blitzte sie argwöhnisch an.
    »Du schon wieder? Ich dachte, du verschwindest nach Übersee?«
    Gloria nickte ernst. Dann meinte sie, sich bedanken zu müssen. »Ich will Ihnen wirklich keine Konkurrenz machen«, erklärte sie. »Bestimmt nicht, ich ... ich werde als Schiffsjunge arbeiten, auf der 
Mary Lou
 ...«
    Jenny lachte. »Als Schiffsjunge? Da hat Harry mir aber was anderes erzählt. Komm, Mädchen, so naiv kannst du nicht sein. Egal, was Harry für Blödsinn erzählt. Verrät der mir doch im besoffenen Kopf unter dem Siegel der Verschwiegenheit, du wärst bis gestern noch Jungfrau gewesen!« Sie kicherte. »Den Trick musst du mir mal verraten!«
    Gloria errötete und empfand Scham. Harry hätte nicht mit diesem Mädchen über sie reden dürfen. »Es stimmt schon«, sagte sie leise. »Ich ... ich wusste nicht ...«
    »Was wusstest du nicht? Dass Kerle nie was umsonst tun? Denkst du, Harry hätte dich aus purer Ritterlichkeit von der Straße geholt? Mädchen, Mädchen, ich frag mal besser nicht, von wo du entsprungen bist ...«
    Gloria antwortete nicht. Sie wollte nur weg.

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