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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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besten Willen nicht, was die Männer daran fanden, ihren schmutzigen, stinkenden Körper zu besitzen, doch Harry und den anderen schien das nichts auszumachen. Manche flüsterten ihr sogar zu, wie gut sie roch, und einigen gefiel es, ihre Brust, ihren Bauch oder gar die unaussprechlichen Körperteile, in die sie sonst ihre Glieder steckten, zu lecken. Harry beschränkte sich auf diese Aktivität, wenn Gloria ihre empfängnisbereiten Tage hatte. Andere Männer zogen dann eine Art Gummischlauch über, und ein paar behaupteten, sie zögen ihr Ding schon rechtzeitig wieder heraus, bevor es gefährlich würde. Vor dieser Methode aber hatte Jenny ausdrücklich gewarnt; deshalb verlegte Gloria sich lieber auf den Essig. Damit wusch sie sich inzwischen sowieso fast jeden Tag, denn in der Küche gab es ausreichend davon.
    Ansonsten versuchte sie einfach, so wenig wie möglich zu denken. Gloria hasste die Männer nicht, die ihr jede Nacht beilagen, sie empfand einfach gar nichts für sie. Am Anfang war sie eine Zeitlang wund gewesen, aber darauf hatte Harry Rücksicht genommen. Erst zwei Tage nachdem sie an Bord gingen, ließ er die Mannschaftsmitglieder zu ihr. Inzwischen schmerzte es nicht mehr, mit den Männern zu schlafen, wenn sie sich vorher mit Öl einrieb, und wären der Gestank, die Körperflüssigkeiten und die Scham nicht gewesen, hätte Gloria sich fast dabei gelangweilt. So zählte sie vor allem Tage und Stunden. Die Überfahrt nach Kanton dauerte etwa zwei Wochen. Das würde sie aushalten.
    Wenn sie nur wüsste, was danach kam! Sie musste ein Schiff nach Australien finden, aber die verkehrten nicht so regelmäßig wie die Handelsschiffe zwischen China und San Francisco. Es war Glückssache, ob gerade eines vor Anker lag.
    »Wenn nicht, bringen wir dich auf einem Kahn nach Indonesien unter«, meinte Harry gelassen. »Musst du eben einmal mehr umsteigen ...«
    Wenn es doch nur so einfach gewesen wäre wie bei Zugfahrten! Im Grunde grauste es Gloria vor China, und so war sie einerseits erleichtert, fühlte sich andererseits aber mehr als beklommen, als endlich Land in Sicht kam.
    »Bleib einfach da!«, wies Harry sie an, als das Schiff angelegt hatte und die Ladung gelöscht wurde. Bevor das nicht erledigt war, hatte die Mannschaft keinen Ausgang, und ein paar Leute mussten ohnehin an Bord bleiben. Gloria konnte sich vorstellen, womit sie sich über den langweiligen Wachdienst hinwegtrösten würden. »Ich schau mich für dich um, Ehrensache! Wir finden schon was ...«
    Gloria durfte in dieser Nacht immerhin an Deck gehen. Sie schöpfte Meerwasser und wusch sich gründlich damit, nachdem sie den Männern zu Diensten gewesen war. Hoffentlich hatte das nun wenigstens ein Ende! Auf dem neuen Schiff musste niemand erfahren, dass sie ein Mädchen war.
    Harry und der Smutje waren bester Laune, als sie spät in der Nacht zurück zum Schiff kamen. Die meisten Besatzungsmitglieder blieben weg, um die Nacht bei einer schlitzäugigen Hure zu verbringen, aber die beiden verlangte es wohl mehr nach Gloria.
    »Das ... das allerletzte Mal!«, lallte der Smutje. »Morgen wird die Ladung gelöscht ... Ware ... gut verkauft!« Er lachte.
    »Welche Ladung?«, fragte Gloria. Die Güter, welche die 
Mary Lou
 befördert hatte, waren schließlich längst an Land.
    »Du ... meine Süße! Was denkste denn? Dein Kerl hat dich gut verkauft, Kleine ... und ich hab auch meinen Schnitt gemacht ...«
    »Verkauft? Mich?« Gloria wandte sich verwirrt an Harry. Dem Matrosen schienen die Eröffnungen des Kochs alles andere als recht zu sein.
    »Er meint, ich hab einen Platz auf einem Schiff für dich gefunden«, erklärte er widerwillig. »Hast Glück, der Dampfer geht durch bis Australien. Auswandererschiff, fährt unter englischer Flagge, aber alles voller Chinesen. Der Steward, der die Aufsicht auf dem Zwischendeck hat, wird dich decken ...«
    »Braucht der denn einen Schiffsjungen?«, fragte Gloria ängstlich. »Werden sie mich anstellen?«
    Der Smutje verdrehte die Augen. Harry funkelte ihn an und gebot ihm Schweigen.
    »Süße, da brauchst du keine Anstellung. Wie gesagt, im Zwischendeck wuselt es vor Menschen. Ein Fresser mehr oder weniger fällt gar nicht auf ...«
    »Und Kunden hat’s da reichlich«, kicherte der Smutje.
    Gloria sah Harry ängstlich an. »Ich muss zu dem Steward nett sein, nicht wahr?«, fragte sie.
    Harry nickte.
    »Aber sonst ... auf dem Zwischendeck sind doch viele Frauen, oder? Auswanderer gehen meist mit der ganzen

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