Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
Anweisung kutschierte er eine Chaise mit zwei Cobs davor. Das Auto war in der Remise geblieben.
    »Aber mit dem Wagen geht es viel schneller, Miss Gwyn!«, argumentierte der junge Maori, ein leidenschaftlicher Autofahrer. »Mit den Pferden brauchen wir die ganze Nacht.«
    »Wir haben es nicht eilig!«, beschied Gwyn ihm. »Miss Gloria liebt Pferde. Sie wird sich freuen, die Cobs zu sehen.«
    Tatsächlich heiterte Glorias Miene sich zum ersten Mal auf, als sie die Kutsche vor dem Bahnhof warten sah. Sie schreckte allerdings etwas zurück, da Maaka sie hielt.
    »
Kia ora
, Miss Glory!«, grüßte der Vorarbeiter unbefangen. »
Haere mai!
 Wir freuen uns sehr, dass Sie wieder zu Hause sind!« Er strahlte, aber Gloria schien es schon schwer zu fallen, ihm kurz zu danken.
    »Komm, Glory, schau dir die Pferde an!«, rief Gwyneira das Mädchen zu sich. »Es sind Halbschwestern, beide von Cuchulainn. Ceredwen ist noch von Raven, die ich früher geritten habe, und Colleen von ...« Sie ratterte Abstammungen herunter.
    Gloria hörte zu. Sie schien sich an die Pferde zu erinnern, ihr Gesicht zeigte mehr Interesse als bei all den Familiengeschichten, mit denen Gwyneira versucht hatte, sie auf der Fahrt zu unterhalten.
    »Und Princess?«, fragte sie schließlich fast tonlos.
    Gwyneira lächelte. »Die gibt es auch noch. Aber sie ist doch ein bisschen zu leicht für diese Chaise ...« Sie wollte weitersprechen, aber dann ging jede Unterhaltung in ohrenbetäubendem Kläffen unter. Die Frauen hatten sich der Chaise so weit genähert, dass der kleine dreifarbige Hund sie wittern konnte, den Maaka unter dem Bock angebunden hatte.
    »Ich dachte, ich bring sie Ihnen mit, Miss Glory«, meinte er grinsend und löste den Strick.
    Nimue schoss auf die Frauen zu, und Gwyneira beugte sich gewohnheitsmäßig hinunter, um sie zu begrüßen. Aber die Hündin hatte keinen Blick für sie. Bellend, jaulend, fast schreiend vor Glück sprang sie an Gloria hoch.
    »Meine Nimue?« Gloria kniete sich auf die Straße, ihre neuen Kleider waren vergessen. Sie umarmte und herzte den Hund, der sie seinerseits mit feuchten Küssen bedeckte. »Sie kann doch nicht ... Ich hatte Angst, dass ...«
    »Dass sie tot ist?«, fragte Gwyneira. »Deshalb hast du nicht nach ihr gefragt ... Aber schau, sie war noch ganz jung, als du weggingst, und Border Collies sind langlebig. Sie kann noch zehn Jahre leben ...«
    Glorias Gesicht hatte alle Verschlossenheit, alle Verkrampfung verloren; es spiegelte nur das vollkommene Glück des Wiedersehens. Es gab also doch jemanden, der sie liebte.
    Gwyneira lächelte sie an. Dann nahm sie auf dem Bock Platz.
    »Lässt du mich kutschieren, Maaka?«
    Der Maori lachte. »Das war mir schon klar, Miss Gwyn, dass ich die Zügel abgeben muss. Aber wenn’s Ihnen recht wäre, würde ich ohnehin gern in Christchurch bleiben. Ich dachte, ich schau im Kontor von Mr. George vorbei. Die Wollrechnung ...«
    »Und die reizende kleine Tochter von Reti«, neckte ihn Gwyn. Es war ein offenes Geheimnis, dass Maaka in die Tochter von George Greenwoods Geschäftsführer Reti verliebt war. Das Maori-Mädchen hatte ein College auf der Nordinsel abgeschlossen und half neuerdings im Büro. »Bleib ruhig da, Maaka, aber mach keine Dummheiten! Die Kleine ist westlich erzogen, sie erwartet eine Werbung mit Blumen und Pralinees! Vielleicht schreibst du ihr auch mal ein Gedicht!«
    Maaka runzelte die Stirn. »Um ein so dummes Mädchen würde ich nicht werben!«, erklärte er. »Sie will keinen 
tohunga
, der ihr Geschichten erzählt, und sie ist kein Kind, das man mit Bonbons erobert. Blumen blühen im Frühling auf der ganzen Insel, es brächte wohl eher Unglück, wenn man sie ohne Grund ausreißt.« Er lachte. »Aber ich habe das hier ...« Er nestelte einen Jadestein aus der Tasche, in den er die Konturen eines kleinen Gottes geschnitzt hatte. »Ich habe den Stein selbst gefunden, meine Geister haben ihn berührt ...«
    Gwyneira lächelte. »Wie schön! Das wird sie freuen. Grüß Reti von mir, und Elizabeth Greenwood, falls du sie siehst.«
    Gloria hatte dem Gespräch mit steinernem Gesicht gelauscht. Sie schien erneut zu verspannen, als Gwyn den jungen Mann mit seinem Flirt neckte. Ob sie unglücklich verliebt gewesen war?
    »Hat dir auch schon mal ein Mann etwas geschenkt, Gloria?«, fragte sie sanft.
    Gloria, ihren Hund an sich gedrückt, blickte Gwyn hasserfüllt an. »Mehr als mir lieb war, Grandma!«
    Dann sagte sie Dutzende Meilen lang gar nichts

Weitere Kostenlose Bücher