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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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bei, als sie zurück zu Gwyneira kam.
    »Wo ist denn das Fohlen?«, fragte sie.
    »Welches Fohlen ...?« Gwyneira fiel die Antwort siedend heiß ein, noch während sie die Frage stellte. Princess’ Fohlen ... das Pferd, von dem Jack Gloria versprochen hatte, sie könnte es bei ihrer Rückkehr reiten.
    Gwyneira biss sich auf die Lippen.
    »Gloria, Liebes, es tut mir leid, aber ...«
    »Ist es tot?«, fragte Gloria leise.
    Gwyneira schüttelte den Kopf. »Aber nein, kein Gedanke. Es ist eine hübsche kleine Stute. Und es geht ihr gut. Aber ... ich habe sie Lilian geschenkt. Es tut mir wirklich leid, Gloria, aber es sah nicht danach aus, als ob du so bald zurückkämest. Und du hast auch nie geschrieben, dass du nach wie vor reitest ...«
    Gloria starrte Gwyneira an. Die alte Dame versuchte, den Blick ihrer Urenkelin freundlich zu interpretieren, doch in ihren Augen stand blanker Hass.
    »Wenn man nicht mehr reitet, ist man tot. Hast du das nicht immer gesagt? War ich ... bin ich ...?«
    »Gloria, so habe ich das doch nicht gemeint! Ich habe mir gar nichts dabei gedacht. Es war nur so, dass die kleine Stute unbeschäftigt war, und Lilian kam gut mit ihr zurecht. Schau, Gloria, alle Pferde in diesem Stall gehören dir. Frank kann dir die Jungpferde morgen zeigen. Ein paar Vierjährige gehen schon sehr schön. Aber vielleicht möchtest du lieber eine schicke Dreijährige, mit der du selbst arbeiten kannst ...«
    »Gehören sie nicht eher meiner Mutter?«, fragte Gloria kalt. »Wie alles hier? Mich eingeschlossen? Was wird eigentlich, wenn sie mich wieder wegholen will? Schickst du mich wieder fort?«
    Gwyneira wollte sie umarmen, aber das Mädchen schien wie von einem Eishauch umgeben.
    »Ach, Glory ...« Gwyneira seufzte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Gwyn war nie die größte Diplomatin gewesen, und diese Situation überforderte sie vollkommen. Sie wünschte sich Helen herbei. Oder James. Die würden wissen, was zu tun war. Aber Gwyn war nur hilflos. Gloria musste doch wissen, wie sehr sie willkommen war!
    »Wir können Princess einfach noch mal decken lassen!«, sagte sie schließlich. Gwyn löste Probleme lieber durch Taten als durch Worte.
    »Können wir reingehen?«, fragte Gloria, ohne auf das Angebot einzugehen. »Wo soll ich eigentlich wohnen? Mein Zimmer ist doch wohl noch da? Oder hast du es auch Lilian gegeben?«
    Gwyneira beschloss, einfach nicht zu antworten. Stattdessen ging sie Gloria langsam voraus; von den Ställen aus führte ein Pfad zum Küchentrakt von Kiward Station. Im letzten Moment fiel ihr ein, dass Gloria das wieder missverstehen könnte.
    »Es ist dir doch recht, dass wir ... also, wir könnten natürlich auch durch den Haupteingang ... aber das wird mir in meinem Alter oft zu mühsam. Die vielen Stufen.«
    Gloria verdrehte die Augen, aber es sah nicht komisch aus wie bei Lilian, eher verächtlich.
    »Grandma Gwyn, ich möchte auf mein Zimmer. Wie ich hier hereinkomme, ist mir völlig egal.«
     
    So schnell konnte sie sich dann aber doch nicht zurückziehen. In der Küche warteten Kiri, Moana und Glorias Großmutter Marama.
    »
Haere mai, mokopuna!
 Wie schön, dich wiederzuhaben!«
    Gwyneira beobachtete die Maori-Frauen, die Gloria eifrig umtanzten, als Enkelin begrüßten und Anstalten machten, ihre Gesichter zum traditionellen 
hongi
 an das ihre zu schmiegen. Wenn sie bei Glorias Anblick ebenso erschraken wie Gwyn am Tag zuvor, so verstanden sie, das zumindest geschickt zu verbergen.
    Marama verzichtete allerdings darauf, ihre Enkelin zu umarmen. Sie nahm ihre Hände und sagte etwas in ihrer Sprache. Gwyneira verstand es nicht genau, aber sie meinte, eine Entschuldigung herauszuhören.
    »Verzeih deiner Mutter, meiner Tochter, 
mokopuna
. Menschen waren ihr immer fremd ...«
    Gloria ließ die herzliche Begrüßung weitgehend teilnahmslos über sich ergehen. Sie lächelte nur, als Nimue über die laute Freude der Frauen in Ekstase geriet und laut bellend um sie herumrannte.
    »Jetzt erst mal ausruhen. Aber heute Abend gutes Essen!«, erklärte Kiri schließlich. Vielleicht führte sie Glorias mangelnde Regungen auf ihre Müdigkeit nach der nächtlichen Fahrt zurück. »Wir machen 
kumera
, Süßkartoffel. Du sicher nicht gegessen seit Weggehen nach England!«
    Gwyneira führte ihre Urenkelin schließlich in ihr Zimmer – das gleiche, das Gloria vor ihrer Abreise bewohnt hatte. Sie vermerkte erfreut, dass die Anspannung im Gesicht des Mädchens sich löste, als sie den Raum

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