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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Straßen rund um den Campus und warteten, bis eine Teestube öffnete. Lilian fragte dort auch gleich nach einer Wohnung.
    »Seid ihr denn Studenten?«, erkundigte sich das Mädchen, das sie mit Eiern und frischem Gebäck versorgte. »Ihr seht noch ziemlich jung aus!«
    »Mein Mann ist Student!«, erklärte Lilian wichtig. »Und das mit dem Alter täuscht. Er war Cambridge Stipendiat. Aber wir mussten da weg, wegen des Krieges, es schlagen ja dauernd Bomben ein und so ...«
    »In Cambridge?«, fragte das Mädchen verwundert.
    »Na ja, nicht direkt«, versuchte Ben zu retten, was zu retten war. »Aber man steht doch sehr unter Druck, sich freiwillig zu melden. Die Universität ist verwaist, Teile der Bauten verwenden sie als Lazarette, und es kommt einem sehr komisch vor, Sprachen zu studieren, während um einen herum praktisch die Welt untergeht.«
    Ben hatte die ersten Kriegsmonate in England erlebt und wusste, wovon er sprach. Das Mädchen nickte verständnisvoll. »Also Anglistik?«, wollte sie wissen. »Romanistik? Bekannt sind wir nicht dafür, bislang floriert vor allem die Chemie-Fakultät.«
    Sie schien sich gut auszukennen. Aber natürlich verkehrten in der Teestube auch nur Studenten und Dozenten.
    »Maori-Studien«, meinte Ben. »Vergleichende Sprachwissenschaft.«
    »Und damit willst du eine Familie ernähren?«, fragte die Kellnerin lachend und ließ ihre Blicke flüchtig über Lilians zarte Figur wandern. »Ihr seid wirklich verheiratet?«
    Ben wurde rot, aber Lilian nickte. »Und wir brauchen dringend eine Wohnung. Oder ein Zimmer ...«
    »Frag in der Universität nach, wenn du dich einschreibst«, riet das Mädchen. »Oder lauft einfach durch die Straßen und schaut, ob irgendwo ein Schild ›Zimmer frei‹ hängt.«
     
    Lilian hätte die Zimmerfrage zwar gern zuerst gelöst, aber sie sah ein, dass der Weg über die Universität aussichtsreicher wirkte. Also tranken sie Tee, bis das Immatrikulationsbüro öffnete, und Lilian wartete geduldig, bis Ben all seine bisherigen Studienunterlagen vorgelegt hatte. Wie es aussah, würde man ihn mit offenen Armen aufnehmen; die Universität baute ihre Fakultäten noch auf. Sie wollte sich aber gerade dem Gebiet der Maori-Studien gezielt widmen, und ein graduierter Student aus Cambridge wurde als Bereicherung empfunden. Die jungen Leute im Büro – offenbar Studenten, die sich etwas dazuverdienten – versorgten Ben gleich mit Namen und Adressen sämtlicher zuständiger Dozenten, drückten ihm ein Vorlesungsverzeichnis in die Hand und rieten ihm, gegen Mittag wiederzukommen.
    »So früh fangen die Herren Dozenten nicht an«, sagte einer augenzwinkernd. »Das wird in Good Old England doch auch nicht anders sein, oder?«
    Bevor es zu einer mehr oder weniger akademischen Diskussion über Universitätslehrer kommen konnte, mischte Lilian sich ein und fragte nach einer Unterkunft. Sie war todmüde, wenngleich nicht abgeneigt, die Hochzeitsnacht vor dem Schlafengehen noch kurz zu wiederholen. Für all diese Bedürfnisse war ein Bett jedoch unerlässlich.
    »Eine Liste von Zimmervermietern hätten wir«, meinte einer der jungen Männer zweifelnd. »Aber das sind meistens Privatzimmer, also Leute, die untervermieten. Die denken an alleinstehende junge Männer. Ein paar Damen nehmen auch Mädchen auf, wenn die Referenzen stimmen. Aber ein Ehepaar?«
    Lilian nahm die Liste dennoch dankend an sich, und in den nächsten Stunden klapperten die beiden sie ab. Erfolglos, wie schon befürchtet. Die meisten der Zimmer waren winzige Verschläge. Zu zweit hätte man gar nicht hineingepasst. Davon abgesehen dachte keiner der Vermieter daran, seine Wohnung gleich einer ganzen Familie zu öffnen.
    »Nein, nein, Kinder, jetzt seid ihr zwei, aber übers Jahr gibt’s doch Nachwuchs, wenn jetzt noch nichts unterwegs ist! Und dann habe ich hier das Babygeschrei auf meine alten Tage.«
    Mutlos hörte Lilian den Kommentar der einzigen Vermieterin, deren Angebot überhaupt in Frage gekommen war. Ein großes, helles Zimmer gleich gegenüber vom Campus.
    »Gibt’s Nachwuchs übers Jahr?«, fragte Lilian neckisch, als sie wieder auf die Straße traten.
    Ben blickte sie erschrocken an. »Das wäre ein bisschen früh, oder?« Andererseits hatte er keine Vorstellung, wie es sich möglicherweise vermeiden ließ. »Was machen wir denn jetzt?«
    »Wir laufen herum und suchen, wie das Mädchen gesagt hat. Aber erst essen wir was. Die Teestube war doch ganz nett. Vielleicht hat die Kellnerin ja noch

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