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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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endlich, sie Gwyneira zu stellen. Wenn sie ehrlich sein sollte, hatte sie längst darauf gewartet.
    »Wir wollen alle nett zu ihr sein, aber sie ist einfach garstig. Vorhin dachte ich, sie würde Frank schlagen. Dabei wollte er ihr nur aufs Pferd helfen.«
    Gwyneira hatte sich schon Böses gedacht, als sie Gloria wegreiten sah. Viel zu schnell für das noch nicht aufgewärmte Pferd und wie von Furien gehetzt. Natürlich brauchte man Ceredwen, die schwarze Stute, die sich das Mädchen ausgesucht hatte, nicht sonderlich zu treiben. Ceredwen war lebhaft und schwierig, und Gloria war ihrem Temperament nicht immer gewachsen. Nach so langer Zeit ohne Reitpraxis hätte Gwyn ihrer Urenkelin nie zu diesem Pferd geraten, aber Gloria schlug alle Empfehlungen und Vorschläge in den Wind. Frank Wilkenson hatte am meisten darunter zu leiden, vielleicht, weil er sich besonders um das Mädchen bemühte. Gwyn schien es, als sei er ein bisschen verliebt – und als könnte Gloria so gar nicht damit umgehen. Dabei war Wilkenson in keiner Weise aufdringlich, sondern schien damit zufrieden, das Mädchen von Weitem anzuhimmeln. Ein kleines Lächeln ab und zu oder die Annahme einer seiner zahlreich angebotenen Dienstleistungen hätte ihn glücklich gemacht. Aber Gloria behandelte ihn unhöflich, und nach Maakas Schilderungen hatte sie an diesem Tag sogar die Reitgerte gegen ihn erhoben. Aus nichtigem Grund – wenn das so weiterging, würde der junge Mann bald beleidigt kündigen, und Gwyneira verlor einen wertvollen Mitarbeiter.
    Die anderen Viehhüter, größtenteils Maoris, hatten weniger Probleme mit der jungen Herrin. Aber sie hielten auch gleich verstärkt Abstand, nachdem Gloria sie die ersten zwei oder drei Male angefaucht hatte. Frank dagegen schien das eher anzuspornen – wahrscheinlich meinte er, das Mädchen wollte erobert werden.
    Gwyn seufzte.
    »Ich weiß es auch nicht, Maaka«, sagte sie schließlich. »Im Haus benimmt sie sich nicht viel anders. Dabei möchten Kiri und Moana sie so gern verwöhnen. Aber du solltest Frank klarmachen, dass sie es ernst meint. Sie spielt nicht herum. Wenn sie nicht flirten will, muss er das akzeptieren.«
    Maaka nickte. Maori-Männern fiel das leichter als 
pakeha
. Bei ihnen hatten die Mädchen traditionell das Recht, zu wählen.
    »Wie macht sie sich denn bei den Schafen?« Gwyneira wollte Glorias Probleme eigentlich nicht mit ihrem Vormann diskutieren, aber nun führte sie schon mal dieses vertraute Gespräch mit Maaka, und seine Meinung interessierte sie brennend. Gloria beteiligte sich seit einiger Zeit wieder an der Arbeit auf der Farm. Mit Nimue verfügte sie schließlich über einen ausgezeichneten Sheepdog, und die Arbeit mit den Tieren hatte ihr immer Spaß gemacht.
    Maaka zuckte die Schultern. »Na ja, Miss Gwyn, was soll ich dazu sagen? Sie hat natürlich keine große Erfahrung. Nun wäre das nicht schlimm, Nimue liest ihr ja jeden Befehl von den Augen ab, und sie hat Talent für den Umgang mit Tieren. Hat sie immer gehabt, genauso wie Mr. Jack ... Haben Sie jetzt endlich von ihm gehört?«
    Maaka versuchte, das Thema zu wechseln.
    Gwyneira schüttelte jedoch nur müde den Kopf.
    »Nach wie vor kein Wort. Nur diese Notiz von vor ein paar Monaten, dass er im Kampf um Gallipoli verwundet worden sei. Nach drei Anfragen bei der Heeresleitung! Gallipoli ist für die wohl kein Thema mehr. Die ANZAC-Kämpfer haben sie in alle Winde verstreut. Wir werden warten müssen, bis Jack sich von selbst meldet. Oder ...« Sie hielt inne. Ebenso wie die verspätete Nachricht bezüglich der Verwundung konnte sie auch irgendwann ein Beileidsschreiben erreichen. Gwyneira versuchte, möglichst nicht daran zu denken. »Was wolltest du über Gloria sagen?«, wandte sie sich erneut an ihren Vormann.
    Maaka sog hörbar die Luft ein. »Sie ist sehr gut mit den Tieren, Miss Gwyn. Nur nicht mit den Menschen. Sie hört auf nichts und sondert sich ab. Dabei müsste sie einsehen, dass man im Team arbeiten muss, besonders bei den Rindern. Sie ist ja nicht dumm. Aber sie scheint es einfach nicht zu können. Marama sagt ...«
    »Was sagt Marama?«, erkundigte sich Gwyn.
    »Marama sagt, es sei wie mit dem Gesang. Wenn alle den Ton treffen, aber einem ... einem bleibt die Luft weg. Er meint zu ersticken. Und wenn er dann doch wieder zu Atem kommt ... dann kann er nur noch schreien.«
    Gwyneira dachte nach. »Müsste ich das jetzt verstehen?«, fragte sie dann.
    Maaka zuckte die Schultern. »Sie kennen Marama

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