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Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
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empor. »Ein Steinkreis?« Er erhob sich und besah sich die Quader noch einmal. »Wie dieses Ding in England … dieses … dieses Stonehenge?« Und nach einer Weile: »Merritt hat mir verraten, dass Sie ein Faible für das Außergewöhnliche haben.«
    »Ich habe lediglich gesagt, dass mich der Fund an Megalithstrukturen in Großbritannien erinnert.«
    »Aber, Dad, du hast doch gesagt, dass die alte Lady –«
    Aber Peter ließ Andy nicht aussprechen. »Du solltest lieber wieder mit deinen Figuren spielen.«
    »Welche alte Lady?«, fragte Hatcher mit Nachdruck.
    »Ihre frühere Verwalterin.«
    »Verwalterin … Sprechen Sie von Hannah Mac Ness?« Hatcher warf Goringer einen Blick zu und fing an zu lachen.
    »War sie etwa hier? Wie, zum Teufel, ist sie denn hierher gekommen?«, wollte Goringer wissen.
    »Wahrscheinlich mit einem Boot«, antwortete Peter.
    »Du lieber Himmel! Und was hat sie Ihnen erzählt? Dass ihre Vorfahren heilige Tempel errichtet haben und dass die Geister ihrer Ahnen dort noch immer wohnen?«
    Peter lief rot an, aber er hielt den Mund. Andy zog seine Kappe tief in die Stirn.
    »Heiliger Himmel!« Hatcher konnte sich gar nicht beruhigen. »Professor, es mag sein, dass es nichts von Bedeutung auf dieser Insel zu entdecken gibt – aber eines steht bereits heute fest: Hannah Mac Ness hat sie nicht alle. Sie ist eine verrückte Alte, die Ihnen nicht einmal die Uhrzeit sagen würde, selbst wenn sie es könnte. Geben Sie bloß nichts auf ihr Geschwätz! Sie ist verrückt. Klar?«
    »Wir aber nicht.«
    Andys piepsiger Einwurf ließ Hatcher einen Moment lang erstaunt innehalten. »Aber andere schon. Ich habe keine Ahnung, was diese Steine darstellen sollen, aber der einzige alte Tempel, den Sie hier finden werden, besteht aus einem Haufen alter Guinness-Flaschen. Hannahs Großvater stammte aus der Gegend um Cork und ist ungefähr um die Jahrhundertwende zusammen mit einigen anderen hierher eingewandert. Mein Urgroßvater hat ihn bei der Hatcher-Pearson-Press als Illustrator beschäftigt, weil er in Irland als Graveur gearbeitet hatte. Soviel ich weiß, war ihre Mutter eine Indianerin – eine Abakenakami. Sie haben hier auf der Insel gewohnt und von Ackerbau und Fischfang gelebt. Als mein alter Herr die Zeitung verkauft hat, hat er die Leute als Pächter übernommen. Hannahs Vorfahren waren Fischer und Farmer – nichts weiter. Und steinerne Tempel haben die mit Sicherheit nicht erbaut.«
    Peters Herz sank ins Bodenlose. Plötzlich war alles bedeutungslos. Die Radierung war vielleicht eine Fälschung. Und das Tagebuch auch. Und erst recht die Behauptung, dass die Kelten im sechsten Jahrhundert die Steine errichtet hätten. Vielleicht war Hannahs Großvater ja verrückt genug gewesen, diesen Steinkreis zu errichten und ihn dann auf einer auf alt getrimmten Radierung zu verewigen. Er warf einen Blick auf den Kalkstein. Der Pfeiler war verkohlt und voller Sprünge. Nein. Nur weil der Großvater von Beruf Graveur gewesen war, war nicht automatisch auch alles gefälscht. Nein, es war echt. Er wusste es. Und Linda auch. Wieder vernebelte sich sein Kopf.
    Aber Linda war tot.
    Nein! Du hast sie gehört. Verdammt! Du hast ihre Gegenwart genau gespürt.
    Na klar. Zahllose Leute behaupten, dass Jesus mit ihnen gesprochen hätte. Was macht meine Behauptung glaubwürdiger?
    Sie hat dir das Leben gerettet, und sie hat dich hierher geführt.
    Weil du das nur zu gern so haben möchtest, fälschst du schon die Beweise. Hannah Mac Ness hat dich gerettet.
    Aber dieser Ort hat große Kräfte. Du hast sie vom ersten Augenblick an gespürt, und sie haben deinen Kopf, deine Träume und deine Seele beeinflusst.
    Und warum habe nur ich diese Kräfte gespürt?
    Hannah hat sie auch gespürt.
    Sie rennt mit einem Geweih und einer Wünschelrute durch die Gegend und spricht mit Druidenpriestern. Geistesabwesend starrte Peter zu Boden.
    »Sie behauptet, dass ihre Mutter in dem Haus, in dem wir wohnen, geboren wurde«, sagte Connie. »Und ihre Großmutter auch.«
    »Das ist schon richtig«, antwortete Hatcher. »Aber Pocahontas ist sie deswegen noch lange nicht.«
    »Und eine harmlose Landstreicherin wie die alten Bag-Ladys in der Stadt erst recht nicht«, ergänzte Goringer. »Sie ist sogar ausgesprochen heimtückisch, und Sie können von Glück sagen, dass Sie mit heiler Haut davongekommen sind.«
    »Einmal hat sie Fred angegriffen«, fügte Hatcher erklärend hinzu.
    Goringer wehrte ab. »Ich habe nicht damit gerechnet, aber

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