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Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
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Gesicht zwischen den Bäumen, kein Boot am Horizont. Doch die Botschaft war eindeutig: Genau an dieser Stelle sollte er graben.
    Jackie und Sparky gingen hinunter zu Flanagans Wohnwagen, um die Schlüssel für den Bagger zu holen. In der Zwischenzeit entfernten Connie und Peter die Plastikplanen von den Steinen. Gestern Abend hatte er beschlossen, sich Connie gegenüber strikt neutral zu verhalten. Natürlich konnte er noch nachvollziehen, was ihn angezogen hatte – klug und hübsch, fröhlich und feinfühlig, humorvoll et cetera, et cetera. Doch seit der Schleier von seiner Seele genommen war, sah er sie in völlig anderem Licht. Er empfand nur noch Gleichgültigkeit, und da sie keine Gefahr mehr darstellte, hatte sich auch seine Missstimmung verflüchtigt.
    Andy dagegen machte ihm weit mehr Sorgen. Er war bereits in der Ich-möchte-nach-Hause-Stimmung aufgewacht und hatte sich während des Frühstücks immerfort beschwert, dass er die Insel nicht leiden könne und er sich fürchte. Peter hatte alle Vernunft aufgeboten, aber die Diskussion hatte nicht geholfen. Sechsjährige waren nun einmal nicht vernünftig. Auch Connie und Jackie hatten sich bemüht, aber der kleine Mann hatte ein missmutiges Gesicht gezogen, die Ärmchen verschränkt und seine Gefährten nur angefunkelt. Je mehr er gejammert hatte, desto mehr hatte Peter sich geärgert. Aber er hatte sich beherrscht, vielleicht nur wegen der anderen. Als er das Gejammer nicht länger ertragen hatte, hatte er Andy bis zum Aufbruch in sein Zimmer geschickt.
    Den ganzen Weg bis zur Klippe hatte Andy geschmollt. Wie gestern hatte er seine Decke neben dem Sieb ausgebreitet und grub seitdem schweigend im Boden. Auch gut, dachte Peter. Jedenfalls besser, als ständig nach Hause fahren zu wollen. Er sorgte sich schon mehr als genug um Flanagan. Der Hügel war durchwühlt wie ein Fuchsbau – dazu hätten vier Erwachsene mit Schaufeln mehr als einen Monat gebraucht. Ein Blick genügte – und ihm dürfte klar sein, dass sie den Bagger unerlaubt benutzt hatten. Peter baute darauf, dass Flanagan sich zu fein war, um zu ihnen heraufzusteigen. Außerdem waren die Baumaßnahmen auf der Klippe im Moment nicht das vorrangige Thema. Sie hatten noch eine Gnadenfrist von fünfzehn Tagen, bis Flanagan den Befehl zum Schleifen der Klippe geben würde.
    Tatsächlich ließ Flanagan sich nicht blicken.
    »Du wirst es nicht glauben, aber er hat einen Tag freigenommen«, verkündete Jackie, als er und Sparky wieder nach oben kamen. »Er trifft sich in der Stadt mit Hatcher und kommt nicht vor morgen zurück.«
    Peter war erleichtert. Demnach konnten sie ungestört weitermachen.
    Grinsend ließ Jackie die Schlüssel zwischen seinen Fingern baumeln. »Jimmy P.«, sagte er nur. »Ihm ist völlig egal, was wir hier treiben, solange wir den Bagger nur nicht von der Klippe stürzen.«
    Er erblickte die Wünschelrute in Peters Hand. »Was ist denn das?«
    Peter steckte den Ast wieder in das Loch zurück. »Genau hier werden wir anfangen zu graben.«
    Den ganzen Vormittag über arbeitete Jackie mit dem Bagger, während die anderen sich auf die Feinarbeit mit den Schaufeln beschränkten. Auf diese Weise hoben sie vom Rand der Steine Richtung Mitte einen zwei Meter langen Graben – einen Meter breit und sechzig Zentimeter tief – aus, ohne die Wünschelrute zu berühren. Der Aushub wurde eimerweise gesiebt. Dieses rüde Vorgehen machte Peter zwar nicht unbedingt glücklich, und neu war es auch nicht, aber dafür summte die Hoffnung auf aufschlussreiche Ergebnisse wie eine Wespe durch seinen Kopf.
    Ungefähr eine Stunde lang arbeitete Andy verbissen in der Nähe des Klippenrands. Jedes Mal, wenn Peter zu ihm hinübersah, schmollte der Kleine, doch Peter ignorierte es. Er hatte genug damit zu tun, die bedeutendste archäologische Sensation des zwanzigsten Jahrhunderts zu beweisen, und keine Zeit für Ablenkungen. Auf Connies Anregung hin hatte er seinem Sohn einige Schälchen gegeben, die Andy aber nicht haben wollte. In einem unbeobachteten Augenblick hockte Peter sich neben seinen aufsässigen Kleinen und flüsterte energisch auf ihn ein. »Hör mir gut zu, Andy, denn ich sage es nur dieses eine Mal – du wirst hier sitzen bleiben und eine Sandburg bauen. Und wenn ich auch nur noch einen einzigen Mucks von dir höre, werde ich … werde ich …«
    Was?
    Wirst du was?
    (Ihm die Kehle durchschneiden.)
    Geräusche und Rauch.
    Gleich darauf war der Spuk vorbei.
    »Tu einfach, was ich dir

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