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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sagte ich, immer noch höflich. »Es sieht nicht so aus, als wäre ich im Moment sehr beschäftigt.«
    Ich war ihm so nah, daß ich seinen Mund zucken sah. Seine Oberschenkel drückten einen Augenblick lang fester zu, dann entspannten sie sich.

    »Das hier ist ein ziemlich törichter Streit, und das weißt du genausogut wie ich.«
    »Nein, das stimmt nicht.« Meine Verärgerung hatte etwas nachgelassen, doch ich hatte nicht vor, ihn einfach so davonkommen zu lassen. »Für dich ist es vielleicht nicht wichtig, aber für mich schon. Es ist nicht töricht. Und das weißt du, sonst würdest du nicht zugeben, daß du im Unrecht bist.«
    Diesmal war das Zucken deutlicher. Er holte tief Luft und ließ die Hände von meinen Schultern fallen.
    »Also gut. Ich hätte dir vielleicht von Byrnes erzählen sollen, das gebe ich zu. Aber wenn ich es getan hätte, wärst du zu ihm gegangen, selbst wenn ich dir gesagt hätte, daß er Wundstarrkrampf hat - und ich wußte, daß es das war, ich habe es nicht zum ersten Mal gesehen. Du würdest doch selbst dann zu einem Patienten gehen, wenn du nichts tun könntest, oder?«
    »Ja. Selbst wenn - ja, ich wäre zu ihm gegangen.«
    Es gab wirklich nichts, was ich für Byrnes hätte tun können. Myers’ Anästhetikum hätte bei Tetanus nichts genutzt. Nichts konnte diese Krämpfe erleichtern, es sei denn, man injizierte ein Curarederivat. Ich hätte ihn nur mit meiner Gegenwart trösten können, und es war zweifelhaft, ob er das zu schätzen gewußt hätte - oder es überhaupt bemerkt hätte. Dennoch hätte ich mich verpflichtet gefühlt, es ihm zumindest anzubieten.
    »Ich hätte gehen müssen«, sagte ich, schon sanfter. »Ich bin Ärztin. Verstehst du das nicht?«
    »Natürlich verstehe ich das«, sagte er schroff. »Glaubst du, ich kenne dich überhaupt nicht, Sassenach?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort:
    »Es hat Gerede gegeben über das, was bei der Sägemühle passiert ist - das war zu erwarten, aye? Aber so, wie der Mann dir unter den Händen weggestorben ist - nun, niemand hat bisher direkt gesagt, daß du ihn absichtlich umgebracht hast, aber man kann sehen, daß die Leute es sich denken. Vielleicht nicht einmal, daß du ihn umgebracht hast - aber, daß du auf die Idee gekommen sein könntest, ihn absichtlich sterben zu lassen, um ihn vor dem Galgen zu retten.«
    Ich starrte auf meine Hände, die gespreizt auf meinen Knien lagen, fast so blaß wie der elfenbeinfarbene Satin darunter.
    »Ich bin ja auch auf diese Idee gekommen.«
    »Das weiß ich wohl, aye?« sagte er trocken. »Ich habe dein Gesicht gesehen, Sassenach.«
    Ich holte tief Luft, wenn auch nur, um mich zu vergewissern, daß
es nicht mehr nach Blut roch. Doch mir drang nur der harzige, belebende Terpentingeruch des Kiefernwaldes in die Nase. Plötzlich überkam mich eine lebhafte Erinnerung an das Krankenhaus und den Geruch des nach Kiefern duftenden Desinfektionsmittels, der dort in der Luft hing und den darunterliegenden Krankheitsgeruch überdeckte, ihn aber nicht vertreiben konnte.
    Ich tat noch einen befreienden Atemzug und hob den Kopf, um Jamie anzusehen.
    »Und hast du dich gefragt, ob ich ihn umgebracht habe?«
    »Du wirst getan haben, was du für das Beste hältst.« Er ignorierte die nebensächliche Frage, ob ich einen Mann getötet hatte, um beim eigentlichen Thema zu bleiben.
    »Aber ich hätte es unklug gefunden, wenn du beim nächsten Todesfall ebenfalls die Hand im Spiel gehabt hättest, falls du verstehst, was ich meine.«
    Das tat ich, und nicht zum ersten Mal wurde ich mir der subtilen Netzwerke bewußt, denen er auf eine Weise angehörte, wie es mir niemals möglich sein würde. Eigentlich war dieser Ort ihm genauso fremd wie mir, und doch wußte er nicht nur, worüber die Leute sprachen - das konnte jeder herausfinden, der gern ins Wirtshaus oder auf den Markt ging -, sondern auch, was sie dachten.
    Noch mehr irritierte mich, daß er wußte, was ich dachte.
    »Du siehst also«, sagte er, während er mich beobachtete, »ich wußte, daß Byrnes sterben würde und du ihm nicht helfen konntest. Doch ich wußte auch, daß du zu ihm gehen würdest, wenn du von seinem Leiden erfuhrst. Und dann würde er sterben, und die Leute würden sich wundern. Vielleicht würden sie nicht laut sagen, wie seltsam es wäre, daß beide Männer dir sozusagen unter den Händen weggestorben sind - aber -«
    »Aber sie würden es denken«, beendete ich seinen Satz.
    Das Zucken wurde zu einem schiefen

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