Der Ruf Der Trommel
lag.
»Es gibt drei Möglichkeiten: Ein Unfall, Mord oder Selbstmord«, sagte ich. »Es gibt viel einfachere Arten, Selbstmord zu begehen, glaube mir. Und ein Mordmotiv ist uns nicht bekannt.«
»Wie auch immer«, sagte Jamie und würgte damit das Gespräch geschickt ab, »wenn Murchison die Sklavin festnimmt, wird er sie innerhalb eines Tages hängen oder zu Tode peitschen lassen. Er braucht keinen Prozeß. Nein, wir müssen sie unbedingt aus dem Distrikt bringen. Das habe ich mit unserem Freund Myers arrangiert.«
»Du hast was mit Myers arrangiert?« durchschnitt Jocastas Stimme scharf das Durcheinander der Ausrufe und Fragen, mit denen seine Ankündigung begrüßt wurde.
Jamie bestrich die Toastscheibe in seiner Hand mit Butter und gab sie Duncan, bevor er etwas sagte.
»Wir werden die Frau in die Berge bringen«, sagte er. »Myers sagt, die Indianer werden sie gern aufnehmen; er weiß einen guten Platz für sie, sagt er. Und dort wird sie vor Klein-Billy Murchison sicher sein.«
» Wir ?« fragte ich höflich. »Und wer ist wir ?«
Er antwortete mit einem Grinsen.
»Myers und ich, Sassenach. Ich muß mir das Hinterland ansehen, bevor es kalt wird, und dies ist eine gute Gelegenheit. Myers ist der beste Führer, den ich mir wünschen kann.«
Er verzichtete auf die Anmerkung, daß es für ihn ebenfalls von Vorteil wäre, vorübergehend aus Sergeant Murchisons Einflußbereich zu verschwinden, doch für mich lag diese Schlußfolgerung auf der Hand.
»Du nimmst mich doch mit, oder, Onkel Jamie?« Ian strich sich das feuchte Haar aus der Stirn und machte ein eifriges Gesicht. »Du wirst Hilfe brauchen mit der Frau, glaube mir - sie hat die Ausmaße von einem Melassefaß.«
Jamie lächelte seinem Neffen zu.
»Aye, Ian, wir können wohl noch einen Mann brauchen.«
»Hm-mm«, sagte ich und warf ihm einen bösen Blick zu.
»Und sei es auch nur, um auf deine Tante aufzupassen«, fuhr Jamie fort, indem er meinen Blick erwiderte. »Wir brechen in drei Tagen auf, Sassenach - wenn Myers bis dahin auf einem Pferd sitzen kann.«
Drei Tage waren nicht viel Zeit, doch mit Myers’ und Phaedres Hilfe wurde ich wenige Stunden vor dem Aufbruch mit meinen Vorbereitungen fertig. Ich hatte einen kleinen Reisemedizinkasten mit Arzneien und Instrumenten gepackt, und unsere Satteltaschen waren mit Lebensmitteln, Decken und Kochgerät gefüllt. Jetzt blieb nur noch das kleine Problem mit meiner Kleidung.
Ich kreuzte die Enden des langen Seidenbandes über meiner Brust, verknotete sie lässig zwischen meinen Brüsten und begutachtete das Ergebnis im Spiegel.
Nicht übel. Ich streckte die Arme aus und wackelte mit dem Oberkörper hin und her. Ja, das würde gehen. Obwohl, wenn ich es mir vielleicht noch einmal um die Brust wand, bevor ich die Enden überkreuzte…
»Was tust du da, Sassenach? Und was um Himmels willen hast du an?« Jamie lehnte mit gekreuzten Armen in der Tür und beobachtete mich mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ich improvisiere einen Büstenhalter«, sagte ich würdevoll. »Ich habe nicht vor, im Damensitz und mit einem Kleid durch die Berge zu reiten, aber selbst wenn ich kein Korsett trage, will ich doch auch nicht, daß meine Brüste die ganze Zeit herumwackeln. Das ist ziemlich unangenehm.«
»Was du nicht sagst.« Er trat in das Zimmer, umkreiste mich in sicherem Abstand und betrachtete interessiert meine unteren Körperregionen. »Und was ist das ?«
»Gefällt sie dir?« Ich legte die Hände auf die Hüften und zeichnete die Form der geschnürten Lederhose nach, die Phaedre mir - unter hysterischem Gelächter - aus weichem Wildleder geschneidert hatte, das wir von einem von Myers’ Freunden in Cross Creek erstanden hatten.
»Nein«, sagte er gerade heraus. »Du kannst nicht herumlaufen in - in -« Er zeigte sprachlos darauf.
»Einer Hose«, sagte ich. »Und selbstverständlich kann ich das. Ich habe in Boston die ganze Zeit Hosen getragen. Sie sind sehr praktisch.«
Er sah mich einen Augenblick schweigend an. Dann ging er ganz langsam um mich herum. Schließlich erklang seine Stimme hinter mir.
»Du hast sie im Freien getragen?« fragte er in ungläubigem Tonfall. »Wo dich die Leute sehen konnten?«
»Ja«, sagte ich ärgerlich. »Die meisten anderen Frauen auch. Warum nicht?«
»Warum nicht ?« sagte er entgeistert. »Ich kann deine Pobacken genau sehen, zum Kuckuck, und die Falte dazwischen.«
»Ich kann deine auch sehen«, erklärte ich und drehte mich um, um ihn anzusehen. »Seit
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