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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Objekten wie Löffeln und Schüsseln auch einen Satz hölzerner Schachfiguren zu schnitzen und versuchte oft, Ian oder mich zum Spielen zu verführen.
    Ian und Rollo, die sich beide sehr eingepfercht fühlten, begaben sich oft nach Anna Ooka und machten manchmal ausgedehnte Jagdausflüge mit den jungen Männern aus dem Dorf, die sich über seine und Rollos Gesellschaft freuten.

    »Der Junge spricht die Indianersprache viel besser als Griechisch oder Latein«, stellte Jamie mit einigem Mißvergnügen fest, während er Ian dabei zusah, wie er beim Aufbruch zu einer dieser Expeditionen freundschaftliche Beleidigungen mit seinem indianischen Begleiter austauschte.
    »Na ja, wenn Marc Aurel darüber geschrieben hätte, wie man einer Stachelschweinfährte folgt, hätte er eine begeistertere Zuhörerschaft gefunden, schätze ich«, erwiderte ich beschwichtigend.
    So lieb ich Ian hatte, war ich persönlich doch nicht unglücklich darüber, daß er so häufig abwesend war. Manchmal waren drei definitiv einer zuviel.
    Es gibt nichts Schöneres im Leben als ein Federbett und ein offenes Feuer - außer einem Federbett mit einem warmen und zärtlichen Liebhaber darin. Wenn Ian nicht da war, mühten wir uns nicht erst mit den Binsenlichtern ab, sondern gingen bei Anbruch der Dunkelheit zu Bett und lagen dann in enger Umarmung im Warmen. Dann redeten wir bis spät in die Nacht, lachten und erzählten uns Geschichten, erinnerten uns an die Vergangenheit, machten Pläne für die Zukunft und hielten mitten im Gespräch inne, um die wortlosen Freuden der Gegenwart zu genießen.
    »Erzähl mir von Brianna.« Geschichten aus Briannas Kindheit hörte Jamie am liebsten. Was sie gesagt, angezogen und getan hatte, wie sie ausgesehen hatte, was sie alles gekonnt hatte, was sie mochte.
    »Habe ich dir schon erzählt, wie sie mich in die Schule eingeladen haben, um über den Arztberuf zu sprechen?«
    »Nein.« Er verlagerte sein Gesicht, um es sich bequemer zu machen, drehte sich auf die Seite und schmiegte sich an meinen Rücken. »Warum solltest du das tun?«
    »Man nannte das Berufstag; die Lehrer haben viele Leute mit unterschiedlichen Berufen eingeladen, damit sie erklärten, was sie machten, und die Kinder einen Eindruck davon bekämen, was beispielsweise ein Anwalt tut oder ein Feuerwehrmann -«
    »Ich dachte, das läge auf der Hand.«
    »Psst. Oder ein Veterinär - das ist ein Arzt, der nur Tiere behandelt - oder ein Zahnarzt…«
    »Ein Arzt nur für Zähne ? Was kann man denn mit einem Zahn machen außer ihn ziehen?«
    »Du würdest dich wundern.« Ich strich mir das Haar aus dem Gesicht und hob es mir aus dem Nacken. »Wie auch immer, jedenfalls haben sie mich gebeten zu kommen, weil es damals nicht üblich war, daß eine Frau Arzt wird.«

    »Und du meinst, jetzt ist es üblich?« Er lachte, und ich trat ihm sanft vor das Schienbein.
    »Es ist bald darauf üblicher geworden. Aber damals war es das noch nicht. Und als ich zu Ende gesprochen hatte und mich erkundigte, ob es Fragen gebe, hat so ein vorwitziger kleiner Junge losposaunt, seine Mutter habe gesagt, berufstätige Frauen seien nicht besser als Prostituierte und sie gehörten nach Hause zu ihren Familien, anstatt den Männern die Arbeit wegzunehmen.«
    »Dann kann seine Mutter nicht viele Prostituierte gekannt haben, nehme ich an.«
    »Nein, das glaube ich auch nicht. Und auch nicht viele berufstätige Frauen. Aber als er das gesagt hat, ist Brianna aufgestanden und hat sehr laut gesagt: ›Na, du solltest besser froh sein, daß meine Mama Ärztin ist, weil du nämlich gleich eine brauchst! ‹ Dann hat sie ihm ihr Mathebuch auf den Kopf geschlagen, und als er das Gleichgewicht verlor und hinfiel, ist sie ihm auf den Bauch gesprungen und hat ihm ins Gesicht geboxt.«
    Ich spürte, wie seine Brust und sein Bauch in meinem Rücken bebten.
    »Was für ein Prachtmädchen! Aber hat der Lehrer ihr dafür keins übergezogen?«
    »Man schlägt keine Kinder in der Schule. Sie mußte dem kleinen Biest einen Entschuldigungsbrief schreiben, aber er mußte mir auch einen schreiben, und sie fand, das war ein fairer Tausch. Das peinlichere daran war, daß sich herausstellte, daß sein Vater auch Arzt war, einer meiner Kollegen im Krankenhaus.«
    »Und du hattest nicht zufällig eine Anstellung bekommen, die er haben wollte?«
    »Wie kommst du nur darauf?«
    »Mmm.« Sein warmer Atem kitzelte mich im Nacken. Ich streckte die Hand nach hinten aus, strich der Länge nach über seinen langen,

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