Der Ruf Der Trommel
Fellhaufen zusammen und nahm sein lautes Schnarchen wieder auf.
»Ein Leck«, sagte ich zu Ian, während ich Jamies Fackel genau im Auge behielt. Es kam nicht in Frage, daß mein kostbares Federbett durch einen verirrten Funken in Flammen aufging.
»Oh.« Ian lag mit dem Arm über dem Gesicht da. »Hat es wieder geschneit?«
»Muß es wohl.« Die Fenster waren mit angenagelten Quadraten aus eingeöltem Hirschleder abgedeckt und von draußen kam kein Geräusch, doch die Luft hatte jene merkwürdige Gedämpftheit an sich, die mit dem Schnee kam.
Der Schnee fiel lautlos und türmte sich auf dem Dach auf, wenn dann die Wärme der Schindeln anfing, ihn von unten zum Schmelzen zu bringen, tropfte er an der Dachfläche herab und hinterließ ein glitzerndes Eiszapfengitter an den Traufen. Dann und wann aber fand das wandernde Wasser einen Riß in einer Schindel oder eine Fuge, deren überlappenden Ränder sich verzogen hatten, und die Tropfen steckten ihre Eisfinger durch das Dach.
Jamie betrachtete alle derartigen Störungen als persönlichen Affront und duldete keinen Aufschub, wenn es darum ging, mit ihnen fertig zu werden.
»Da!« rief er aus. »Da ist es. Siehst du?«
Ich verlagerte meinen glasigen Blick von den behaarten Knöcheln vor meiner Nase zur Decke hinauf. In der Tat zeigte das Licht der Fackel die schwarze Linie eines Risses in einer Schindel und eine dunkle, feuchte Stelle, die sich an ihrer Unterseite ausbreitete. Während ich dort hinsah, bildete sich ein klarer Tropfen, der rot im Fackelschein glitzerte, und fiel mit einem Plop! neben mir auf das Kissen.
»Wir könnten das Bett ein Stück zur Seite rücken«, schlug ich vor, wenn auch ohne große Hoffnung. Ich erlebte das nicht zum ersten Mal. Jegliche Andeutung, daß die Reparaturarbeiten doch bis zum Tagesanbruch warten könnten, traf auf erstaunte Ablehnung; ein richtiger Mann, so gab man mir zu verstehen, könne so etwas nicht gutheißen.
Jamie stieg vom Bett herunter und stieß Ian mit dem Fuß zwischen die Rippen.
»Steh auf und klopf gegen die Stelle, wo der Riß ist, Ian. Ich kümmere mich von außen darum.« Indem er eine frische Schindel, einen Hammer, ein Beil und einen Sack Nägel ergriff, ging er auf die Tür zu.
»Geh bloß nicht so aufs Dach!« rief ich aus und setzte mich abrupt auf. »Das ist dein gutes Wollhemd!«
Er blieb an der Tür stehen, warf mir einen kurzen, erbosten Blick zu, legte dann mit dem vorwurfsvollen Ausdruck eines frühchristlichen Märtyrers seine Werkzeuge hin, zog sich das Hemd aus, ließ es zu Boden fallen, hob die Werkzeuge wieder auf und schritt majestätisch hinaus, um sich um die undichte Stelle zu kümmern, die Pobacken in hingebungsvoller Entschlossenheit zusammengekniffen.
Dumpfes Hämmern auf dem Dach, das definitiv nicht von den Hufen acht winziger Rentiere stammte, teilte uns mit, daß Jamie angekommen war. Ich rollte mich aus dem Weg und stand resigniert auf, als Ian auf das Bett stieg und mit einem langen Stück Feuerholz an der feuchten Stelle herumstocherte und an den Schindeln rüttelte, so daß Jamie die undichte Stelle von außen erkennen konnte.
Es folgte kurzes Rucken und Klopfen, während die kaputte Schindel losgehebelt und ersetzt wurde, dann war das Leck vollständig beseitigt, und nur der kleine Schneehaufen, der durch das Loch an der Stelle der entfernten Schindel hereingefallen war, zeugte noch von seiner Existenz.
Wieder im Bett, wickelte Jamie seinen frostigen Körper um mich, preßte mich an seine eisige Brust und schlief prompt ein, erfüllt von der rechtschaffenen Genugtuung eines Mannes, der Heim und Herd gegen jede Bedrohung verteidigt hat.
Wir hatten sehr unsicher und zaghaft auf dem Berg Fuß gefaßt - doch wir hatten Fuß gefaßt. Wir hatten nicht viel Fleisch - wir hatten kaum Zeit gehabt, mehr als Eichhörnchen und Kaninchen zu jagen, und diese nützlichen Nager hatten sich jetzt in die Winterruhe begeben -, jedoch eine beträchtliche Menge an getrocknetem Gemüse, von Yamswurzeln über Kürbisse bis hin zu wilden Zwiebeln und Knoblauch, dazu ein paar Häufchen Nüsse und den kleinen Vorrat an Kräutern, die ich hatte sammeln und trocknen können. Es ergab einen kargen Speiseplan, doch wenn wir sorgsam mit unseren Vorräten umgingen, konnten wir bis zum Frühjahr überleben.
Da es draußen nur wenige Aufgaben zu erledigen gab, hatten wir Zeit, uns zu unterhalten, uns Geschichten zu erzählen und zu träumen. Jamie nahm sich die Zeit, neben nützlichen
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