Der Ruf Der Trommel
Tag auf der Jagd im Schnee würde Jamie sicher durchgefroren sein.
Kiefer also für das Herz des Feuers und drei langsamer brennende Hickoryscheite aus der feuchten Außenschicht des Holzstapels. Diese konnte ich zum Trocknen im Herd aufstapeln, während ich das Abendessen kochte; wenn wir dann ins Bett gingen, wollte ich das feuchte Hickoryholz auflegen, damit das Feuer bis zum Morgen schwelte.
Die Schatten färbten sich indigoblau und verschmolzen mit der grauen Winterdämmerung. Der Himmel war lavendelfarben und hing voller dichter Wolken; Schneewolken. Ich konnte beim Atmen die kalte Feuchtigkeit in der Luft spüren; nach Anbruch der Dunkelheit würde mit der Temperatur auch der Schnee fallen.
»Verflixter Kerl«, sagte ich laut. »Was hast du angestellt, einen Elch geschossen?« Meine Stimme klang leise in der nebligen Luft, doch der Gedanke erleichterte mich. Wenn er tatsächlich gegen Ende des Tages etwas Großes eingesackt hatte, konnte es gut sein, daß er beschlossen hatte, neben dem erlegten Tier zu campieren; Großwild zu zerlegen war eine ermüdende, langwierige Arbeit, und Fleisch war zu rar, um es den Raubtieren zu überlassen.
Mein Gemüseeintopf brodelte vor sich hin, und die Hütte war von einem herzhaften Duft nach Zwiebeln und wildem Knoblauch erfüllt, doch ich hatte keinen Appetit. Ich schob den Kessel an seinem Haken zur Rückwand der Feuerstelle - er würde sich leicht aufwärmen lassen, wenn Jamie kam. Ein kleiner, grüner Blitz erregte meine Aufmerksamkeit,
und ich bückte mich, um ihn in Augenschein zu nehmen. Es war ein winziger Salamander, der aus seinem Winterquartier in einer Spalte im Holz aufgescheucht worden war.
Er war grün und schwarz und leuchtete wie ein winziges Juwel; ich hob ihn auf, bevor er in Panik geraten und ins Feuer laufen konnte, und trug das feuchte Tierchen, das sich wie verrückt in meiner Hand wand, nach draußen. Ich setzte ihn in den Holzstapel zurück, an eine sichere Stelle in Bodennähe.
»Paß auf«, sagte ich zu ihm. »Nächstes Mal hast du vielleicht nicht so viel Glück.«
Ich blieb stehen, bevor ich wieder hineinging. Es war jetzt dunkel geworden, doch ich konnte immer noch die Baumstämme erkennen, die die Lichtung umstanden und sich kreidefarben und grau vor dem Bergmassiv im Hintergrund abzeichneten. Es regte sich nichts zwischen den Bäumen, doch vereinzelt fielen dicke Schneeflocken vom rötlichen Himmel und schmolzen sofort auf dem nackten Boden vor der Tür.
Ich verriegelte die Tür, aß zu Abend, ohne etwas zu schmecken, dämpfte das Feuer mit dem feuchten Hickoryholz und legte mich schlafen. Vielleicht hatte er ein paar Männer aus Anna Ooka getroffen und war bei ihnen untergekommen.
Der Geruch des Hickoryrauchs hing in der Luft, weiße Wölkchen kringelten sich über dem Hemd. Die darüberliegenden Dachbalken waren bereits rußgeschwärzt, obwohl hier erst seit zwei Monaten ein Feuer brannte. Aus dem Holz am Kopfende des Bettes sickerte immer noch frisches Harz, kleine, goldene Tröpfchen, die wie Honig leuchteten und nach Terpentin rochen, scharf und rein. Im Feuerschein waren die Axthiebe im Holz zu sehen, und plötzlich erschien Jamies breiter, schweißnasser Rücken deutlich vor meinem inneren Auge. Jamie schwang die Axt wieder und wieder, wie ein Uhrwerk, und die Klinge der Axt landete metallblitzend nur Zentimeter von seinem Fuß entfernt, während er sich an dem abgevierten, rohen Holz entlangarbeitete.
Es war furchtbar einfach, bei einem Axt- oder Beilhieb das Ziel zu verfehlen. Vielleicht hatte er Holz für sein Lagerfeuer geschlagen und danebengetroffen, einen Arm oder ein Bein erwischt. Allzeit hilfsbereit, lieferte meine Phantasie prompt eine kristallklare Vision von arteriellem Blut, das stoßweise karminrot auf den weißen Schnee sprühte.
Ich warf mich zur Seite. Er konnte unter freiem Himmel leben. Mein Gott, schließlich hatte er sieben Jahre in einer Höhle verbracht.
In Schottland, sagte meine Phantasie zynisch. Wo der größte Fleischfresser eine Wildkatze von der Größe einer Hauskatze ist. Wo die größte menschliche Bedrohung von englischen Soldaten ausging.
»Unfug!« sagte ich und drehte mich auf den Rücken. »Er ist erwachsen und bis an die Zähne bewaffnet, und er weiß ganz bestimmt, was er tun muß, wenn es schneit.«
Was würde er tun? fragte ich mich. Einen Unterschlupf suchen oder bauen, vermutete ich. Ich erinnerte mich an den groben Verschlag, den er errichtet hatte, als wir anfangs auf dem
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