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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Berg
    Dezember 1767
    Der Winter ließ noch ein wenig auf sich warten, doch am achtundzwanzigsten November fing es nachts an zu schneien, und als wir erwachten, fanden wir die Welt verwandelt vor. Jede Nadel der großen Blaufichte hinter dem Blockhaus war mit Frost überzogen, und von den wilden Himbeersträuchern hingen zu Zacken geronnene Eiskristalle herab.
    Der Schnee war nicht tief, doch mit seiner Ankunft änderte sich unser Tagesablauf. Ich ging tagsüber nicht länger auf Nahrungssuche, abgesehen von den kurzen Ausflügen zum Bach, wenn ich Wasser brauchte und um die letzten Reste grüner Kresse aus dem eisigen Uferschlamm zu ziehen. Jamie und Ian pausierten mit den Rodungsarbeiten und wandten sich der Herstellung von Schindeln zu. Der Winter rückte immer näher, und wir zogen uns vor der Kälte zurück und wandten uns nach innen.
    Wir hatten keine Kerzen, nur Talglampen und Binsenlichter und den Schein des Feuers, das ständig in der Herdstelle brannte und unsere Dachbalken schwärzte. Daher standen wir bei Tagesanbruch auf und legten uns nach dem Abendessen nieder, im Einklang mit den Geschöpfen des Waldes, der uns umgab.
    Wir hatten noch keine Schafe und konnten daher auch keine Wolle krempeln oder spinnen, kein Tuch weben oder färben. Wir hatten noch keine Bienenstöcke und konnten kein Wachs schmelzen und keine Kerzen ziehen. Es gab kein Vieh, um das wir uns kümmern mußten, außer den Pferden und Maultieren und dem Ferkel, das beträchtlich an Größe und Reizbarkeit zugenommen hatte und demzufolge in ein separates Abteil in einer Ecke des einfachen Stalles verbannt worden war, den Jamie gebaut hatte - und der kaum mehr war als ein großer Verschlag mit offener Vorderseite und einem Dach aus Zweigen.
    Myers hatte eine kleine, aber nützliche Sammlung von Werkzeugen mitgebracht - Eisenteile, die in einem Beutel klirrten und noch mit
Holzgriffen aus dem nahen Wald versehen werden mußten: eine Axt zum Entrinden und eine weitere Axt, eine Pflugschar für die Aussaat im Frühjahr, Bohrer, Hobel und Meißel, eine kleine Grassense, zwei Hämmer und eine Handsäge, ein merkwürdiges Gerät namens »Karst«, mit dem man, wie Jamie sagte, Nute schneiden konnte, ein »Ziehmesser« - eine gekrümmte Klinge mit Griffen an beiden Enden, mit der man Holz glätten und konisch zulaufen lassen konnte -, zwei kleine, scharfe Messer, ein Breitbeil, etwas, das aussah wie ein mittelalterliches Folterinstrument, in Wirklichkeit aber zur Herstellung von Nagelköpfen diente, und ein Messer zum Spalten von Schindeln.
    Mit vereinten Kräften war es Jamie und Ian gelungen, vor dem Schneefall das Dach der Blockhütte zu decken, doch die Schuppen waren weniger wichtig gewesen. Ein Holzblock stand ständig neben dem Feuer, das Spaltmesser hineingeschlagen, und wartete darauf, daß jemand einen Augenblick Zeit hatte und ein paar neue Schindeln abschlug. Diese Ecke am Herd war sowieso für Schnitzarbeiten reserviert. Ian hatte einen groben, aber brauchbaren Hocker gefertigt, der unter einem Fenster stand, so daß man das Tageslicht ausnutzen konnte, und man konnte ganz ökonomisch die Späne in das Feuer werfen, das Tag und Nacht brannte.
    Myers hatte mir auch ein paar Frauenwerkzeuge mitgebracht: einen riesigen Nähkorb, der bestens mit Nadeln, Stecknadeln, Scheren, Garnknäueln und Leinen-,Musselin- und Wolltuchstücken ausgestattet war. Nähen war zwar nicht meine Lieblingsbeschäftigung, doch der Anblick entzückte mich trotzdem, da Jamie und Ian sich ständig durch dichtes Gesträuch bewegten oder auf den Dächern herumkrochen und die Knie, Ellbogen und Schultern all ihrer Kleidungsstücke daher konstant reparaturbedürftig waren.
    »Schon wieder eins!« Jamie schoß neben mir im Bett hoch.
    »Schon wieder ein was?« fragte ich verschlafen und öffnete ein Auge. Es war sehr dunkel in der Blockhütte, denn das Herdfeuer war bis auf die Glut heruntergebrannt.
    »Schon wieder ein verdammtes Leck! Es hat mich am Ohr getroffen, verflucht!« Er sprang aus dem Bett, ging zum Feuer und steckte einen Holzstock hinein. Als dieser brannte, brachte er ihn zurück, stellte sich auf das Bett und hielt seine Fackel hoch, während er auf der Suche nach dem boshaften Leck das Dach wütend anstarrte.
    »Häh?« Ian, der auf einem niedrigen, zusammenklappbaren Rollbett schlief, drehte sich um und gab ein fragendes Stöhnen von sich. Rollo, der darauf bestand, das Bett mit ihm zu teilen, äußerte ein kurzes
»Uff« , fiel wieder zu einem grauen

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