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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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abschreiten, ehe ich fand, wonach ich suchte - den dunklen Abdruck eines Fußes auf einem Schneeflecken zwischen zwei Fichten. Nach kurzem Weitersuchen fand ich die Schlinge, die immer noch gespannt war. Entweder hatte sich nichts darin verfangen, oder er hatte den Fang entfernt und die Schlinge neu gelegt.
    Die Fußabdrücke führten von der Lichtung weg und weiter hügelaufwärts, und dann verschwanden sie an einer Stelle, an der kein Schnee das feuchte Laub bedeckte. Panik überkam mich, als ich die Stelle im Zickzack überquerte und nach einem aufgescharrten Flecken suchte, der eine Fußspur hätte sein können. Es war nichts zu sehen. Das Laub mußte hier dreißig Zentimeter hoch liegen, es war weich und federte jeden Schritt ab. Doch da! Ja, dort hatte jemand einen umgestürzten Baumstamm umgedreht; ich konnte die dunkle, feuchte Furche sehen, in der er gelegen hatte, und das Moos an der Seite war abgeschabt. Ian hatte mir gesagt, daß Eichhörnchen und Streifenhörnchen manchmal in den Aushöhlungen unter solchen Baumstämmen überwintern.
    Ganz langsam folgte ich ihm von einer Schlinge zur nächsten, verlor dabei ständig seine Spur und mußte meine eigenen Fußstapfen zurückverfolgen, um sie wiederzufinden. Der Schnee fiel jetzt dichter und schneller, und mir war beklommen zumute. Wenn er Jamies Spuren zudeckte, bevor ich ihn fand, wie sollte ich dann den Rückweg zum Blockhaus finden?
    Ich blickte mich um, sah aber hinter mir nichts als einen langen, gefährlichen Hang mit unberührter Schneedecke. Er fiel zu einem mir unbekannten Bach ab, der als dunkle Linie sichtbar war und aus dem Felsbrocken wie Zähne aufragten. Keine Spur von dem fröhlichen Rauchwölkchen und den Funken aus unserem Schornstein. Ich drehte mich langsam im Kreis, doch auch die Wasserfälle konnte ich nicht mehr sehen.
    »Großartig«, brummte ich vor mich hin. »Du hast dich verlaufen. Und jetzt ?« Ich erstickte mit aller Strenge eine drohende Panikattacke und blieb stehen, um nachzudenken. Ich hatte mich nicht völlig verirrt. Ich wußte nicht, wo ich war, aber das war nicht ganz dasselbe. Ich konnte mich immer noch an Jamies Spur orientieren - oder würde es können, bis der Schnee sie zudeckte. Und wenn ich ihn finden konnte, konnte er wahrscheinlich das Blockhaus finden.
    Meine Fackel war gefährlich weit heruntergebrannt; ich spürte, wie ihre Hitze mir die Hand versengte. Ich zog den nächsten trockenen Span unter meinem Umhang hervor und entzündete ihn am
Stumpf des ersten. Dann ließ ich das glühende Ende gerade noch rechtzeitig fallen, um mir nicht die Hand zu verbrennen.
    Ich fragte mich, ob ich mich weiter von der Blockhütte entfernte oder mich in gleichbleibendem Abstand zu ihr bewegte. Ich wußte, daß die Reihe der Schlingen in etwa einen Kreis beschrieb, doch ich hatte keine Ahnung, wie viele Schlingen es genau waren. Bis jetzt hatte ich drei gefunden, die alle leer waren.
    Die vierte war nicht leer. Der Schein meiner Fackel fing sich im Glitzern der Eiskristalle, die das Fell eines großen Hasen überzogen, der unter einem gefrorenen Busch ausgestreckt lag. Ich berührte ihn, hob ihn auf und zog ihm die Schlinge vom Hals. Er war steif, vielleicht von der Kälte, vielleicht von der Todesstarre. Er war also schon eine Weile tot - und was verriet mir das über Jamies Aufenthaltsort?
    Ich versuchte, logisch zu denken und ignorierte die Kälte, die zunehmend durch meine Stiefel drang, und die wachsende Taubheit von Gesicht und Händen. Der Hase lag im Schnee; ich sah seine Pfotenabdrücke und die aufgewühlten Spuren seines Todeskampfes. Ich konnte aber keinen Fußabdruck von Jamie sehen. Gut, also hatte er diese Schlinge nicht aufgesucht.
    Ich stand still, und mein Atem bildete kleine, weiße Wölkchen um meinen Kopf. In meinen Nasenlöchern bildete sich langsam Eis; es wurde kälter. Irgendwo zwischen der letzten Schlinge und dieser hier hatte er seinen Pfad also verlassen. Wo? Und wo war er hingegangen?
    Eilig verfolgte ich meine Spur zurück und hielt Ausschau nach dem letzten Fußabdruck, dessen ich mir sicher war. Es dauerte lange, bis ich ihn fand; der Schnee hatte fast den gesamten Boden mit einer dünnen glitzernden Schicht bedeckt. Bis ich den Abdruck gefunden hatte, war meine zweite Fackel halb heruntergebrannt. Da war er, ein verschwommener Fleck im Uferschlamm eines Baches. Ich hatte die Schlinge mit dem Hasen nur gefunden, indem ich der Richtung folgte, in die sein Fußabdruck meiner Meinung nach wies -

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