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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Bergrücken campiert hatten, und fühlte mich etwas beruhigt. Wenn er sich nicht verletzt hatte, würde er wohl nicht erfrieren.
    Wenn er sich nicht verletzt hatte. Wenn er nicht verletzt worden war. Die Bären waren wahrscheinlich fett und schliefen fest, doch Wölfe jagten auch im Winter, Pumas ebenso; ich erinnerte mich an das Exemplar, dem ich am Bach begegnet war, und fröstelte trotz des Federbettes.
    Ich drehte mich auf den Bauch und zog mir die Decke über die Schultern. Es war warm in der Blockhütte, wärmer im Bett, doch meine Hände und Füße waren immer noch eisig. Ich sehnte mich auf eine instinktive Weise nach Jamie, die nicht von meinem Verstand bestimmt wurde. Mit Jamie allein zu sein bedeutete Seligkeit, Abenteuer und Selbstvergessenheit. Ohne ihn allein zu sein bedeutete… allein zu sein.
    Ich konnte hören, wie der Schnee flüsternd auf die Ölhaut rieselte, die das Fenster am Kopfende bedeckte. Wenn es so weiterschneite, würden seine Spuren am Morgen zugedeckt sein. Und wenn ihm etwas zugestoßen war …
    Ich schlug das Bettzeug zurück und stand auf. Ich zog mich schnell an, ohne großartig darüber nachzudenken, was ich tat; ich hatte schon zuviel nachgedacht. Ich zog mir zur Isolation unter den Lederkleidern mein Wollhemd an und zwei Paar Strümpfe. Ich dankte Gott, daß meine Stiefel frisch mit Otterfett eingeschmiert waren; sie rochen zwar stark nach Fisch, doch sie würden die Feuchtigkeit eine ganze Weile fernhalten.
    Er hatte das Beil mitgenommen; ich mußte mit einem Hammer und einem Keil noch ein Stück harzhaltiges Kiefernholz spalten und verfluchte dabei meine Langsamkeit. Jetzt, da ich mich zum Handeln entschlossen hatte, schien jede kleine Verzögerung ein unerträgliches Ärgernis. Doch das langfaserige Holz ließ sich leicht spalten; ich bekam fünf anständige Späne zustande, von denen ich vier mit einem Lederriemen zusammenschnürte. Ich stieß den fünften mit einem
Ende tief in die rauchende Glut des Feuers und wartete, bis er sich ordentlich entzündet hatte.
    Dann band ich mir einen kleinen Medizinbeutel um die Taille, überprüfte, ob ich die Tasche mit Feuerstein und Reisig dabeihatte, zog meinen Umhang an, ergriff mein Bündel und meine Fackel und machte mich auf in den fallenden Schnee.
    Es war nicht so kalt, wie ich befürchtet hatte; als ich erst einmal in Bewegung war, war mir in meiner Umhüllung ganz warm. Es war sehr still, es wehte kein Wind, und das Flüstern des fallenden Schnees erstickte die üblichen Nachtgeräusche.
    Er hatte vorgehabt, seine Fallen abzuschreiten, soviel wußte ich. War er jedoch unterwegs auf ein vielversprechendes Zeichen gestoßen, dann war er ihm sicher gefolgt. Der alte Schnee lag dünn und fleckig auf dem Boden, doch die Erde war mit Wasser durchtränkt, und Jamie war schwer. Ich war mir ziemlich sicher, daß ich seiner Spur folgen konnte, wenn ich auf sie stieß. Und wenn ich auf ihn stieß, für die Nacht neben seiner Beute verschanzt, um so besser. Zu zweit schlief man in der Kälte besser als allein.
    Hinter den kahlen Kastanien, die unsere Lichtung im Westen umrandeten, wandte ich mich hügelwärts. Ich hatte keinen guten Orientierungssinn, doch wo oben und unten war, konnte ich unterscheiden. Außerdem hatte Jamie mir sorgsam beigebracht, mich nach großen, festen Orientierungspunkten zu richten. Ich blickte zu den Wasserfällen hinüber - die weiße Kaskade war kaum mehr als ein verschwommener Fleck in der Ferne. Ich konnte sie nicht hören; wenn es überhaupt Wind gab, mußte er aus meiner Richtung wehen.
    »Auf der Jagd achtet man darauf, daß der Wind aus der Gegenrichtung weht«, hatte Jamie erklärt. »Damit der Hirsch oder Hase einen nicht wittert.«
    Ich fragte mich beklommen, was wohl da in der Dunkelheit sein mochte und mich in der schneegeschwängerten Luft witterte. Abgesehen von meiner Fackel, war ich nicht bewaffnet. Das Licht glitzerte rot auf der dichten Schneekruste und brach sich im Eismantel der Zweige. Wenn ich mich ihm bis auf eine Viertelmeile näherte, würde er mich sehen.
    Die erste Schlinge befand sich in einer kleinen Mulde, ungefähr zweihundert Meter hügelaufwärts von der Blockhütte in einem Hain von Fichten und Hemlocktannen. Ich war dabeigewesen, als er sie gelegt hatte, doch das war bei Tageslicht gewesen; selbst mit der Fackel sah in der Nacht alles seltsam und fremd aus.
    Ich ging hin und her und bückte mich, um mein Licht in Bodennähe
zu bringen. Ich mußte die Mulde mehrere Male

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